Curare Teil I

#104 Jealousy is a Bitch

Hoseok

"Wo ist Jimin?"

Yoongis Stimme drängte sich klar und tief durch den Raum. Er klang fast ein bisschen bedrohlich. Auf jeden Fall war er angepisst. Hoseok seufzte innerlich. Ja, wo war nur Jimin? Das fragte sich Hoseok zähneknirschend seit gestern Abend.

Irgendwann hob der Priest den Blick und bemerkt das Yoongi und auch alle andren ihn ansahen. Hoseok schwieg für einen Augenblick. Er presste die Lippen zusammen und warf einen Blick durch den Raum.

"Woher soll ich das wissen?",  fragte er leise und starrte auf die Tischplatte. "Ich hab ihn schon seit gestern Abend nicht gesehen." Er hörte Yoongi seufzen und hob Hoseok den Blick wieder. "Mag jemanden den Vollhorst wecken gehen?", fragte der König und Hoseok war fast geneigt nach der Sache gestern einfach zu schweigen. 

Doch auf der anderen Seite sollte er vielleicht noch mal mit ihm reden? Dann wäre das ja die Gelegenheit. Sie hätten ein paar Minuten für sich. Also stand er auf und seufzte. "Ich mach schon. Fangt schon mal an", ließ er verlauten und machte sich auf den Weg.

Schnell hatte er sich an Jimins Zimmer eingefunden und drückte die Klinke runter. Sein erster Blick fiel auf den Beistelltisch neben Jimins Bett. Er hatte dort am Abend zuvor eine Memo hinterlegt, damit Jimin wusste, dass er 8 Uhr im inneren Kreis zu sitzen hatte. Doch die Memo lag unbeachtet auf dem Boden. 

Genau wie zahlreiche Klamotten, die wild über den Boden verteilt waren.

Viele Klamotten. Zu viele. Selbst für Jimins Verhältnisse. Und er glaubte auch nicht, dass dieser schwarz-rote Spitzen-BH Jimin gehörte. Das wäre dann doch leicht seltsam, huh?

Hoseok warf einen Blick auf das Bett und es war noch schwer den rosa Haarschopf neben dem von orangefarbenen von Jimin auszumachen. Zur Hölle? Was sollte das? Er warf einen Blick auf die beiden und musterte die Tusse, die neben Jimin in aller Seelenruhe schief. Viel von ihr konnte er nicht erkennen, weil ihr Haare sich gefühlt überall im Bett verteilten, so lang waren sie. Oh, und offensichtlich hatte sie ein Shirt von Jimin an und kuschelte sich an ihn.

Er sollte nicht sauer sein. Er hatte schließlich erst gestern gesagt, dass Jimin sich eine Alternative suchen soll, doch dass Jimin das einfach so in die Tat umsetzte - scheinbar ohne den geringsten Struggle damit zu haben - verletzte ihn dann doch.

Was wollte Jimin ihm erzählen? Natürlich hatte er gelogen, als er gesagt hatte, dass er Jimin nicht bräuchte, das dass wusste Jimin sicherlich. Doch scheinbar brauchte Jimin ihn nicht so dringend, wie er Jimin. Offensichtlich bekam er Hoseok schnell ersetzt. Hatte ihm nicht schon die Wochen vor der Titanen-Sache gezeigt, dass Jimin ganz bewusst auch auf ihn verzichten konnte?

Es war alles zu verrückt werden. Er wusste er sollte nicht wütend werden. Er sollte keinen Groll gegen die junge Frau hegen, wahrscheinlich wusste sie nicht mal was von ihm, sie hatte sich nur von Jimin abschleppen lassen und machte sich vielleicht Hoffnungen auf mehr.

Doch die ganze Szenerie verletzte Hoseok auf so vielen Ebenen. Nicht nur, dass er sich von Jimin betrogen fühlte - vielleicht war es nicht fair, aber das Gefühl ließ sich nicht bekämpfen, nicht nachdem Jimin ihn geküsst hatte und behauptet hatte er würde ihn lieben - es stürzte Hoseok in eine Art Wut nicht nur gegen Jimin, sondern auch gegen sich selbst.

Er hatte oft mit seinen Dasein als Energizer zu kämpfen. Damit nicht wie die anderen zu sein. Der ständige Außenseiter. Damit, dass er nicht das selbe erleben durfte, wie alle anderen. Damit, dass er nicht glücklich sein durfte. Womit hatte er das eigentlich verdient? Was hatte er wohl in seinem Leben zuvor falsch gemacht, dass er dieses Leben leben musste? Energizer zu sein war eine Strafe. Nichts anders.

Hoseok verdrängte es gerne, wie sehr sein Leben eigentlich eine einzige Tortour war. Er versuchte es positiv zu sehen, das Beste daraus zu machen, zu kämpfen und sich irgendwie einzureden, dass schon alles gut werden würde, doch dieser Moment  machte einfach alles kaputt.

Einfach der Moment, in dem er seinen Mate mit jemand anderen in Bett sah und da im Grunde auch noch der Weg war den das alles gehen sollte. Das hatte Jimin in ja oft genug gesagt, nicht wahr?

Er zerstörte sämtlichen Elan und sämtliche Motivation, sämtliches Selbstbelügen. Sämtliche Hoffnung.

Nichts wurde gut. Warum gab er sich überhaupt Mühe?

Er hatte sich das nicht so schwer vorgestellt. Wieder hatte er Gefühle völlig unterschätzt.

Er war so eifersüchtig auf dieses Mädchen. Und er verabscheute sein Dasein gerade so sein. Er hatte sein Leben noch nie so sehr bereut, wie in diesem Augenblick.

Er wollte mit ihr tauschen.
Er wollte so sehr mit ihr tauschen.

Sie konnte alles haben was er nicht haben konnte. Rosa Haare. Vielleicht war sie eine Seerose? Warum war er nur keine Seerose? Dann könnte  er da neben Jimin liegen. Er könnte Jimin berühren, er müsste sich keine Gedanken um irgendwelche Energie machen oder was sie mit Jimin anstellte. Er könnte genießen, dass Jimin ihn liebte und an ihn gekuschelt verschlafen. 

Doch er war nur ein Energizer. Er konnte nicht mal generell schlafen verdammt, geschweige denn sich einfach an Jimin kuscheln. Er konnte nichts davon.

Hoseok konnte sich allmählich nicht mehr helfen. All diese Gefühl verletzten ihn gerade so sehr, dass er sie bei Seite schieben musste, weil er sonst einfach sang- und klanglos zu Grunde gehen würde. Hier auf der Stelle. Und Jimins Zimmer war das sicher nicht die richtige Adresse dafür. Schon gar nicht, wenn der 'Besuch' hatte.

Hoseok schluckte krampfhaft den Kloß im Hals runter und zusammen mit den Tränen, die er am liebsten geweint hätte und was für den Moment übrig blieb war die Wut.

Schön. Die war einfacher als Trauer.

Was viel Jimin eigentlich ein? Bei allem hin und her, war es doch sehr verletzend ihm unter die Nasen zu reiben, wie ersetzbar er doch war. Arschgeige. Er wüsste genau, dass er es sein würde, der ihn weckt. Wer denn bitte sonst? Hatte er sie sich deswegen mitgenommen? Damit Hoseok es sah?

Hatte er die Memo gelesen? Hoseok wusste gar nicht was schlimmer war. Wenn Jimin die Memo ignoriert oder wenn er sie gelesen hatte. Wahrscheinlich letzteres, denn dann hätte er sie gelesen ... und trotzdem ignoriert.

Hoseok ging mit schnellen Schritten ins angrenzende Bad und siehe da ein Eimer war schnell gefunden. Er stellte den Eimer in die Dusche und begann ihn mit kalten Wasser zufüllen. Jimin wollte sich mit ihm anlegen? Das konnte er haben. Und diese dumme Tusse, die ihm seinen Mate wegnehmen wollte, gleich mit. Was fiel der eigentlich ein? Hatte sie nichts besseres zu tun, als auf einen Mittwoch sich in einem Club abschleppen zu lassen? Schlampe. Kaum war der Eimer voll nahm Hoseok das gute Stück und ging damit zu den anderen beiden zurück. 

Guten Morgen. 

Mit Schwung leerte den Eimer über dem Bett und damit über den  beiden Schlafenden aus.