Kapitel 28

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Leopold

Die Verkäuferin, eine alte Dame mit einer großen Warze auf der runden Nase, betrachtete ihn misstrauisch. Sie verfolgte jede seiner Bewegungen, als hätte er vor, etwas zu stehlen.

Leopold versuchte sie zu ignorieren.

Der Laden war klein und überschaubar. Zumindest von der Größe her. In hohen Regalen stapelte sich Wolle in allen möglichen Farben. Manche Wolle war dicker als die andere. Es gab auch verschiedenfarbige Wollknäule. Leopold hatte noch nie zuvor so viel Wolle in einem Raum gesehen. In einem vergleichbar kleinen Regal gab es noch verschiedene Stricknadeln. Doch diese waren im Wolldschungel schnell zu übersehen.

Leopold legte mehrere Wollknäule in den Einkaufskorb, welchen Sophie ihm mitgegeben hatte, und beachtete die säuerlichen Blicke der Verkäuferin nicht.

Da Sophie ihm nicht gesagt hatte, was für Wolle sie wollte, griff er nach verschiedenen Farben und hoffte, es sein die richtigen dabei. Er war definitiv kein Wollexperte, daher griff er wahllos nach dünnerer und dickerer Wolle. Es würde schon das passende dabei sein, richtig?

Er hätte Sophie auch fragen können, was für Wolle sie möchte... Er hätte sogar Finn fragen können! Aber das viel ihm erst jetzt ein. Zu spät.

„Hast du Geld, um das alles zu bezahlen?", fragte die Dame, als er zum Tresen kam. Sie betrachtete missbilligend seine spitzen Ohren.

Verärgert schlug er mit den Flügeln. „Natürlich. Warum sollte ich kein Geld haben!"

„Ich kenne deine Uniform. Solche wie du haben kein eigenes Geld."

„Nun ich habe Geld und ich würde diese Wolle gerne kaufen!" Leopold bereute es, den Laden betreten zu haben. Aber Sophie hatte ihn hierher geschickt... Sie wusste von keinem anderen Wollladen in der Stadt.

Im Grunde hatte er sich das ganze selbst eingebrockt...  Er hatte die Wolle ruiniert. Zusammen mit Marko.

„Wo hast du das Geld gestohlen? Soll ich die Soldaten rufen? Ich verkaufe nicht an diebische Diener! Und jetzt verlass meinen Laden, bevor ich dich wegen Diebstals verhaften lasse!"

„Die Wolle kaufe ich für meine Herrin!", protestierte er. Das stimmte zwar nicht ganz, aber das war ihm egal. „Darf ich jetzt also bitte bezahlen? Das Geld ist nicht gestohlen! Ersparen Sie uns das Theater mit den Soldaten!" Er wäre liebend gern der Aufforderung gefolgt und hätte den Laden verlassen, wenn die Wolle nicht gebraucht worden wäre. Also biss er die Zähne zusammen.

Die Verkäuferin schnaubte. „Also gut. Das ist etwas anderes... Warum sagst du das nicht gleich, Elf! Du könntest ruhig etwas höflicher sein!"

Leopold hätte ihr gerne deutlich gemacht, dass sie unhöflich war... Er hätte ihr sehr gerne seine Meinung gesagt... Doch er wollte nicht, dass sie am Ende tatsächlich die Wachen rief.

Die alte Dame machte ihn wütend.

Julia

Ingried hatte ein paar graue Haarsträhnen bekommen, aber davon abgesehen hatte sie sich nicht verändert. Ihr Lächeln war noch immer dasselbe. Sie trug eine schwarze Tunika mit Spitze an den Ärmeln zu einer weiten, schwarzen Stoffhose. Ihr dunkles Haar war hochgesteckt und eine runde Brille thronte auf ihrer feinen Nase. Sie trug ihren einfachen Ehering an einer schlichten Goldkette um den Hals.

„Julia!" Ingried nahm sie direkt in den Arm. Sie war einen ganzen Kopf größer als Julia. „Wie schön, dich zu sehen."

„Es ist schön, dich zu sehen."

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt