Bonuskapitel 16

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Peter lag in seinem Zimmer. Nicht in seinem Bett, nein, er lag auf dem Boden. Vor ihm lag ein großes Blatt Papier, auf welchem er mit Buntstiften zeichnete. Eine Landschaft mit Bäumen, Bergen und einem weißen Drachen. Er zeichnete gern. Das Bild wirkte sehr realistisch. Viel zu real für das Bild eines fast zehn Jahre alten Jungen. Peter war talentiert. Sophie nannte ihn einen wahren Künstler.

Leider war sein Lehrer von seinen Zeichenkünsten nicht begeistert... Gut. Zugegeben. Das lag wohl daran, dass Peter immer zeichnete, anstatt zuzuhören. Als letztes hatte er seinen Lehrer im Unterricht gezeichnet. In Unterwäsche und mit einem großen Damenhut auf dem Kopf. Sein Vater hatte mit ihm geschimpft, nachdem der Lehrer sich über die freche Zeichnung beschwerte.

Peter fand die Zeichnung lustig. Doch leider hatte sein Vater das Meisterwerk im Kamin verbrannt, um die Tat ungeschehen zu machen. Er hätte wenigstens darüber lachen können... Doch nein. Peter bekam Zimmerarrest. Zwei Tage lang. Selbst mit Julia durfte er nicht spielen...

Seine Zeichnung war beinahe fertig. Zufrieden lächelte er und strich über den Drachen. Er hatte noch nie einen gesehen. Zumindest keinen echten. Er kannte nur Zeichnungen aus Büchern. Drachen konnten sich Verwandeln. Sie konnten sich in jedes Tier verwandeln, dass sie wollten. Wie das wohl war?

Er wollte ein großer Zauberer sein. Sein Vater hatte ihm erzählt, dass sehr begabte Hexen und Zauberer, die manipulative Magie nutzten, ihre Gestalt ebenfalls ändern konnten. Das würde Peter gefallen. Er würde jeden Tag anders aussehen. Kichernd zeichnete er weiter. Ein großer Zauberer und ein Künstler! Ein Maler! Vor ein paar Tagen hatte eine Malerin ein neues Gemälde seiner Mutter angefertigt. Peter hatte die Malerin, eine Sterbliche, fasziniert beobachtet. Das wollte er auch können. So malen wie sie. Ob er mit Magie einem Gemälde Leben einhauchen könnte?

Das wäre wunderbar.

Er würde berühmt werden!

Grinsend holte er sich ein neues Blatt Papier und zeichnete erneut seinen Lehrer. Diesmal als Riesenbaby. Wie lustig wäre es, wenn sein Lehrer das Bild fand, und sein Antlitz in Anschrie, wie ein kleiner Säugling?

„Peter? Wie geht es dir?" Seine Mutter kam in sein Zimmer. Ihr Blick fiel auf das Gemälde mit dem Drachen. „Bist du schon wieder am Zeichnen?"

„Ja. Gefällt dir das Bild? Ich schenke es dir!" Peter strahlte seine Mutter an. Er wollte hören, dass ihr das Bild gefiel. Er wollte sie zum Lächeln bringen.

Die Königin zog die Stirn kraus und nahm das Blatt. „Ein Drache? Der über einem Wald fliegt?"

„Ja!" Peter grinste erwartungsvoll.

„Du hast zu viel Fantasie, Peter." Seine Mutter seufzte. Dann bemerkte sie das Bild von dem Lehrer. „Dein Lehrer? Wieder? Nun... Du hast ihn gut getroffen." Sie schüttelte den Kopf und hob das Bild mit tadelndem Blick vom Boden auf. „Wie ich sehe bist du noch nicht zur Vernunft gekommen."

Peter setzte sich hin. „Mama! Gefällt dir mein Bild!"

„Das von dem Drachen?"

„Ja! Das. Gefällt es dir? Es ist für dich." Frustriert verschränkte Peter die Arme. Gefiel es ihr nicht? Und was sollte das heißen? Zu viel Fantasie? Er hielt ihr das Bild hin. Endlich nahm seine Mutter es an sich.

„Du solltest weniger zeichnen und dich mehr auf deinen Unterricht konzentrieren." Seine Mutter, die nun beide Zeichnungen hielt, warf ihm einen strengen Blick zu. „Zeichnen ist für kleine Kinder und Mädchen."

„Mama! Ich will Maler werden. Ein zaubernder Maler! Dafür muss ich malen!"

Nun wurde seine Mutter blass und riss beide Zeichnungen in Stücke. „Unfug! Komm zur Vernunft Peter. Diener werden die Stifte holen. Das nimmt jetzt ein Ende. Du bist ein Prinz. Kein Maler. Kein Zauberer. Du wirst nie Magie haben, Peter. Sieh das ein!" Dann verließ sie den Raum.

Peter saß auf dem Boden und betrachtete seine zerstörten Bilder. Tränen kullerten seine Wangen herunter.

Ich wollte doch nur, dass du stolz auf mich bist.

(c: sasi)

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt