Bonuskapitel 6

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Paul sah das Mädchen aus der Bäckerei kommen. Sie war wunderschön. Sie trug ein langes, weißes Kleid und ihr dunkelbraunes Haar war zu zwei Zöpfen geflochten. Paul starrte sie mit offenem Mund an. Es kam ihm vor, als hätte er einen Engel gesehen. Dann fuhr die Kutsche, die ihn zurück zum Schloss fuhr, weiter und das Mädchen verschwand.

Adelheit hatte ihn zum Tee eingeladen und er hatte einige Stunden mit ihr verbracht. Sie waren gute Freunde und Adelheit hatte vor kurzem die Akademie beendet. Sie wollten sich den Sommer über öfters treffen. Immerhin war Adelheit seine beste Freundin, die Schwester, mit der er nicht verwandt war.

Zurück im Schloss traf er auf Ingried, die mit einem breiten Lächeln den Flur entlangeilte.

„Ich habe das perfekte Hochzeitskleid!", rief sie ihm entgegen. Seine Schwester würde bald heiraten und das Schloss verlassen, um ihren eigenen Weg zu gehen. Paul würde sie vermissen, aber er freute sich für sie.

Er musste an das Mädchen vor der Bäckerei denken. Ob er sie wiedersehen würde?

Als er zwei Wochen später von einem Besuch bei Adelheit zurückfuhr sah er das Mädchen wieder. Sie stand erneut vor der Bäckerei. Paul ließ die Kutsche anhalten und stieg aus. Er wollte diese Chance nutzen. Er musste sie unbedingt kennenlernen.

„Hallo!", begrüßte er sie.

Das Mädchen sah ihn mit großen Augen an. „Hallo." Sie überlegte einen Moment. „Kennen wir uns?"

„Nein, aber ich würde das gerne ändern." Offensichtlich hatte sie ihn nicht erkannt. Das war nicht unüblich, immerhin hatte er wenig Kontakt zum Volk. „Ich heiße Paul."

„Oh." Sie lächelte. „Ich heiße Valentina. Möchtest du reinkommen?" Sie zeigte auf die Bäckerei. „Auf einen Tee? Die Bäckerei gehört meinem Vater..."

„Ich würde sehr gerne reinkommen."

In den nächsten Wochen trafen sie sich so oft es ging und Paul wusste, dass sie die Richtige war.

An einem ihrer Treffen erzählte er ihr wer er war. Valentina glaubte ihm erst nicht und dachte, es sei ein Scherz.

„Als würde sich ein Prinz mit mir treffen wollen!", sagte sie lachend.

Schließlich konnte Paul sie überzeugen. Er deutete auf die teure Kutsche, mit der er gekommen war und auf die Wachen, die vor der Bäckerei unauffällig auf ihn warteten.

„Ich dachte, du seist einfach der Sohn reicher Eltern..." Valentina war beunruhigt gewesen.

„Nun ja... Meine Eltern sind reich."

Valentina hatte einen köstlichen Erdbeerkuchen auf den Tisch gestellt und Paul aß die Hälfte davon allein.

Eine Woche später machte er ihr einen Antrag. Ihm war egal, was seine Eltern davon halten würden. Dieser Engel war die Prinzessin seines Herzens.

Jetzt, einige Jahre später, liebte er sie noch immer genauso wie am ersten Tag.

Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen. Sie war seine Prinzessin, auch wenn er kein Prinz mehr war.

Er beobachtete, wie sie ihren kleinen Sohn in seine Wiege legte.

Er hätte den beiden gerne ein Schloss geboten, alle Reichtümer der Welt und eine Krone. Aber so sollte es nicht sein.

An manchen Tagen vermisste er seine Geschwister. Nur Ingried sah er ab und zu. Mit Peter und Julia schrieb er Briefe... Wie die beiden sich wohl verändert hatten? Würde er sie erkennen, wenn sie vor ihm standen? Würde er sie jemals wiedersehen? Würde sein Sohn seine Tante und seinen Onkel kennenlernen?

Er wusste es nicht.


(c: sasi)

Hexe - Der AufstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt