Taehyung
Taehyungs Verstand war wattig. Er versuchte sich zu erinnern, das das Letzte war, an das er sich erinnern konnte, doch es war so unsagbar anstrengend und bereitete ihm Kopfschmerzen.
Doch vielleicht war es auch gar nicht so wichtig, denn wenn soweit er es beurteilen konnte lag er in einem Bett. Bett war schon mal nicht übel. In der Regel schlossen Betten Kerker, Mägen, Brücken, Waldsenken und alle anderen Orten an denen am lieber nicht aufwachen wollte schon mal aus. Bett war also gut. War es dann auch noch warm und weich hatte man eigentlich keinen Grund sich zu beschweren.
Was ihn jedoch irritierte war die Wärmequelle um die er die Arme geschlungen hatte. Offensichtlich war er nicht alleine. Im Grunde fiel ihm zwei Personen ein, die es brachten sich zu ihm ins Bett zu legen: Lilly und Jimin. Seine Geschwister hatte manchmal eben nicht besseres zu tun, als ihn in seinem eigenen Bett zu behelligen, vor allem wenn die Zeiten unschön waren und man die Nähe des anderen einfach brauchte.
Taehyung schlug die Augen auf und versuchte sich im Dunkel des Raumes zu orientieren. Offensichtlich war er in der 77, also einem der Krankenzimmer und langsam meldet sich in seinem Hinterkopf die Erinnerung. Er war gebissen worden, weil sein werter Herr Mate abgehauen war und er für einen Moment unachtsam gewesen war.
Eigentlich war es so dämlich. Im Grunde konnte Jungkook auch nicht wirklich was dafür, schließlich war es Taehyungs Aufgabe professionell zu bleiben, wenn andere Scheiße bauten - wie zum Beispiel wieder nach Korea abzuhauen, ohne den eigenen Mate vorzuwarnen. Doch das verschwinden seiner Matebindung hatte ihn einfach dermaßen irritiert, dass er sich für einen Moment nicht hatte helfen können und er seinen Blick völlig unsinnigerweise in die Richtung gewandt hatte, in der der Brunnen war.
Dieser Junge machte ihn wahnsinnig. Jetzt musste er sich wieder Gedanken machen, wie er ihn wiederfand und- ein kleines Funkeln. Taehyung war einen Blick auf die Person neben ihm. Was er irgendwie in seinem Dusel für Jimin gehalten hatte entpuppte sich als Jungkook. Wow. Na, Mensch, dann war ein Problem doch schon mal behoben.
Jungkook lag ihm mit dem Rücken zu und Taehyung stützte sich leicht über ihn um sich davon zu überzeugen, dass das da neben ihm tatsächlich sein Mate war, denn im Moment würde er es eher Jimin zutrauen sich spontan die Haare zu schwärzen, als dass er Jungkook zutrauen würde sich zu ihm zu legen. Doch der lag tatsächlich neben ihm und schlief. Taehyung seufzte erleichtert.
Sanft fuhr er Jungkook durch die schwarzen Strähnen. Er war froh den jungen Mann unbeschadet zu sehen. Nicht auszudenken er wäre drüben in Korea wieder seinen Kollegen in die Hand gefallen. Die hätte ihn nach der Lamborghini-Sache sicher nicht noch mal davon kommen lassen. Was dachte sich Jungkook nur dabei? Wahrscheinlich gar nichts. Mit einem kleinen Stechen im Herz musste Taehyung feststellen, dass er vor allem nicht an ihn gedacht hatte.
Er strich Jungkook nur weiter durchs Haar und schob das Gefühl beiseite. Er war ja wieder da und es machte keinen Sinn deswegen Streit anzufangen, er wusste schließlich genau, wie schwer sich Jungkook mit all dem hier tat und dass er sich zu ihm ins Bett gelegt hatte war dementsprechend eine unerwartet positive Entwicklung.
Jungkook regte sich plötzlich und Taehyung zog schnell seine Hand wieder zurück. "Shhh. Ich wollte dich nicht wecken, Jungkook, schlaf weiter", beschwor er ihn mit sanfter Stimme, doch das schien Jungkook erst Recht zu wecken, denn er schlug die Augen auf und setzte sich mit einem "Taehyung!" ruckartig auf. Dumm nur, dass sich Taehyung noch immer über ihn stützte- Wie dumm das war, das bemerkte er in dem Moment als ihre Köpfe unsanft zusammenstießen.
Jungkook ließ sich wieder zurück sinken und auch Taehyung hielt die Stirn und ließ sich erst einmal zur Seite kippen. Der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Das hatten sie sich sicher beide anders vorgestellt.
Irgendwie war es ja auch bezeichnend. Sie mussten sich noch so sehr an einander gewöhnen und bis sie das geschafft hatten würden sich wahrscheinlich noch öfter gegenseitig auf die Füße treten. Aber Schmerz verging doch, oder etwa nicht?
Taehyung konnte sich nicht helfen. Eigentlich war es gar nicht lustig, aber vielleicht war es einfach seine Art von schrägen Humor. Auf jeden Fall prustet er zunächst, bevor er tatsächlich los lachte. "Was ist so lustig?", wollte Jungkook mit schmerzerfüllten Unterton wissen, doch Taehyung lachte nur noch mehr. Jungkook schien das hinzunehmen und schenkte ihm einen scheuen Blick.
Doch dann schien ihm aufzufallen, dass er mit Taehyung in einem Bett lag und er versuchte sich an einer Flucht und wollte vom Bett rollten. Taehyung war jedoch schneller als er und schlang seine Arme erneut um ihn. Er war nicht wirklich bereit seinen Mate schon wieder ziehen zulassen. "Wo wollen wir denn hin?", fragte Taehyung und Jungkook versuchte sich freizuzappeln. "In mein Zimmer?!", schnappte er ein und versuchte Taehyung los zu werden. "Hast du überhaupt schon eins? Jungkook halt still oder ich setz mich auf dich drauf", drohte er sacht knurrend.
"Wag es nicht", zischte Jungkook. Warum war er jetzt wieder so unnahbar? Warum machte man mit Jungkook immer einen Schritt vor und zehn zurück? Es war fast frustrierend. "Das ist alles mehr als unangebracht." Taehyung schnaubte und ließ ihn noch immer nicht los, denn er fürchtete, dass Jungkook nur wieder abhauen würde, wäre ja nicht das erste Mal. "Du bist mein Mate und du hast dich zu mir ins Bett gelegt", gab Taehyung an.
"Aber nur, weil du tot warst. Oder so was in der Art. Ich habe nur Lilly ersetzt. Lass los, Mann", forderte Jungkook und zappelt nur weiter. Gefühle von ihm schwappten zu Taehyung rüber und Taehyung begrüßte den Blick in Jungkooks Innerstes. Wie schon fast gewohnt hatte Jungkook Angst. Warum hatte er nur solche Angst vor ihm? Außerdem spürte Taehyung Jungkooks heillose Überforderung und ... ein massives schlechtes Gewissen? Was hatte er bitte ausgefressen?
Taehyung wurde das Gezappel langsam zu bunt. Also machte er seine Drohung wahr. Er zog den schlanken Mann über sich hinweg und nutze den Schwung, um sich über ihn zu schwingen. "Jungkook, halt endlich still." Jungkook wurde leicht rot und gab endlich Ruhe. Ging doch.
"Warum hast du so ein schlechtes Gewissen?", fragte Taehyung direkt. Jungkook schwieg für einen Moment irritiert, doch dann kniff er die Lippen zusammen. "Ich hab kein schlechtes Gewissen", presste er hervor. "Ich bin der Flieder, ich spüre es", erwiderte Taehyung. "Dann hör auf damit!", herrschte Jungkook ihn an und Taehyung schnaubte genervt. "Ich kann nicht! Und ich will auch gar nicht, schließlich ist es alles was ich von dir bekomme, weil du nie mit mir redest und ständig nur vor mir abhaust."
Jungkooks Augen wurden schmal. "Wer ist denn vor wem abgehauen? Du bist bei mir eingebrochen, durch meine Wohnung geschlichen, hast mir ein hässliches Foto geklaut, deinen Lenorgeruch verteilt, hast für Durchzug gesorgt und bist von meinem Balkon gesprungen, du Totalausfall!", regte er sich auf, "Ich dachte ich dreh durch!"
Taehyung wusste darauf gar nichts zu erwidern. "Wieso, mhm?" Taehyung seufzte. "Ich wollte dich nicht aus deiner Welt reißen..." Jungkook runzelte die Stirn. "Und warum bist du dann doch gekommen?" Taehyung zögerte einen Moment unsicher, doch dann sah er Jungkook unverwandt an. "Weil ich es nicht schaffe ohne dich zu leben."
Er ließ von Jungkook ab und sich wieder erschöpft aufs Bett sinken. Sollte er ihn doch verlassen. Mal wieder. Langsam gewöhnte er sich dran.
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Curare Teil I
FanfictionAls der 23-jährige Koreaner Namjoon sich verliebt zweifelt er selbst ein wenig [oder eher ernsthaft] an seiner mentalen Verfassung, denn seine große Liebe ist nicht etwas eine junge, hübsche Frau oder - for gods sake - ein schnieke Typ, nein ... sei...