Julia
„Morgen habe ich Geburtstag..." Peter sah aus dem Fenster des Wohnzimmers. „Mama wollte, dass ich vorher verheiratet bin. An meinen Geburtstag habe ich nicht mehr gedacht..."
„Stimmt. Ich habe leider kein Geschenk für dich." Julia zog die Beine an. Sie saßen auf dem Sofa, auf welchem Finn später schlafen wollte. „Ich konnte keines kaufen und dann..."
„Das macht nichts!" Peter legte den Arm um sie. „Was würde ich mehr wollen als meine Lieblingsschwester bei mir zu haben?"
Finn und Marko waren in der Küche und spielten dort mit Hanno Karten. Ab und zu hörte sie Marko schimpfen. Er war wohl gerade dabei zu verlieren. Wo Leo war, wusste sie nicht. Er hatte nach dem Essen das Haus verlassen. Flora kam gerade aus dem Garten zurück. Etwas Erde klebte an ihren Händen und die kühle Herbstluft schien sie noch zu umgeben.
„Wie geht es euch beiden?", fragte sie und öffnete das Wohnzimmerfenster, um frische Luft hereinzulassen. „Das alles muss ein Schock gewesen sein. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ich mich fühlen würde."
„Vermutlich nicht besser als wir." Peter zog Julia nah an sich. Sie legte den Kopf an seine Schulter.
„Und wie geht es Ihnen? Ich habe Ihnen eben erzählt, dass Ihr Dorf zerstört werden wird." Julia taten die Elfen leid, die ihr Zuhause verlieren würden.
„Es werden seit Monaten Aufstände organisiert. Niemand möchte mehr unter der Herrschaft der Königin leiden. Unser Dorf liegt tief im Wald, daher kommen hier nicht so oft Soldaten her. Viel eher kommen Menschen hierher, nehmen den Weg auf sich, die auf unsere Medizin angewiesen sind. Doch wenn Soldaten kommen, dann bringen sich Furcht und Grauen mit sich. Elfen werden aus ihren Familien gerissen, um fern der Heimat arbeiten zu müssen. Häuser werden beschädigt und jeder, der versucht widerstand zu leiten wird verhaftet. In den größeren Städten ist es noch schlimmer. Viele sind verzweifelt. Doch dass unser Ältester meinen Jungen eine so fürchterliche Aufgabe zu kommen lassen wollte. Dass er das getan hat! Nicht alle sind mit diesem Plan einverstanden, doch niemand von uns will noch länger in Angst leben."
„Unsere Mutter ist eine grausame Hexe", bestätigte Peter. „Sie interessiert sich nur für sich selbst. Der Wille anderer ist ihr egal. Viele Adlige sind so. Sie wollen nur Macht und suchen nach Wegen, an noch mehr Macht zu kommen. Ich habe das früher immer ignoriert. Ich war in ihren Augen nur eine Enttäuschung. Aber ich hatte all den Luxus, denn man sich wünschen kann."
„Wir waren genauso wenig frei wie Sie", ergänzte Julia. „Zumindest, wenn es um den Willen unserer Mutter geht. Ich war nie derselben Meinung wie sie und auch ich möchte, dass die Sklaverei endet. Es ist falsch! Der Krieg ist schon so lange her. Aber ich kenne keinen Weg, Bindungszauber zu brechen, ohne die Gebundenen dabei zu töten. Zumindest gibt es bislang keinen Zauber dafür. Vielleicht eines Tages? Bindungszauber hätten niemals erschaffen werden dürfen. Einer ist schlimmer als der andere. Die Diener, die an ein Haus oder Grundstück gebunden sind, wechseln mit dem Haus die Besitzer! Sie müssen denjenigen dienen, die im Haus leben und denen es gehört. Wer denkt sich so etwas aus?"
„Das habe ich mich auch schon oft gefragt", antwortete Flora. „Es ist grausam. Diener können sich nicht weigern ihren Herren oder Herrinnen zu dienen, sie werden dazu gezwungen und wenn ihre Besitzer sterben..."
„Sterben auch sie. Sofern sie an eine Person und nicht an ein Grundstück gebunden sind", vollendete Peter den Satz. „Das sind genügend Gründe, um sich gegen die Königin aufzulehnen. Sie ist grausam. Sie hat den Tod der Mutter unseres Stiefbruders befohlen."
„Was?" Das war Julia neu. Sie hat einen Mord in Auftrag gegeben?
„Das wundert mich nicht!", schnaubte Flora. „Ich mache uns allen einen Tee. Ist Leo eigentlich zurück? Er sagte nicht, wohin er gehen wollte."

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Hexe - Der Aufstand
FantasyJulia möchte ein normaler, sterblicher Mensch sein. Ihre ältesten Geschwister sind Hexen, Zauberer. Julia möchte nichts davon. Sie möchte alles hinter sich lassen. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zeigt sich...