Hoseok
Mit ordentlich Schwung warf Hoseok das Buch an die Wand. Es schlug mit einem dumpfen Ton gegen den Putz und landete dann mit der offenen Seite auf den Boden, wo die Seiten des Roman durch das Gewicht des Buchrückens unschön geknickt wurden.
Und Hoseok war es egal.
Es war ohne hin ein Schundroman und dann noch ein verdammt schlechter und er würde ihn sicher nicht zu Ende lesen, schließlich wusste er wo er das Teil einsortieren musste. Also würde er sicher nicht eine weitere Seite dieses Buches lesen. Doch dass es so schlecht war, war nicht der Grund für Hoseoks Gefühlsausbruch, nein, der hatte andere Ursachen.
Kummer, Frust und Angst.
Der Kummer kam daher, dass Jimin immer noch nicht mit ihm sprach. Er war nicht mehr so böse zu ihm, wie vor ihrem Gespräch, aber trotzdem wich er ihm aus und wechselte nur ein Wort mit ihm, wenn es sein musste. Hoseok vermisste Jimins Lächeln unendlich. Das war der Umstand, der für Frust sorgte. Logisch.
Doch heute war das Schlimmste die Angst. Denn die Jagdgruppe war schon seit gut drei Stunden da unten. Und unter ihnen war Jimin. Hoseok betete, sie mögen einfach endlich wieder auftauchen und alle heil wieder oben ankommen, doch mit jeder Minute, die verstrich fiel es Hoseok schwerer zu atmen und seine Gedanken in den Griff zu bekommen. Sein Hirn malte sich Horrorszenarien aus und das Schlimme war: Sie waren realistisch.
Hoseok versuchte sich zu beruhigen. Wenn Jimin inzwischen getötet worden wäre, dann würde er das merken. Er war Jimins Mate.
Aber das sagte noch lange nichts über Jimins Zustand aus.Er hätte es ihm sagen sollen.
Jimin wäre zwar wahrscheinlich zum Problemfall mutiert, deutete er doch schon seit Jahren spielerisch an, wie gerne er Hoseok um den Finger wickeln würde, doch das wäre Hoseok alle mal lieber, als die Vorstellung, dass Jimin heute vielleicht etwas passieren könnte und er es verpasst hatte ihm zu sagen, wie sehr er ihn liebte.
Es ging nicht mal um die Mate-Sache. Die war eigentlich völlig unerheblich, war er doch auch vorher dem Lotus schon völlig verfallen gewesen. Nein. Es ging viel mehr um die Tatsache, dass er Jimin liebte und er es ihn irgendwie hätte wissen lassen sollen.
Auf der anderen Seite hatte Hoseok ja auch seine Gründe zu schweigen. Als Energizer war er schließlich nicht grade ein passabler Mate und Jimin hatte besseres verdient, was er sich aber nie suchen würde, wenn er so an ihm hing und er würde sich erst recht nicht lösen, wenn er es wüsste.
Hoseok bemerkte nicht, wie er sich auf die Lippe biss, bis er den metallischen Geschmack von Blut im Mund hatte. Verdammt er musste seine Nervosität in den Griff bekommen. Jimin hasste es, wenn Hoseok sich nervös die Lippen biss. Er tippte mit den Handballen gegen die Lippe und warf einen Blick darauf. Na ganz toll. Jaja. Er blutete sogar für seinen Mate. Nur sagen durfte er ihm das nicht.
Hoseok hob den Blick. Oben in der Ecke hatte er eine Blitzleuchte. Die hatte im Grunde nur einen Zweck: Ihn wissen lassen, dass jemand so verletzt war, dass er ganz dringend Energie benötigte, um die Eigenheilung anzukurbeln. Das war, seit er hier war, nur ein einziges Mal der Fall gewesen. Was war, wenn dieses Ding heute leuchtete? Panik machte sich in Hoseok breit und das obwohl die Leuchte nicht einen Strahl von sich gab.
Wenn er sie weiter anstarrte würde er den Verstand verlieren. Warum war ihm nur so schlecht? Es war verdammt noch mal nicht die erste Jagd da unten. Also warum war er nur so verängstigt? Sonst war er auch ruhig geblieben, doch heute dreht sich ihm der Magen um. Es blieb nur zu beten, dass es keine Vorahnung war. Er stand auf und schnaubte frustriert. Er brauchte eine Beschäftigung, sonst würde er durchdrehen.
Also verschwand er in den Gängen der Bibliothek und ging an die Bücher grade zu rücken und dabei irgendwie an nichts zu denken. Nicht, dass das irgendwie möglich wäre. Er machte sich nichts vor. Er würde erst zur Ruhe kommen, wenn Jimin wieder oben wäre.Hoseok rückte grade ein paar Bücher aus der R-Reihe gerade, als sein Blick auf den Flur fiel. Er konnte zunächst gar nicht festmachen, was seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, bis es sich wiederholte: Ein Lichtschein, der über den Boden glitt.
Ein verdammter Lichtschein.
Nein.
Nein, nein, nein, nein, nein.
Zu hoffen, dass es nicht das war, was Hoseok dachte, war völlig sinnlos, aber irgendwie versuchte er es trotzdem. Die Vorstellung, es könnte was schief gelaufen sein zog dem Energizer den Boden weg.Er eilte aus dem Gang und natürlich war es das, was er befürchtet hatte. Die Blitzleuchte strahlte fröhlich und Hoseok hätte sie am liebsten mit dem Schundroman, der noch immer an der Erde lag eingeworfen, aber dafür hatte er keine Zeit. Es galt irgendjemanden ganz dringend zu helfen und auch wenn es egoistisch war, er wünschte sich, dass es bitte nicht Jimin sein möge.
Hoseok lief sofort los. Schnellen Schrittes verließ er die Bibliothek. Seine Beine waren zittrig und er stolperte mehr vorwärts, trotzdem wurde er mit jeden verdammten Schritt schneller. Es kam nicht besonders weit, da kam ihm Taeyang entgegen. Taeyang war einer der Heiler und sicherlich geschickt worden um ihn zu holen, sollte er die Leuchte nicht bemerken und ihm zu sagen, wo er hin musste. Doch Hoseok interessierte im Grunde nur eins.
"Wer ist es?!" Taeyang schien ein wenig irritiert von dem scharfen Ton, den der sonst so sanfte Energizer anschlug, doch er rieb sich nur den Nacken ohne sich zu beschweren. "Keine Ahnung", sagte er und Hoseok zischte gestresst. "Wie, keine Ahnung, du musst doch wissen, was los ist?" Taeyang hob nur abwehrend die Hände. "Ich bin auch nur angepiept worden, weil ich in der Nähe war. Ich weißt nur die Lage ist ernst." "Welcher Raum?", fragte Hoseok zwischen zusammen gepressten Zähnen. "Die 27."
Die 27. Für einem Moment blieb Hoseoks Herz stehen. Raum 27 war für Wasserpflanzen. Hoseok wusste genau wer zum heutigen Team gehört hatte und sie hatten nur eine Wasserpflanze dabei gehabt.
Den Lotus.
Jimin.
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Curare Teil I
FanfictionAls der 23-jährige Koreaner Namjoon sich verliebt zweifelt er selbst ein wenig [oder eher ernsthaft] an seiner mentalen Verfassung, denn seine große Liebe ist nicht etwas eine junge, hübsche Frau oder - for gods sake - ein schnieke Typ, nein ... sei...