Marie
Helga und Philip hatten den ganzen Tag über kein Wort mit ihr und Pia gesprochen. Stattdessen unterhielten sie sich nur mit den wenigen adligen in ihrer Klasse. Irgendwann hatte Pia genug. In der Pause zog sie daher Marie hinter sich her und ging auf ihre beiden Freunde zu, die mit den anderen Schülern Draußen unter dem Dach standen. Es regnete etwas.
„Helga? Philip? Wir müssen reden!", rief sie den beiden zu.
Marie wurde nervös. Sie hatte den Verdacht, dass Helga und Philip wegen irgendetwas sauer auf sie waren, doch sie wusste nicht, weshalb. Hatte sie sie verärgert? Nein. Sicher nicht.
„Worüber?" Helga runzelte die Stirn.
„Unter vier, nein... Acht Augen!", fügte Pia hinzu. „Bitte."
„Na gut." Philip nahm Helga an die Hand und die beiden folgten Pia und Marie ein Stück von den anderen Schülern weg. Als sie außer Hörweite waren verschränkte Pia die Arme. „Warum ignoriert ihr uns?"
„Würden wir euch beide ignorieren, ständen wir nicht hier. Bei euch. Du übertreibst, Pia!" Helga schnaubte. „War das alles?"
„Nein! Das war es nicht!" Nun schnaubte auch Pia. „Ihr redet kaum mit Marie, oder mir. Heute habt ihr uns nicht einmal ‚Hallo' gesagt! Ihr wolltet keine Gruppenarbeiten mit uns machen... Was ist los?"
„Haben wir euch verärgert?", traute sich nun auch Marie die beiden zu fragen.
„Nein, natürlich nicht", antwortete Philip. „Aber... Wir wollen halt auch mal mit anderen etwas machen... Die..."
„Die unserem Stand entsprechen! Die Prinzessin ist nicht da. Wer weiß, ob sie wiederkommt. Natürlich hoffe ich, dass sie wiederkommt und nur irgendwo unterwegs ist, aber... Ihr zwei allein seid nicht die passende Gesellschaft für uns. Ihr seid die Freunde der Prinzessin, daher haben wir uns mit euch getroffen... Und ja, inzwischen mag ich euch. Aber wir sind nicht vom selben Stand, das versteht ihr doch?"
„Die Prinzessin ist derzeit nicht da, und meine Eltern haben mir in einem Brief geschrieben, dass sie wünschen, dass ich mich mehr mit meinesgleichen umgebe. Vermutlich denken Helgas Eltern auch so", fuhr Philip fort. „Wir sollten mehr mit unseres Gleichen unternehmen und weniger mit euch. Das heißt nicht, dass wir euch nicht mögen, oder nicht als Freunde betrachten."
„Wir sind nicht sauer auf euch beide", fügte Helga noch schnell hinzu. „Es gibt nur derzeit keinen Grund für uns, uns mit euch... zu treffen. Es war schön mit euch, erfrischend sogar, aber alles hat ein Ende. Ach ja... Das könnte euch vielleicht interessieren: Philip und ich sind seit gestern Abend ein Paar."
„Glückwunsch!" Pia spuckte die Worte beinahe aus. „Dann lassen wir euch ab jetzt in Ruhe."
Marie war erschüttert. Das dachten die beiden also von ihr? Ich bin in ihren Augen ein Nichts?
Helga und Philip kehrten mit einem knappen Abschiedsgruß zu ihren neuen Freunden zurück, als wäre nichts geschehen. Als hätten sie nicht gerade Maries Welt in Stücke gerissen.
„Wir waren nie ihre Freunde." Sie sah Pia traurig an. „Sie haben nur wegen Julia mit uns gesprochen."
„Das wundert mich nicht. Adlige. Meine Eltern haben immer gesagt, die sehen auf andere herab. Wenn Julia wieder da ist, kommen sie vermutlich zurückgekrochen."
„Meinst du?" Marie beobachtete, wie die Gruppe um ihre ehemaligen Freunde lachte.
„Entweder das oder sie versuchen Julia in ihre neue Gruppe zu holen. Aber das können sie vergessen!"
„Was ist, wenn Julia nicht wiederkommt? Wenn ihr etwas passiert ist?" Marie machte sich große Sorgen. Sie ist neben Pia meine einzige, echte Freundin. Warum mögen andere mich nicht? Unter den sterblichen war es auch so. Mama sagte, sie seinen neidisch. Erst Neid und dann bin ich plötzlich keine standesgemäße Gesellschaft?

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Hexe - Der Aufstand
FantasyJulia möchte ein normaler, sterblicher Mensch sein. Ihre ältesten Geschwister sind Hexen, Zauberer. Julia möchte nichts davon. Sie möchte alles hinter sich lassen. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zeigt sich...