Kapitel 81

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Leopold

Er konnte nicht schlafen. Leopold rollte sich von einer Seite zur anderen, doch er fand einfach keinen Schlaf. Irgendwann gab er auf und schlich leise in die Küche. Alle Türen waren noch geschlossen. Er war als einziges wach. Er sah aus dem Fenster. Noch war es dunkel draußen, doch er hörte bereits einige Vögel rufen. Bald würde die Sonne aufgehen. Er machte sich einen Tee und setzte sich and den Küchentisch.

„Schon wach?" Prinz Peter schlurfte in die Küche.

„Oh. Habe ich Euch geweckt?" Er machte etwas Platz, da der Prinz sich zu ihm an den Tisch setzte. „Möchtet Ihr auch einen Tee."

„Du."

„Wie?"

„Sag ruhig, du. Das ist in Ordnung. Und ja, ich habe dich Wasser aufkochen hören. Ich möchte keinen Tee, danke."

„Entschuldige, bitte."

„Alles gut. Ich habe nicht besonders gut geschlafen. Ich bin andauernd aufgewacht. Und? Was hält dich wach?"

„Vieles." Leopold rührte etwas Zucker in seinen Tee, den er aus einer weißen Zuckerdose nahm. Der Zucker war fast alle. „Ich mache mir Sorgen. Und ich weiß nicht, was ich tun soll. Meinst du, Juli wird mir verzeihen?"

„Irgendwann. Vielleicht? Sie liebt dich." Peter stützte die Arme auf den Tisch. „Soll ich dir eine Geschichte erzählen?"

„Eine Geschichte?" Leopold trank einen Schluck Tee und verbrannte sich dabei fast die Zunge. Der Tee war noch zu heiß.

„Ich kenne das Gefühl nicht zu wissen, was man tun soll."

„Wirklich? Aber hat ein Prinz nicht... Wie soll ich sagen... Die Zukunft schon bereitgelegt? Ein Platz im Adel? Das Übernehmen wichtiger Aufgaben? Heiraten? Duhättest dich dafür entscheiden können. Den einfachen Weg gehen."

Peter lachte kurz. „Sozusagen, ja. Wie soll ich es dir erklären... Ich denke nicht, dass ich für das Übernehmen von Verantwortung geschaffen bin. Ich wollte als Kind ein Zauberer sein. Nichts wollte ich mehr als das. Ich wollte berühmt werden. Ich wollte, dass Menschen mich bewunderten. Ich wollte auffallen! Die Königin sagte mir wieder und wieder, dass sie gesehen hatte, dass ich ein sterblicher sein würde. Meine Geschwister sagten mir dasselbe. Ich glaubte ihnen nicht. Das alles musste ein Irrtum sein! Als dann mein sechzehnter Geburtstag kam, und sich Magie nie gezeigt hatte, bin ich in ein Loch gefallen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nicht, was aus mir werden sollte... Ich habe den Luxus, der mit den Privilegien des Adels kommt, immer genossen, weißt du? Ich war gerne Prinz. Ich habe gern im Luxus gelebt. Doch alles andere habe ich schleifen lassen. Ich hätte studieren können. Politik. Wirtschaft. Recht. Ich hätte mich einbringen können. Ich habe es nie getan. Ich wusste nicht, was ich wollte. Ich war gefangen..."

„Gefangen?" Leopold schnaubte. „Wie das? Du konntest gehen, wohin du wolltest. Tun was du wolltest."

„Nicht wirklich, nein. Die Königin hat mich lange in Ruhe gelassen. Solange ich vorzeigbar gekleidet war und die Rolle des guten Prinzen in der Öffentlichkeit spielte, ließ sie mich in Ruhe. Ich war schon immer etwas eigenwillig und rebellisch, weißt du? Mein Vater hat das oft ignoriert und meine Mutter hat es lange geduldet. Doch ich wusste immer, dass ich in ihren Augen nicht gut genug war. Julia war immer ihr goldenes Kind. Sie erwartete Großes von ihr. Sie prahlte auch mit den Leistungen von Cleo, Lea und Fritz. Ich war immer nur Peter. Der Sterbliche. Mit mir prahlte sie nie."

„Das muss wehgetan haben."

„Das hat es. Daher wurde ich umso rebellischer. An Julias sechzehnten Geburtstag bin ich im Schlafanzug erschienen. Ich wollte, dass meine Mutter sich aufregt. Julias Geburtstag feierte sie riesig. Ich hatte nur eine kleine, bescheidene Feier bekommen. Ich war neidisch auf Juli. Ich bin es immer noch."

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt