Kapitel 38

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Julia

Julia saß an ihrem Schreibtisch und schrieb einen Brief an Peter. Sie fragte ihn, wie es ihm ging und erzählte ihm von ihrer beunruhigenden Vision. Zu guter Letzt schrieb sie von der neusten Entwicklung. Ihrer Magie. Danach schrieb sie noch einen Brief an ihre Mutter. Immerhin konnte sie nicht vor ihr geheim halten, dass sich noch mehr Magie gezeigt hatte. Wenn sie es nicht von Julia erfuhr, dann von einem ihrer Lehrer oder sogar vom Direktor.

Die Neuigkeit über ihre Magie hatte schneller zwischen den Schülern die Runde gemacht, als ihr lieb war. In der Pause hörte sie sogar die älteren Schüler darüber reden. Manch einer sprach sie sogar darauf an, besonders die Lehrer teilten ihr Glückwünsche mit. Julia war dies unangenehm. Warum musste ausgerechnet sie noch mehr Magie bekommen?

Die fertigen Briefe legte sie beiseite, um sie am Morgen Marko oder Leopold mitzugeben, damit sie sie zur Post brachten.

Es klopfte an der Tür. „Darf ich reinkommen?", hörte sie Leopold fragen.

„Ja, komm rein", antwortete sie und richtete unbewusst ihre Haare.

Leopold trug nicht mehr seine Uniform, sondern seine eigene Kleidung. Er sah gut aus. Außerdem hatte er sich die Haare geschnitten. Sie waren nun ein ganzes Stück kürzer.

„Ich habe mich gefragt, ob Ihr mit mir Spazieren gehen wollt", fragte er.

„Ist es dafür nicht schon zu kalt? Und zu dunkel?" Die Sonne war vor einiger Zeit untergegangen und nur Laternen erhellten die Gärten der Akademie.

„Dann wollt Ihr nicht?" Er sah enttäuscht aus.

„Doch. Aber ich muss mir etwas wärmeres anziehen."

Der Elf errötete. „Oh... Ich warte dann vor Eurer Tür..." Dann verließ er ihr Zimmer. Julia schmunzelte und zog sich einen warmen Wollpullover, eine dicke Strumpfhose und einen langen Rock aus warmem Stoff an. Leopold wartete mit ihrem warmen Mantel vor ihrer Tür. Er selbst hatte bereits seinen Mantel an.

„Vielen Dank." Sie nahm ihren Mantel entgegen und zog ihn an. Dann machten die beiden sich auf den Weg nach draußen. Aus dem Zimmer der Jungen waren Finns und Markos Stimmen zu hören. Finn lachte über etwas, dass Marko gesagt hatte.

Draußen angekommen waren sie allein. Niemand anderes war in den Gärten unterwegs.

„Es gibt etwas, worüber ich mit Euch reden möchte." Leopold sprach leise, als würde er befürchten, dass jemand sie belauschte.

„Etwas?"

„Ja. Prinzessin? Ihr seid ganz anders, als ich erwartet hatte... Ich dachte, Ihr würdet eine fürchterliche Person sein... Aber das seid Ihr nicht."

„Eine fürchterliche Person?" Julia war beunruhigt. Worauf wollte er hinaus? Das er dachte, sie sei schrecklich, war nachvollziehbar... Wer würde das nicht denken, wenn einem die Freiheit genommen wurde? Nicht, dass das Julia selbst getan hatte. Aber sie hatte es auch nicht verhindert. Hätte sie es verhindern können? Nein.

„Ja. Das dachte ich. Aber Ihr seid anders. Freundlich und ... Hübsch. Und es gibt da etwas, worüber ich mit Euch reden muss. Und ich weiß nicht, ob es Euch gefallen wird..." Er strich sich nervös durch das lockige Haar.

„Ist es etwas schlimmes?" Jetzt war sie selbst auch nervös. Erst dachte sie... Aber das war es nicht, oder? Ihre Gefühle für ihn waren sicher einseitig? Anders konnte es gar nicht sein. Aber was wollte er ihr dann sagen?

Das schwache Licht der Laternen ließ die Gärten verwunschen wirken. Sie konnte nicht viel sehen und so war es kein Wunder, dass sie auch den Ast übersah, der im Schatten auf dem Weg lag. Ihre Füße hingegen fanden den Ast und sie stolperte.

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt