Kapitel 104

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Leopold

Irgendetwas stimmte nicht. Er hörte leise Schritte. Es raschelte. Leopold öffnete die Augen. Das Erste, was er sah, waren Glühwürmchen. Unmengen von Glühwürmchen. Die kleinen Tierchen tanzten über der schlafenden Gruppe. Langsam setzte er sich auf und sah sich um. Es war noch Nacht.

Er sah in die Richtung, aus welcher das Rascheln kam. Früh genug, um noch zu sehen, wie zwei der Kinder im tief in den Wald verschwanden. Doch er brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er gesehen hatte. Er war so schrecklich müde. Doch... Die Kinder... Alarmiert weckte er Julia, da sie am nächsten bei ihm war.

„Juli! Wach auf!"

„Was ist?" Sie rieb sich müde die Augen.

„Komm schnell. Zwei Kinder sind in den Wald gegangen! Schnell!" Er sprang auf und zog an ihr.

„Was?" Jetzt war sie wach und ließ sich auf die Füße helfen. „Zwei Kinder? Wann?"

„Jetzt gerade."

„Sollten wir dann nicht... Jemand von den Erwachsenen wecken?"

Doch Leo zog sie bereits in den Wald. „Keine Zeit. Komm. Bevor wir die Kinder nicht mehr finden."

Er zog Julia hinter sich her, doch es war zu spät. Von den Kindern war nichts zu sehen. Doch sie hatten Spuren hinterlassen. Umgeknickte Äste, Fußabdrücke... Doch es war seltsam. Warum konnte er das alles im Dunkeln erkennen? Leopold sah sich um. Die merkwürdigen Ranken an den Bäumen und einige Pilze leuchteten sanft und erhellten damit den Wald. Es war wunderschön. „Lass uns den Spuren folgen", schlug er vor.

„Ich denke wirklich, wir sollten noch jemanden wecken", murmelte Julia, doch sie folgte ihm tiefer in den Feenwald. „Warum sind die Kinder in den Wald gegangen?"

„Ich weiß es nicht. Irrlichter?"

„Das kann sein." Julia stolperte über eine Wurzel und fing sich gerade noch. „Ich hoffe, wir finden sie schnell."

Die beiden gelangen immer tiefer in den Wald, welcher zu glühen und funkeln schien. Leopold achtete genau darauf, wo sie lang kamen, damit sie später zurückfanden. Sie sahen fluoreszierende Blüten und Pilze, schimmernde Blätter und sogar ein paar blass leuchtende Bäume. Zwischendurch entdeckten sie Glühwürmchen und bunte, nachtaktive Vögel. So etwas Schönes hatte Leopold noch nie gesehen. Doch er konnte es nicht genießen. Sie mussten die Kinder finden. Plötzlich erschien vor ihnen ein kleines, hell leuchtendes Licht. Bei genauerer Betrachtung war es ein feenähnliches Wesen, dass hell leuchtete. Ein Irrlicht. Neugierig betrachtete es die beiden und kicherte leise. Es war ein fremdartiges Kichern. Es erinnerte Leopold etwas an das Plätschern von Wasser und an das Summen von Bienen.

Leise kichernd kam das Irrlicht immer näher, bis es nah vor ihren Gesichtern flog. Das Irrlicht war schneeweiß mit leuchtend blauen Augen. Es sah unschuldig aus. Wie ein Kind. Erneut kicherte es.

„Oh. Hallo!", begrüßte Julia das Irrlicht, welches sich sofort hinter einer großen Blüte versteckte. „Nicht doch!" Julia schlug die Hände vor dem Mund. „Wir suchen zwei Kinder. Hast du sie gesehen?"

Was? Leopold sah sie verwirrt an. „Du willst doch nicht etwa ein Irrlicht um Hilfe bitten? Vermutlich sind die Kinder einem gefolgt! Wer weiß, wo uns dieses Irrlicht hinbringen würde! Lass uns lieber den Spuren folgen."

„Aber es ist so niedlich!", protestierte Julia. „Guck doch."

„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Wirklich? Weil es niedlich ist?" Es ist ein Irrlicht und kein Fremdenführer!

Julia seufzte. „Du hast ja recht. Vermutlich versteht es uns auch nicht. Lass uns weitergehen."

Sie brauchten den Spuren nicht mehr lange folgen, bis sie die beiden Kinder fanden. Sie standen mitten im Wald. Allein. „Pepe! Maleen!", rief Julia, als sie die beiden Kinder erkannte.

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt