#64 Give and Take

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Hoseok

Jimin trieb ihn in den Wahnsinn und Hoseok musste sich eingestehen, dass seine Liste "Sachen die er total unterschätzt hatte" immer, immer länger wurde. Zum Beispiel hatte er unterschätzt, wie groß das Bedürfnis sein würde seinen Mate mit Energie vollzupumpen, wenn der verletzt war.

Jimin war nicht der erste dem Hoseoks in seinem Leben Energie gab. Gerade als er ein Kind gewesen war, war sein Unwissenheit und Naivität ausgenutzt worden. Trotzdem hatte er die Energie nie von sich aus gegeben. Es war immer so abgelaufen, dass irgendwer sie nun mal haben wollte und Hoseok mal mehr mal weniger bereit gewesen war das geforderte Maß zu liefern.

Doch das mit Jimin war neu. Jimin zerriss ihn zwischen dem Wissen, dass er ihm keine Energie geben sollte und dem Verlangen es doch zu tun. Wahrscheinlich war es ihrer beider Glück, dass es grade Jimin war bei dem Hoseok so empfand - gerade bei dem Mann, der bisher der Einzige in Hoseoks Leben war, der seine Energie nicht haben wollte.

Es war so albern, aber Hoseoks innerer Energizer war beleidigt. Dabei hatten zahlreiche Erlebnisse in Hoseoks Vergangenheit  ihm gezeigt, wie gefährlich und dumm es war anderen Energie zu geben. Er hatte sich geschworen sich nie wieder benutzen zu lassen. Egal, wie lange es her war, es hatte noch immer einen bitteren Beigeschmack für ihn, dass er so dumm und naiv gewesen war, sich für ein bisschen Zuneigung und ein Lächeln als Energie-Zapfhahn benutzen zu lassen. 

Er war eine Energieschlampe gewesen, ein netteres Wort fiel Hoseok dafür nicht ein. Und er hatte sich vorgenommen nie wieder jemandes Energieschlampe zu werden. 

Und jetzt konnte er sich ansehen. Nicht nur, dass er breit waren Jimin alles zu geben, was er verlangte, er musste sich so zusammen reißen, sich nicht auch noch völlig anzubiedern. Er war so schwach. Er sollte froh sein, dass Jimin seine Energie nicht wollte. Wirklich froh. Stattdessen war er ... irgendwie verletzt. Ein Teil von ihm beleidigt. Es war so lächerlich.

Dass Jimin die Energie in der Tat sehr gut gebrauchen könnte machte das ganz nicht besser. Im Gegenteil. Der Mate in ihm war besorgt. Er zerging in der Angst um Jimin, also tat er sich allmählich mit der inneren E-Slut - demTeil von ihm, der Jimin einfach nur mit Energie vollpumpen wollte, bis er auf Wolken schwebt und der bereit war einen Rausch regelrecht zu provozieren - zusammen, um die Vernunft zu knebeln und in den nächsten Fluss zu werfen. 

Das alles machte es nicht leichter auch nur das Geringste von dem was Jimin ihm gesagt hatte in eine sinnvolle Reihenfolge zu bringen. 

Das alles... war alles andere als gut. Und wenn Jimin ihm weiter so nah war, dann konnte Hoseok für nichts garantieren. Nicht heute. Nicht unter diesen Bedingungen. 

Jimin nahm Abstand von ihm und Hoseok wagte es sich wieder zu atmen und die Hoffnung zu fassen, dass er sich irgendwie unter Kontrolle bekam. Doch diese Hoffnung fanden ein jähes Ende, als der Stein aufhörte zu wirken. 

Sein innerer Mate drehte durch. Gib ihm was, forderte der Energizer. Er brauch es, wisperte der Mate. Es wird Folge haben, knurrte die Vernunft. Hoseok verseuchte sie erst einmal alle aus seinem Kopf und wandte seine Aufmerksamkeit Jimin zu. 

Jimin sah furchtbar aus. Hoseok machte einen Schritt auf ihn zu, doch Jimin warf ihm einen warnenden Blick zu. "Denk nicht mal dran." Hoseok zischte. Er war sich nicht mal sicher, ob er sauer sein sollte, weil Jimin ihm grade Dinge unterstellte oder Jimin einfach nur Recht hatte und ihm das bewusster war, als Hoseok selbst. 

"Schaffst du es rüber ins Krankenzimmer?", fragte er also nur. Jimin schenkte ihm einen unbestimmten Blick. "Wozu?" "Wozu wohl, Pabo? Da deine Abneigung gegen die Hoheitsgewalt von Heilern scheinbar neue Höhen erreicht hat, werde ich mich wohl um dich kümmern müssen. Fang bitte nicht an zu diskutieren. Du bekommst jetzt einen Stützverband, ob du willst oder nicht." Jimin schien den ersten Schock durch den Schmerz überwunden zu haben, denn irgendwie schaffte er es einen trotzigen Blick aufzusetzen und aufrecht, wenn auch mit zusammengebissenen Zähnen, rüber in den kleinen Nebenraum zu gehen. 

Die Zitadelle, in der sich die Bibliothek befand, hatte einige Nebenräume, die verschiedenen Zwecken dienten, schließlich war sie eine Festung in der Festung. Der sicherste Ort. Der Ort des Rückzuges, sollte es hart auf hart kommen. Als solcher hatte die Zitadelle eine eigene, kleine Vorratskammer, ein Bad - das in der Regel Hoseok nutze, seitdem er mehr oder weniger in der Bibliothek eingezogen war - und auch ein Zimmer, dass alles parat hatte, was man zur Versorgung von Verletzten brauchte, sollte zu einem Notfall kommen. 

"Setz dich", forderte Hoseok und Jimin gehorchte ausnahmsweise einmal und nahm auf der Liege platz. Hoseok ging an den Schrank mit Medikamenten und suchte eins heraus, dass die Schmerzen lindern würde, zumindest ein bisschen. "Du hast mir immer noch keine Antwort gegeben." Hoseok ignorierte den Einwand. Er konnte nur verlieren, sollte er antworten. Also sagte er besser nichts, sondern ging nur zu dem Waschbecken im Raum und füllte ein Glas Wasser in dem er die Tabletten auflöste. 

Das alles führte zu nichts. Er musste an Jimin denken und das langfristig. Die Vernunft hatte Recht. Mit ihm als Mate war Jimin so gut wie verloren. Also brauchte er einen neuen. Und Hoseok brauchte einen Plan, der Jimin helfen würde sich von ihm zu lösen. Vielleicht hatte Hoseok sich gar nicht erst über die letzten Wochen beschweren sollen. Er war ein Egoist. Jimin zu lieben bedeutet Verzicht und je eher Hoseok das auf die Kette bekam, desto besser.

"Hoseok. Willst du das wirklich totschweigen, ja?" Jimin wollten schon wieder aufstehen, doch Hoseok hielt ihn auf, in dem er ihm das Glas unter die Nase hielt. Jimin zog die Augenbrauen zusammen und nahm es ihm schließlich ab. Er pinnte Hoseok mit seinem Blick fast schon fest, während er das Glas widerwillig leerte. "Dir ist völlig klar, wie viel du mir bedeutest, nicht wahr, Hoseok?" 

Was zur Hölle sollte er darauf erwidern? 

Ja?
Weil es der Wahrheit entsprach? Wie sollte er Jimin dann noch bitte von sich lösen, wenn er ihm einräumte auch ohne Matebindung Gefühle für ihn entwickelt zu haben? 

Nein?
Wie gut es funktioniert hatte Jimin einen Rausch einzureden hatte er ja gesehen. 

Jimin liebte ihn. Einfach so. Keine Magie der Welt hatte da nach helfen müssen. Mit dem Wissen - und dem Wissen, dass Jimin der zerstörte Strang aufgefallen war - machte plötzlich alles viel mehr Sinn. Trotzdem hätte sich Jimin keinen schlechteren Landare aussuchen können. Seine Liebe war verschwendet. 

"Ich bin ein Energizer, das verstehst du schon, oder?", meinte er also nur unnachgiebig. "Wenn da also etwas ist, dann solltest du es vergessen. Denn ich erwidere es nicht." Vielleicht wurde es ja wahr, wenn er sich das nur lange genug einredete. "Und jetzt lass mich nach deinen Rippen sehen." 

Curare Teil IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt