Jungkook
Jungkook atmete tief durch. Er hatte völlig unterschätzt, wie schwer es ihm fallen würde aus dem Auto überhaupt auszusteigen. In Wahrheit wollte er Taehyung nicht ziehen lassen, doch er hatte kein Wahl. Er konnte noch nicht sagen, ob er wieder zurückkehren würde, oder wann.
Der junge Mann legte seine Hand an die Türöffner und überlegte, was er sagen konnte. Tschüss? Bis später, aber nur vielleicht? Es tut mir Leid? Scheiße, Taehyung, nimm mich einfach wieder mit, sie ist es nicht mal wert?
Er sagte schlussendlich gar nichts, sondern seufzte nur tief. Tae kam ihm jedoch mal wieder zuvor und stieg zuerst aus. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass sie weiter diskutieren mussten und damit, das Tae nicht einfach gehen würde, deswegen hatte er ihm auch die Phiolen weggenommen. Er hatte sie noch immer bei sich, natürlich, nur für den Fall, dass Tae trotzdem drauf bestand bei ihm zu bleiben.
Doch er hoffte, dass sie das nicht brauchen würden, denn er musste hier allein durch. Allein schon um über alles nachdenken zu können, um seine Möglichkeiten zu erfassen und weil Tae bei Gott und allem viel zu auffällig war, als dass er ihn gebrauchen konnte.
Wenn man einen Typen wie Tae bei sich hatte, konnte man sich auch gleich eine Leuchtreklame um den Hals hängen. Er sah nicht aus, wie ein Protector, er sah aus, wie ein Model, oder ein Star und Jungkook erinnerte sich noch genau, wie sie im Baumarkt die Sachen gekauft hatten, um den Lamboghini hoch zu jagen.
Es fühlte sich fast an, als wäre seit dem eine Millionen Jahre ins Land gegangen, dabei war das nicht lange her.
Jungkook wusste genau, dass Tae sauer werden würde. Er rechnete mit allem, sogar damit, dass er ihn anschrie, oder gleich ausknockte, um ihn zurück nach Curare zu bringen, aber er rechnete nicht damit, dass Taehyung es ihm damit heimzahlen würde, dass er seine ohnehin instabile Gefühlswelt nur noch mehr über den Haufen warf.
Der Kuss lies Jungkooks Knie weich werden und ihm wurde klar, dass er sich auf keinen Fall gegen die Wirkung wehren konnte, die Tae auf ihn und seinen verräterischen Körper hatte. Ja, was fiel ihm eigentlich ein? Wie sollte sich Jungkook überhaupt noch auf irgendwas konzentrieren, wenn er jetzt nur noch an Taes Lippen denken konnte und wie sie sich auf seinen anfühlten und dass es gar nicht mehr so schlimm war, dass er ein Mann war und dass er die körperliche Gesellschaft von Frauen eh nie wirklich zu schätzen gewusst hatte, schon gar nicht so. Nicht wie die von Taehyung.
Das. War. Alles. Inakzeptabel. Und. Er. Musste. Sich. Hier. Konzentrieren. Und. Fuck. You. Flieder. Das. Bekommst. Du. Zurück.
Wenn er es denn zurück schaffte. Er wollte zurück, keine Frage, aber er musste schauen, dass er die Dinge, die hier noch anstanden unter einen Hut bekam. Im Besten Falle mit einem Happy End. Im schlechtesten eben gar nicht.
Jungkook drehte sich nicht noch mal um. Nicht weil er kalt war, oder nichts fühlte. Im Gegenteil. Er fühlte viel zu viel auf einmal. Doch er versuchte sich zusammenzureißen, auch als er hörte, wie Tae mit quietschenden Reifen davon fuhr. Es wurde Zeit ein paar Sachen in Angriff zu nehmen. Nur war er hier falsch, er musste zu dem scheiß Wohnblock, in dem seine Mutter wohnte. Also nahm er die Bahn in die Slums.
Dort angekommen, klingelte Jungkook bei irgendeinem Nachbarn und fast sofort meldete sich eine weibliche Stimme mit einem: "Hallo?" Eine ziemlich junge Stimme sogar. Die Kunst war es, immer die passende Geschichte zu haben, die der, der dran ging einem abkaufte. Jung. Mal sehen.
"Jaah, hi", antwortete der Schwarzhaarige zerknirscht. "Ich bin der Bruder von unten links, ich hab mich ausgesperrt, weil ich eine rauchen war, kannst du mich rein lassen?" "In deine Wohnung? Wohl kaum. Was machsten für Sachen?" Sie klang besorgt. Sie hatte also halb angebissen. Jungkook schniefte ein wenig, als sei ihm kalt. "Neeeh, nur den Summer drücken, ich hab die Tür nich zu gezogen, alles gut", meinte er und passte sich automatisch ihrer Art zu sprechen an. "Ich komm halt nich mehr in den Hausflur." "Aaaaaachso. Ja klar, ich mach auf." Der Summer ertönte. "Bistn Engel, danke", bedankte sich Jungkook und drückte die Tür auf.
Die Matebindung zog schon jetzt an ihm. Das war doch nicht wahr. Damit würde er wohl nie einverstanden sein. Dieses beieinander sein müssen. Doch er war der Mensch in dieser Beziehung, das bedeutete, er konnte es besser aushalten. Das bedeutete jedoch nicht, dass er sich keine Gedanken um Taehyung machte. Die Wahrheit war, dass er nicht nur den Drang hatte, sich sofort wieder in Taes Arme zu werfen, er machte sich auch noch massiv Sorgen um ihn.
Gnarf. Hörte das denn nie auf?!
Er hatte hier zu tun.
Jungkook ging hoch bis in das Stockwerk, wo seine Mutter wohnte, dann atmete er durch und nahm die Dietriche vor. Schnell wie immer hatte er die Tür entsperrt und schlüpfte in die Wohnung. Es war kühl. Kam sie denn wirklich nicht ohne ihn klar? Er ging durch ins Wohnzimmer.
Seine Mutter saß wie immer auf dem Sofa und starrte auf die Glotze. Ein fahriges Seufzen verließ Jungkooks Lippen. Wieso nur, war er immer so nervös, wenn er hier war? Es war immer das Gleiche... Diese irrsinnige Hoffnung, dass sie ihr Schweigen endlich brach.
In Curare verging die Zeit so anders... er musste wochenlang nicht hier gewesen sein. Hatte sie es überhaupt bemerkt? Er musterte sie. Wer brachte ihr Geld, wenn er es nicht tat? "Mom..." Sie reagierte nicht. War sie dünner geworden? "Hast du schon gegessen?" Sie schaltete um. War das ihre Art zu kommunizieren? Sie tat das jedes verdammte Mal. Sie schaltete das Programm um. Sollte das ein 'Geh weg.' sein?
Jungkook ging in die Küche und schaute, was im Kühlschrank noch war und viel war es nicht. Dann schaute er in die Schränke. So wurde das nichts. Er sollte wirklich hiermit abschließen. Es war eine Sache, sich um sie zu kümmern, doch was brachte ihm das? Wenn sie wenigstens eine Blick an ihn verschwenden würde.
Er verließ die Wohnung wieder. Er war lange genug weg gewesen. Sie würden nicht gleich merken, dass er hier war. Jungkook hatte sein Handy, dass die ganze Zeit beim Brunnen gelegen hatte, wieder angemacht, wohl wissend, dass es bei Jongdae einen Alarm darüber geben würden und dass er jemanden schicken würde um ihn einzusammeln. Er schuldete ihm immerhin den Lamborghini, den er geborgt hatte. Haha. Immer noch so lustig, Taehyung.
Die Handys waren verwanzt und mit dem Wissen hatte Jungkook es auch auf einen Lastwagen geworfen, der wenn man dem Kennzeichen traute... auf dem Weg nach China war. Wie dem auch sei. Jemand schlaueres würde wohl misstrauisch werden, warum Jungkook so dumm sein sollte, es nach Wochen wieder anzuschalten, doch Jongdae würde es nicht in Frage stellen, denn er wäre locker blöd genug dazu.
Die Zeit würde schon ausreichen.
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Curare Teil I
FanfictionAls der 23-jährige Koreaner Namjoon sich verliebt zweifelt er selbst ein wenig [oder eher ernsthaft] an seiner mentalen Verfassung, denn seine große Liebe ist nicht etwas eine junge, hübsche Frau oder - for gods sake - ein schnieke Typ, nein ... sei...