#86 Odiomare

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Yoongi

Yoongi wusste für einen Moment nicht was er sagen sollte. Die Information traf ihn so dermaßen unvermittelt. Calver war der König der West Butterflys. Nicht gerade sein bester Freund. Er war, wie viele West Butterflys, eine kühle Natur und scheinbar mit etwa so viel Humor gesegnet, wie ein Stein. Im Gegensatz zu Eleonoara konnte man sich also nicht mal mental mit ihm prügeln. Doch trotzdem schockierte Yoongi diese Nachricht. Ob er ihn nun mochte oder nicht: Calver war ein toller König. Und jetzt sollte er tot sein? Yoongi war mit der Info tatsächlich fast ein wenig überfordert.

Warum es überhaupt so etwas wie West Butterflys gab war schnell erzählt: Früher gab es mal ein großes Butterfly Reich, dann gab es Stress im Westen oder Osten - das wusste keiner mehr so genau - gefolgt von von einer Spaltung und Rumbitchen für Generationen, bis Eleonoaras Großvater - ein Weiser Mann- beim damaligen König der Westies durchgeklingelt hat, um darauf hinzuweisen, dass eh keine Sau mehr wusste was der Grund für den Streit gewesen war und man sich auch vertragen konnte. Es nahm ein paar Jahre in Anspruch, doch letztendlich was West und Ost Butterfly Herz und Seele, solange sie ihre Süppchen eigenständig kochen konnten, und mobbten zusammen Curare. Happy End.

Wie auch immer, Fakt ist, dass die beiden Königshäuser seit der Sache nur um so mehr bemüht waren ein gutes Verhältnis zu wahren und nach zwei weiteren Generation waren Eleonoara und Calver tatsächlich ein leuchtendes Beispiel dafür, dass das klappen konnte - die beiden benahmen sich einfach als wären sie Geschwister.

Yoongi konnte jetzt verstehen warum Eleonoara ihre Tochter hatte rausschmeißen lassen. Es würde sie tief treffen, dessen war sich Yoongi sicher. Sie sollte das sicher nicht einfach so nebenbei erfahren.

Yoongi räusperte sich. "Ich denke du hast es schon tausend mal gehört, aber es tut mir Leid", ließ er sie wissen und die Königin wandte nur den Blick ab und blinzelte die Tränen weg. Sie nickte und lächelte traurig. "Ja, mir auch." Dann atmete sie einfach tief durch und fasste sich und Yoongi kam nicht umhin sie für ihre Fassung ein Stück weit zu bewundern.

Sie straffte ihre Schultern und sah Yoongi ernst an. "Calver wurde gestern tot in Curare, genauer gesagt bei Quinn gefunden", offenbarte sie und fuhr sich mit den Händen durch die Haare. Yoongi runzelte die Stirn. "Glaubst aber nicht, dass-" Eleonoara wedelte nur mit der Hand und würgte ihn damit ab. "Nein, Yoongi, um Himmels Willen. Ich weiß ihr hab ihn nicht angefasst. Das war... etwas anderes. Sag dir der Begriff Odiomare etwas?" Yoongi schüttelte den Kopf. Er bedeutete ihr einfach weiter zusprechen.

"Alles was ich über Odiomare weiß sind Dinge, die mir mein Großvater erzählt hat, weil sie mal mit einem zu tun hatten. Keiner weiß ganz genau, was diese Dinger sind, man weiß nur, dass sie den Körper befallen, den Wirt töten und den Körper und dessen Fähigkeiten übernehmen, man sagt sie zerbrechen die Seele derer, in die sie sich einnisten. Ich hielt es eine Gruselgeschichten und hab dem nicht wirklich Beachtung geschenkt, doch eins ist hängen geblieben: Opfer von Odiomaren erkennt man daran, dass sie Augen sich Schwarz einfärben, wenn der Odiomare den Körper verlässt. Also komplett. Wirklich die Augen sehen toter als tot aus. Wie auch immer, von Calver fehlte schon seit Wochen jede Spur, also haben sich die Spurensucher auf den Weg gemacht, um ihn zu finden und ihn dann unter Quinn entdeckt. Schwer zu sagen, wie lange er schon tot ist die Temperaturen da oben haben ihn gut frisch gehalten." 

