#87 Nope. Nopenopenope. Noooope.

1.2K 197 139
                                    

Thannam

Nein. Einfach nein. 

Das sah Thannam jetzt gar nicht ein. Neh. Ohne sie. Er soll sich einen anderen Mate suchen.

Da kommst du aus dem Sumpf, weil irgendwie eine Horde Courkas - hässliche, haarige Viecher, die stanken und wirklich spitze Zähne und Klauen besaßen, dann auch noch eine ganze Horde - ihren Weg in den Süden gefunden hat, bist noch nicht mal aus den Klamotten raus und dann das.

Thannam war zufrieden gewesen, so wie es war. Ihr war es egal gewesen, dass sie keinen Mate hatte. So etwas kam vor, gar nicht mal so unüblich. Es war zwar deutlich üblicher irgendwann jemandem über den Weg zu laufen, der sich als der zu einem passige Mate entpuppte, aber keinen Mate zu finden war eben auch jetzt nicht so selten. 

Das bedeutete ja nicht, dass man  keine Liebe fand, es bedeutete nur, dass man 'den Einen' oder 'die Eine' nicht getroffen hatte. Das konnte mehrere Gründe haben, oft lag es am eigenen Charakter. Landare, die zum Beispiel mit zu vielen Personen matchen konnten fanden oft keinen Mate, sondern wurden mit irgendwem glücklich, so wie ihre Tante und ihr Onkel. Sie waren keine Mates, aber das hatte sie nicht dran gehindert sich trotzdem zueinander weihen zu lassen und das ging schon seit bald dreißig Jahren gut.

Die zweite Möglichkeit, warum man keinen Mate fand war, dass man das Gegenteil war: Man passte einfach zu niemandem. Zu dieser Sparte hatte sich Thannam gezählt und sie war zufrieden damit gewesen, tickte sie ohnehin anders, als 'normal'. Sie mochte keine körperliche Nähe zum Beispiel. Sie akzeptierte zwar die, die ihr Lilly oder Jimin anboten, doch sie brauchte es im Prinzip nicht. 

Die Rose war gern allein. Sie liebte es ihre Ruhe zu haben. Sie wollte gar nicht, dass irgendwer in ihrem Leben herumpfuschte und sie zwang, Zeit mit ihr zu verbringen. So ein Mate braucht schon irgendwo Zeit und zumindest die nötigste soziale Interaktion, oder nicht? Damit war Thannam schon überfordert. Sie hatte ihre Freunde, diese kannten sie gut, diese ließen ihr ihren Freiraum und die Zeit, die sie für sich allein brauchte. Sie erwarteten nicht von ihr, dass sie Romane über ihren Tag erzählte, wenn es nichts zu erzählen gab. 

Sie war glücklich mit den paar Leuten, die sie hatte. Dafür, dass die so asozial war, waren das doch Recht viele. 

Die dritte Möglichkeit, warum man keinen Mate fand, obwohl man schon 24 war, wie Taehyung, oder 21 wie sie selbst und Lilly war dann wohl augenscheinlich, dass der Mate ein gottverdammter Mensch war. Okay, sie war bereit Namjoon zu akzeptieren. Er war ihr Counterpart,  nicht dass sie das laut zugeben würde, aber das machte ihn okay (naja und noch ein paar andere Sachen, mit Namjoon konnte man schon arbeiten). Sie war sogar gewillt, diesen dünnen, bebrillten Nerd hinzunehmen, zumindest, wenn er nicht zu viel Ärger für Tae bedeutete...

Aber DER kam ihr nicht in  die Tüte.

Erstens war der viel zu hübsch - war der überhaupt ein  Mann? Zweitens schien er mit seiner Persönlichkeit einen Ballsaal ausfüllen zu können - das ging ihr schon jetzt tierisch auf den Keks. Drittens... Mensch. Mehr musste man dazu ja wohl nicht sagen.

Die einseitige Matebindung war jetzt vielleicht eine halbe Stunde alt und nur dadurch entstanden, dass sie gerade zum falschen Zeitpunkt aus dem Fenster gesehen hatte. Thannam verfluchte sich sie hätte es zumindest vermuten müssen, denn wenn man einen menschlichen Counterpart hatte, dann war theoretisch auch ein menschlicher Mate möglich. Doch wer rechnete denn damit, dass der nächstbeste Vollpfosten, der aus Korea angeschleppt wird, es dann auch ist?! Zumal Thannam noch immer der Meinung war, dass sie in die zweite Kategorie gehörte, die gar keinen Mate bekamen, da sie ja zu niemandem passte!

Und jetzt sollte sie zu dem da passen? Wirklich? Wenn sie einen Prince Charming haben wollen würde, wäre sie Schneewittchen geworden. Ja verdammt, sie hatte sich Filme auf der Menschenwelt reingezogen, das war schon ein paar Jahre her okay, sie hatte auch nur die Wahl zwischen anschauen und langweilen gehabt, ja? Es war 1950 oder so auf der anderen Seite gewesen und ihr Bruder Tarjae hatte die damals Siebenjährige mit durch den Brunnen genommen, weil er sie eben einfach noch allein lassen wollte.

Es war nicht der Brunnen in der Nähe von Vic gewesen, sondern der in der Nähe von Quin. Sie wusste heute noch nicht, wo genau sie gelandet waren, aber es war genug Zeit gewesen, um die kleine Schwester und die damalige Freundin in ein Theater zu setzen und dem nachzugehen, was auch immer sie gerade zu tun hatten. 

Der Film hatte Thannam milde interessiert. Sie war nicht wie die anderen Kinder, die Angst vor der bösen Stiefmutter gehabt hatten, sobald diese sich in eine hässliche Hexe verwandelt hatte, nein sie hatte das ganze mit zusammengezogenen Brauen angeschaut und auf einer tieferen Ebene durchdacht, merkwürdiges Kind, dass sie gewesen war.

Doch sie schweifte gedanklich ab. Kein Prince Charming. Nicht für sie.  

Zumindest nicht, wenn sie es schaffte, diesem exorbitant nervigen Drang zu entkommen, sich jetzt sofort in seine Arme zu schmeißen. Das war doch nicht normal. Also doch war es schon, aber sie wollte das wirklich nicht. Sie würde verhindern, dass diese Matebindung beidseitig wurden, denn sie wollte keinen menschlichen Mate. Sie wollte überhaupt keinen Mate. Sie war schon jetzt überfordert mit den ganze Gefühlen, die innerhalb von Sekunden in ihr aufgekeimt waren. 

Woher kamen plötzlich diese Gedanken? Wieso musste sie sich tief in ihrem inneren eingestehen, dass er gut aussah, dass er sogar attraktiv war? Warum fühlte sie eine Innere Wärme, wenn sie sich das Lächeln in Erinnerung rief, dass sie hatte erblicken dürfen...? Schluss jetzt. Nein. Sie fühlte sich nicht komplettiert (doch eigentlich schon), sie wollte keinen Mate (auch wenn das vielleicht gar nicht so übel wäre), sie war glücklich allein (auch wenn das nicht ausschloss, dass da nicht doch Platz.... Ach halt die Klappe, Stimme, die in Klammern geschrieben ist!).

Thannam seufzte fahrig und war drauf und dran, in den Thronsaal zu rennen und Yoongi zu bitten, sie frei zu geben.  Sie würde wohl auch nicht lange brauchen, bis irgendeine Stadt sie haben wollen würde. Peleq brauchte eh einen neuen Protector und es lag am anderen Ende des Landes. Klang doch super.

Sie wusste, dass es so einfach nicht war. Sie hatte Taehyung gesehen. Wie lange sollte sie das aushalten? Konnte sie das überhaupt? Wahrscheinlich schon, denn sie war anders als Tae. Er war glücklich gewesen, seinen Mate gefunden zu haben. Sie hingegen wollte nicht. Sie wollte wirklich nicht. Sie wollte auf keinen Fall.

"Thannam!" Die Rose zuckte zusammen, zu sehr war sie in Gedanken versunken und zu schnell war Lilly auch in ihr Zimmer gestürmt, um sich wie gewohnt an sie zu hängen und sie nach Herzenslust zu knuddeln. Thannam erwiderte die Umarmung. "Ihr seit wieder da", antwortete sie vage und versuchte erst mal die Gedanken zu sortieren, die so wirr in ihrem Kopf herumwirbelten, seit dem sie handsome Hackfresse gesehen hatte. 

"Jap", Lilly ließ sie wieder los und grinste gewohnt fröhlich. "Hat alles super geklappt! Ohne Probleme. Wir haben Jin mitgebracht, ich denke du wirst ihn mögen." "Ich denke nicht", antwortete Thannam schnell und verdrehte die Augen. Lilly sah ihre Freundin prüfend an. "Sei nicht immer so negativ", forderte sie in einem aufmunterndem Tonfall und klatschte in die Hände, "du weißt was meine Mom immer gesagt hat." Thannam schüttelte nur erneut den Kopf. "Und du weißt, was meine immer gesagt hat", entgegnete sie nur und neigte den Kopf um besser hören zu können.

Sie konnte Namjoons Stimme vor der Tür ausmachen und er unterhielt sich sicher nicht mit sich selbst. Die Türklinke bewegte sich bedrohlich nach unten und Thannam wirbelte so schnell sie konnte herum und sprang aus dem noch offenem Fenster. Unten rollte sie ab und versteckte sich schnell unter dem Dach der Veranda, die sich hinter dem Palast befand. Sie würde jetzt erst mal schauen, wo Taehyung abgeblieben war, denn sie hatte ihn nicht nach oben kommen sehen und das machte sie nervös. Das war auch wichtiger als... das. Nein, sie wollte keine Matebindung. Soll der sich jemand anderen suchen. Weil... weil....

Nein. Einfach nein. 

Curare Teil IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt