Yoongi
Schon als Yoongi aufgestanden war, war der Tag gelaufen gewesen, was nicht zuletzt daran lag, dass er dadurch aufgewacht war, dass er Nasenbluten bekommen hatte. Die königliche Bettwäsche war ruiniert und genauso, wie die königliche Laune.
Also hatte sich Yoongi aus dem Bett gequält und sich in den Thronsaal geschleppt, um zu arbeiten. Das half ihm irgendwie. Er kam sich ein bisschen wichtiger vor, wenn er zu tun hatte. Weniger ersetzbar.
Und das half wiederum es in den Griff zu bekommen und sich nicht allzu sehr davon auffressen zu lassen. Nicht genug zumindest, um zu sterben.
Es war seine Bürde, seine Last, sein Handicap und sein Fluch.
Seine Strafe.Die Strafe dafür, dass er nicht genug auf seine Mate aufgepasst hatte. Man konnte vielleicht sagen, wen wäre nicht seine Schuld. Schließlich war sie eine Warrior gewesen und sie hatte ihren Job gemacht, als sie, wie so viele, bei den Vorfällen vor vier Jahren, starb. Doch vielleicht hätte er egoistischer sein sollen. Er hätte sie nicht gehen lassen dürfen, damit sie in den eigenen Gängen einen Angriff abwehrte, den einstiger Freund anführte.
Die Folge war eine abgebrochene Matebindung, die jeden Tag mehr zu Schmerzen schien. Yoongi vermisste einfach alles an Calisto. Ihr Lächeln, ihre Wärme, die Art und Weise, wie sie sich bewegt hatte, ihre Stimme, ihre Dreistigkeit und die Tatsache, dass er in ihr immer jemanden gehabt hatte, bei dem er sich keinerlei Gedanken machen musste, was er sagte oder tat.
Alles was jetzt blieb war die Leere des Verlustes, die ihn immer wieder zu verschlucken drohte und die seelischen und körperlichen Schmerzen. Die Loss-Intoxication war das was ihr Name schon sagte. Es war, also würde die kaputte Matebindung ihn von innen her vergiften.
Doch Yoongi hatte gelernt zu kämpfen, egal wie schlecht es ihm ging und egal, wie einfach es wäre auf zugeben. Er hatte Freunde, er hatte ein Volk und er hatte einen Job.
Und er hatte geschworen ein Geheimnis zu beschützen.Solange er sich das vor Augen hielt, konnte er weiter machen. Er konnte sterben. Aber nicht heute und auch nicht morgen. Er hatte vier Jahre durchgehalten, also machte er noch 4o. Die Loss-Indoxication konnte sich gerne verpissen.
Leider sah die das nicht immer ein, so kam es zu Tagen, wie dem heutigen, die Yoongi das Leben schwer machten. Er war noch blasser als sonst, müde, gereizt, hatte Schmerzen, fühlte sich schwach und krank und wenn dann auch noch das Nasenbluten hinzukam, dann war der Tag gelaufen.
Man bedenke: Er war heute durch Nasenbluten aufgewacht. Was für ein schöner Tag.
Yoongi hatte sie irgendwie bis zum Nachmittag geschleppt und arbeitete die Fachwand ab. Das Prinzip der Fachwand war einfach: Jeder der irgendwie mit in die königlichen Geschäfte verwickelt war hatte ein Fach und in diese Fächer verteilte Yoongi die Aufgaben. Das Leaderfach teilte er sich dabei mit Thannam, das die junge Frau den Posten zwar ausgeschlagen hatte, aber trotzdem mithalf.
Nun stand er vor jenem Fach und musterte die Sachen, die er am Morgen da rein gelegt hatte. Im Grunde war das noch ein ganzes Ende voll zu tun, aber ihm sollte es recht sein. Nun wo Namjoon sich regelmäßig einfand und ihm Schriftverkehr abnahm hatte er schon fasst zu oft Langeweile am Abend, denn im Gegensatz zu Thannam, deren Hauptjob noch immer das Dasein als Warrior war, hatte Namjoon den lieben, langen Tag Zeit.
Ein Räuspern holte ihn aus seinen Gedanken und sein Blick fiel auf Thannam die ihn mit zusammengekniffenen Augen musterte. "Was tust du hier, du Idiot?", fragte sie ihn und Yoongi zog eine Augenbraue hoch.
"Entschuldige, Thannam, aber ich bin der König. Nur falls dir das entfallen ist. Und das hier ist der Thronsaal. König? Thronsaal? Klingelts?" Sie schnappte ihm, die Papier aus der Hand und tippte ihm damit auf den Kopf. "Nicht, wenn du einen solchen Tag hast, Yoongi!", herrschte sie. "Verdammt, hast du mal in den Spiegel gesehen? Du brauchst Ruhe. Geh einfach schlafen Yoongi, du hast nun wirklich genug gemacht, dafür, dass du den Tag eigentlich hättest im Bett verbringen sollen. Ich bin jetzt mit meiner Schicht fertig und übernehme das ganze."
Yoongi schüttelte nur den Kopf und schnappte sich die Papiere zurück. "Ausgeschlossen. Das du mal in den Spiegel gesehen. Erzähl mir nicht du hättest die letzte Nacht geschlafen deine bezaubernden Augenringe sprechen eine ganz eigene Sprach. Wie wär's, wenn du einfach Feierabend machst, du dumme Workalholic?", erwiderte er kühl, weil er genau wusste, wie auch die Rose zur Überarbeitung neigte. "Muss ich dich in den Kerker werfen lassen?"
Thannam schnaubte. "Wen nennst du bitte Workaholic?! Wer im Glashaus sitzt sollte nicht mit Findlingen werfen, Eure Arbeitswütigkeit! Dir geht es scheiße, dass sieht selbst Chen und der ist blind! Soll ich dich ins Bett bringen?!" Yoongi biss die Zähne zusammen. Warum konnte sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen. Sie mussten sich nicht sorgen. Es war nun mal so, wie es war und Yoongi hielt das Ganze eben aus. "Du unterstehst dich, mich wieder über die Schulter zu werfen!", knurrte er. "Versuch doch mich aufzuhalten." Die Rothaarige klang nicht weniger bedrohlich.
"Ihr seht beide scheiße aus."
Yoongis Blick floh zum Schreibtisch und er registrierte, dass auch Thannam seinem Blick folgte. Am Tisch stand gerade Namjoon auf. Er kam zu ihnen rüber und sahen zwischen ihnen hin und her. "Das macht heute keiner mehr von euch beiden", meinte er gelassen und schlappte die Unterlagen aus Yoongis Hand.
"Wer macht es dann?!", schnappten die beiden anderen unisono ein. Namjoon hatte seinen Blick auf die Papiere gesenkt und sah nochmals von einen zum anderen. "Sicher, dass du nicht ihr Counterpart bist, Yoongi?" Yoongi versuchte an die Papiere zu kommen, doch Namjoon hielt sie hoch und der Kleinere war simpel zu kurz, während Thannam knurrte: "Ich bin nicht dein Counterpart!"
Namjoon war beides so ziemlich egal, er machte sich nur mit den Sachen zurück an den Schreibtisch. "Ich mach das ", sagte er sanft und warf sie auf den Arbeitsplatz. "Du?" Yoongi runzelte die Stirn. "Ach? Einfach so?" "Jap." Es herrschte kurz Stille. "Willst du mich verarschen?", fragte Thannam und sprach damit aus, was Yoongi dachte. "Nein. Ich denke ich bekomme das hin, wenn ich mich ein bisschen reinfuchse. Vertrau mir, ich bin Steuerberater."
Steuerberater. Was zum...? "Steuerberater? Und das soll dir helfen?" Namjoon nickte nur. "Ich hab doch gesagt, dass ganze erinnert mich an eine Firma." Er zuckte mit den Schultern. Dann lächelte er. "Du gehst am besten ins Bett, Yoongi. Du siehst wirklich nicht gut aus. Oder wenn du schon rumrennen willst, dann lass dir wenigstens von Hoseok Energie geben. Und du Thannam siehst auch aus, als ob du zumindest ein Nickerchen vertragen könntest."
Yoongi schnaubte. "Hoseok ist kein Zapfhahn", herrschte er leise. "Aber er hat recht", sprang Thannam auf Namjoons Seite. "Hoseok ist nun mal ein ein Energizer und wenn es dir so schlecht geht, wie heute, würde er sich sicher sogar freuen dir zu helfen."
Yoongi schüttelte nur den Kopf. Das ging nicht. Alleine die Vorstellung Hoseok um Energie zu bitten fühlte sich für den König völlig falsch an. Er hatte ihn nicht seinerzeit von der Straße gekratzt, unter seinen Schutz genommen, ihm Sonderrechte eingeräumt und ihm versprochen, dass er nie wieder jemanden Energie liefern muss, um ihn dann dazu zu bringen ihm etwas davon zu geben. Das war gegen seien Prinzipien.
"Dann geh schlafen", meinte Thannam unnachgiebig und schenkte ihm einen strengen Blick, der Yoongi nicht wirklich beeindruckte. "Geh du doch schlafen", murrte der König und betrachtete sie mit schmalen Augen.
Namjoon seufzte. "Geht beide schlafen. Jetzt. Raus hier, verschwindet, ihr stört meine Konzentration. " Entschuldigung? "Das ist mein Thronsaal", erinnerte Yoongi, doch Namjoon zeigt sich unbeeindruckt und wedelte mit seinen Stift. "Ja und mein Büro. Raus jetzt." Yoongi war ziemlich perplex. Autoritärer hätte auch er das nicht hinbekommen. Hieß trotzdem nicht, dass er Befehle entgegen nehmen wollte. Doch komischerweise waren sich Namjoon und Thannam wohl einer verdammten Meinung, denn die Rose nutze sein Zögern um ihn prompt aus dem Saal zu schieben.
Yoongi seufzte. Mit einem konnte er es aufnehmen, aber wenn sie jetzt einen auf Team machten, hatte er keine Lust zu diskutieren. Dazu fehlte ihm die Kraft, zumal in dem Moment das zu vertraute Nasenbluten wieder einsetzte. Yoongi zückte ein Taschentuch und hielt es sich unter die Nase. Er spürte Thannams besorgten Blick auf sich.
"Du solltest dich wirklich ausruhen", meinte sie so sanft, dass ihre Stimme fast samtig war. Wie sollte er noch Widersprechen, wenn sie so sehr durchblicken ließ, dass sie sich sorgte und ihn indirekt bat? "Oder muss ich dir Chim auf den Hals hetzen?" Yoongi atmete gräuschvoll aus. "Verschone mich." Er nickte ihr zu und machte sich auf den Weg in sein Zimmer.
Sie würde Jimin sowieso schicken.
Manchmal fragte er sich, wie viel Thannam eigentlich verstand, was anderen vielleicht entging.
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Curare Teil I
FanfictionAls der 23-jährige Koreaner Namjoon sich verliebt zweifelt er selbst ein wenig [oder eher ernsthaft] an seiner mentalen Verfassung, denn seine große Liebe ist nicht etwas eine junge, hübsche Frau oder - for gods sake - ein schnieke Typ, nein ... sei...