Sie seufzte gestresst. "Und die Augen waren schwarz?" Sie nickte. "Eine Schande", sagte sie mehr zu sich selbst und ihr ihre Trauer war deutlich zu hören. Schnell wandte sie ihre Aufmerksamkeit Yoongi wieder zu. "Ich wollte in der Bibliothek nachschlagen, denn ich weiß dass wir Aufzeichnungen über Odiomare habe. Einige von meinem Großvater persönlich, aber sie sind alle vernichtet worden. Wir haben nichts mehr. Alles was geblieben ist die Überschrift in einer der Aufzeichnungen und daneben ein dickes Lachsmile. Der Rest der Seite war rausgerissen. Der Odimare spielt mit uns."

Langsam ahnte Yoongi worauf das ganze hinauslief. "Du willst, dass ich meine durchforste." Das war keine Frage. Die Butterfly nickte. "Wir müssen mehr darüber herausfinden." Yoongi nickte. Er würde Hoseok darauf ansetzen, der Energizer würde alles was sie hatten sicher bald liefern können. Yoongi tastete seine Taschen ab und fand einen Stift, doch einen Zettel hatte er nicht. Also schob er kurzerhand den Ärmeln hoch und schrieb sich auf den Unterarm. "Also wie war das? O-di-o-maaaar", sprach er mit. "Mit stummen E." "Eeeeee." Er seufzte und warf den Stift beiseite. "Hoseok wird sich darum kümmern."

Eleonoara nickte. "Seid wachsam. Calver ... man hat es ihm nicht wirklich angemerkt. Er war manchmal etwas komisch, doch dann war er wieder völlig normal. Dieses Ding hat ihn gut kopiert. Und er wurde in Quinn gefunden, also schließ ich nicht aus, dass er jetzt vielleicht in einem Landare steckt", warnte sie eindringlich. Yoongi nickte. Eleonoara betrachtet ihm mit einem wachsamen Blick.

"Pass gut auf dich auf, Yoongi."

Yoongi übte sich an einem aufmundernden Lächeln. "Mir passiert schon nichts. Ich glaube kaum, dass er sich einen Körper schnappt, der wegen Loss Intoxication fast auseinander fällt. Da muss er sich schon was Besseres suchen. Ich pass auf, versprochen." Er stand auf und sah zur Tür.

"Ich schätze, ich schick dir dann mal Estelle?", meinte er und sah aus den Augenwinkel, wie die Königin gefasst nickte. "Machs gut, Eleonoara, ich ... geh dann mal Pause machen oder so. Lasst euch Zeit." Er würde ihnen den Thronsaal solange überlassen, wie es brauchten. "Danke, Yoongi. Ich weiß das zu schätzen."

Er nickte ihr nur noch mal zu und ging zu Tür. Sie verzichteten wohl heute darauf sich zum Abschied dumme Sprüche zu drücken. Dieses eine Mal.

Yoongi entriegelte die Tür und zog sie auf und machte eigentlich  mental darauf gefasst Estelle zu suchen, doch die stand tatsächlich direkt davor. An den Tränen die ihr die rosigen Wangen runterliefen könnte er nur zu gut erkennen, dass sie gelauscht hatte.

Man könnte ihm zutrauen, dass sich sein Mitleid in Grenzen hielt und er der Meinung sein könnte, dass sie selbst Schuld ist, wenn sie lange Ohren machte. Wahrscheinlich war es auch genau das, was Estelle von ihm erwartete. Aber sie kannte ihn eben schlecht. Sie schluchzte und brach ihn damit sein ohnehin schon gebrochenes Herz.

Verlust.
Diesen Schmerz kannte er doch viel zu gut.

Ohne weiter nachzudenken seufzte er und nahm er die zierliche Butterfly in den Arm. Sie war zunächst überrascht, daher nahm sie die Geste nur zögerlich an, doch schließlich siegte scheinbar das Bedürfnis in den Arm genommen zu werden. Beruhigend strich ihr Yoongi über den Rücken. "Es tut mir Leid", sagte er leise. Irgendwann löste er sich von ihr. "Na los, geh da rein und red mit ihr", meinte er mitfühlend. Estelle nickte fast ein bisschen hilflos und ging nach drinnen.

Yoongi sah ihr nach und atmete einmal tief durch. Dann machte er sich auf den Weg in die Bibliothek. 

Schließlich hatte er eine Notiz auf dem Arm.

Curare Teil IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt