Julia
„Ich habe dich vermisste, meine Kleine!" Ihre Mutter drückte sie fest an sich. „Hattest du eine gute Fahrt?"
„Ja. Aber ich bin müde." Julias Diener folgten Sophie bereits in das Schloss. Marko trug Julias Tasche, in welcher ihr Ballkleid lag, um es in ihr Zimmer zu bringen, sofern er es fand. Sie waren einige Wochen lang nicht im Schloss gewesen... Aber es gab ja genügend Diener, die er fragen konnte.
Julia hatte ihren drei Dienern für den Rest des Tages und für Donnerstagvormittag frei gegeben. Sie sollten sich ausruhen. Sophie würde am Wochenende zu ihrer Familie nach Schlossstadt fahren und am Montagvormittag zurück in die Akademie kommen. Ihr älterer Bruder hatte am Sonntag Geburtstag.
„Schwesterchen!" Peter kam auf sie zugeeilt. Sein Haar hatte er zu einem Zopf zusammengebunden und er trug zu seiner sonst schlichten Kleidung eine schwarze Weste mit gemusterten Glasknöpfen. Wo hat er die denn gefunden?
Peter schlang die Arme um seine kleine Schwester, hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. „Willkommen zurück!"
„Lass mich runter, Peter!" Julia lachte, während ihre Mutter den Kopf schüttelte.
„Nein, nein. Auf keinen Fall!" Peter drückte sie noch fester. „Ich lasse nie wieder los!"
„Lass die Albernheiten, Peter. Deine Schwester hat eine lange Fahrt hinter sich. Julia? Heute Abend kommt Babette mit ihren Eltern zum Abendessen. Ruh dich bis dahin aus." Agathe strich ihrer Tochter über das Haar, nachdem Peter sie wieder auf die Füße gestellt hatte. „Ich sehe euch beide beim Abendessen." Dann ging sie zurück in das Schloss.
„Babette kommt heute schon?" Julia zog eine Grimasse.
„Tragisch, nicht wahr? Ich bin so froh, dass du hier bist. Ich kann etwas Rückendeckung gut gebrauchen. Mutter hat mir einen Anzug für das Abendessen gekauft und einen für den Ball morgen. Sie stellt offenbar sicher, dass ich präsentabel aussehe..."
„Präsentabel?" Julia grinste. „Also nicht so bunt, wie an meinem Geburtstag? Ich mag deine Knöpfe."
„Offenbar wünscht Mutter keine Wiederholung deines Geburtstags und danke. Ich habe die Knöpfe in einem kleinen Schmuckladen gekauft und an diese Weste nähen lassen. Die ursprünglichen Knöpfe waren langweilig!"
„Lass mich raten, die Anzüge, die Mama ausgesucht hat sind ebenfalls langweilig?"
„Sie sind schlicht und ordentlich und furchtbar! Aber Babette ist noch viel schlimmer! Was soll ich denn bitte mit Babette? Sie ist schrecklich!"
„Mama mag sie."
„Mutter ist da glaube ich die einzige!" Peter vergrub seufzend das Gesicht in der Schulter seiner Schwester.
„Ich bin mir sicher, dass Babette Eltern sie auch mögen." Sie nahm ihn in den Arm. „Und? Was hast du jetzt vor?"
„Die Decke über den Kopf ziehen und in Selbstmitleid baden... Und danach werde ich etwas gegen diese Anzüge unternehmen..."
„Und dann werden wir beide zusehen, wie Babette sich über jedes Fleischgericht hermacht, dass ihr angeboten wird! Lass uns reingehen." Julia nahm ihren großen Bruder bei der Hand und gemeinsam gingen sie rein in die vertrauten, endlosen Gänge des Schlosses. „Soll ich dir mit den Anzügen helfen? Ich hätte da eine Idee."
„Mein Held!"
„Heldin." Julia lachte. „Aber erst muss ich diese grauenhaften Anzüge sehen."
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Hexe - Der Aufstand
FantasyJulia möchte ein normaler, sterblicher Mensch sein. Ihre ältesten Geschwister sind Hexen, Zauberer. Julia möchte nichts davon. Sie möchte alles hinter sich lassen. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Kurz vor ihrem 16. Geburtstag zeigt sich...