#122 Die sehen doch alle gleich aus

1.1K 186 145
                                    

Jungkook

Träge suchte sich der junge Mann seinen Weg durch die Gänge des Palastes. Er hatte etwas, dass er noch nie gehabt hatte und mit dem er entsprechend nichts anfangen konnte und das war dieses Mal nicht ein flatterndes Herz wegen einem Mann... nein, gemeint war ein freier Tag.

Ernsthaft. Freizeit. Was ist das? Was sollte er machen? Jungkook hatte keine Hobbies, es sei denn man konnte Einbruch-Diebstahl als Hobby bezeichnen. Der Schwarzhaarige war einfach überfordert. Mit sich selbst.

Er konnte auch nicht den ganzen Tag in der Küche bei Jin Hyung herum hängen, schon gar nicht im Thronsaal bei Namjoon Hyung, denn da war Yoongi.

Jungkook ging dem König aus dem Weg, doch in seinem Inneren wusste er, dass der grummelige Stevia gar nicht mal so übel war.

Yoongi. Dem konnte man trauen. Der war wenigstens gemein. Ihja, diese Logik sollte jetzt einmal nicht hinterfragt werden. Der Punkt war, dass Jungkook nicht sagen konnte, was von dem, dass sich ihm offenbarte echt war und was nicht. Deswegen Yoongi. Er sagte was er dachte, er hatte das Herz auf der Zunge, deswegen vertraute ihm Jungkook, zumindest irgendwie.

Dasselbe galt irgendwie für Thannam. Sie war wie Namjoon, nur in grumpy, hübsch und weiblich. Er hatte gar nicht mir ihr reden wollen, er hatte es aus Versehen getan und sie war seiner Meinung, was die Matebindung anging. Es war schwer zu verdauen. Doch sie hatte Recht, wenn sie sagte, dass es nicht anders lief, als das normale sich verlieben... nur viel schneller und effektiver. Das machte sogar in Jungkooks Augen Sinn.

War es nicht tatsächlich so, dass man sich nie aussuchte, in wen man sich verliebte? Die Gefühle kamen von allein und sie gingen von allein. Es war interessant gewesen, sich darüber zu unterhalten mit jemanden, der, genau wie er selbst, trotzdem unzufrieden damit war, sein Herz überhaupt öffnen zu müssen.

Doch irgendwie hatte die Unterhaltung mit der kühlen Rose geholfen, seine Situation zu akzeptieren und wenigstens darüber nachzudenken, wie er es ums verrecken hinbekommen sollte, sich dem Flieder zu nähern.

Thannam war eine gute Zuhörerin und er konnte sich mit ihr identifizieren. Auf die Kette bekamen sie es trotzdem beide nicht und das machte sie zu Leidensgenossen. Sie hatten sich noch ein bisschen weiter unterhalten, nachdem er ihr erst mal erklärt hatte, was eine Noona war. Sie wies ihn nicht ab, was das anging, sie sagte viel mehr, es sei ihr egal, aber Jungkook wusste es besser, denn das Lächeln daraufhin hatte sogar ein paar Grübchen offenbart.

Noch während sie fertig aßen, hatte Thannam eine Nachricht von Jimin auf ihren Pieper bekommen. Er hatte Hoseok eingeholt, doch sie schien sich nicht unbedingt zu freuen. Sie war zerrissen, denn sie  machte sich Sorgen um alle beide. Sie liebte Jimin und Hoseok, keine Frage, sie wollte sie glücklich sehen, aber sie glaubte nicht dran, dass sie zusammen glücklich werden konnten.

Das war jedoch schon ein paar Tage her und seit dem hatte Jimin nichts weiter geschrieben, als dass er Hoseok jetzt folgte und ihn beschützte. War doch alles verwirrend. Doch noch verwirrender fand Jungkook sein eigenes Matedasein... und seine Langeweile, Freizeit war wirklich nicht sein Ding.

Vielleicht suchte er einfach nach Lilly Noona, aber auch sie würde arbeiten sein und dann war sie gleich gar nicht mehr greifbar, denn sie war nun mal immer unterwegs. Draußen. Im Sumpf. Gruselig.

Der junge Schwarzhaarige konnte sich nicht dagegen wehren, dass er über alles mit Lilly sprach. Er hatte es sich ein paar Tage verkniffen. Doch dann hatte er wieder damit angefangen, denn es war so befreiend einer Grünlilie Scheiß zu erzählen und sie wusste ohnehin alles, also machte es keinen Unterschied mehr, wie ihm einfach klar wurde. Es war sogar ein Vorteil, dass sie jetzt antworten konnte.

Sie hatte sich ohne es zu bemerken bewährt, denn sie hatte nichts, wirklich gar nichts, weitererzählt, obwohl sie es hätte tun können. Es gab Dinge die wussten nicht mal seine Hyungs und dabei war es geblieben. Man könnte meinen, dass Lilly ein Plappermaul sei, doch das war sie nicht.

Er suchte also öfter ihre Nähe, erzählte ihr, was ihm durch den Kopf ging und war seltsam zufrieden damit.

Jungkook rückte seine Brille gerade und nahm sich vor, sie mal zu fragen, was er mit einem freien Tag machen sollte, um Gottes Willen. Wer brauchte sowas? Er würde den Tag ja nutzen, um Sachen über Tae herauszufinden, die er nutzen konnte, um besser mit ihm auszukommen, doch es war keiner da, den er fragen konnte. Tae selbst wollte er nicht fragen, so awkward war nicht mal Jungkook.

Es gab niemanden, den er fragen...

Doch.

Es gab Jemanden. Ohne zu Zögern machte sich Jungkook auf den Weg. Seine Füße trugen ihn in die Flughalle, wo sie Kapseln lagerten, solange sie nicht benutzt wurden. Der junge Mann erklärte sich selbst für verrückt, dass er davon ausging Antworten von einer KI zu bekommen, aber ... Landaretechnik! Plus: Er hatte so oder so eine milde Bewunderung für Nada.

Sein Blick glitt über den Hanger und er musste erst mal ausmachen welche die Kapsel war, die er brauchte. Auf den ersten Blick sahen sie alle gleich aus, also versuchte er es mit Ausschlussverfahren.

Die Kleinste war es schon mal nicht. Da Starfighter unterwegs war, konnte das also nur Missy sein. Die größte Kapsel war Tonia, Thannams Kapsel. Diese war kaum von Tao zu unterscheiden. Es waren noch zwei mittelgroße Kapseln am Hanger. Eine davon musste Nada sein. Er wählte einfach eine und ging auf diese zu.

Er drückte auf gut Glück die Taste neben der Tür und tatsächlich ging die Kapsel auf und er konnte einen Blick hinein werfen, doch er sah gleich, dass das nicht Nadas Innenleben war. "Nicht Nada", murmelte er.

"NeEin FrReMdERR", sagte eine blecherne Stimme tiefgelangweilt. Jungkook blinzelte. "Du hast eine Sprachausgabe", stellte er fest. "JaH." Eine komische Sprachausgabe, die die Wörter nicht richtig aussprechen konnte und sie so angepisst klang, dass alles ziemlich böse rüber kam.

"Ich wollte eigentlich zu Nada", meinte Jungkook und machte wieder einen Schritt zurück. "StEht NEeBeN MiiR, iCh BIin SaNcHan." Aha. Sanchan. Er nickte. "Ja gut, dann klopte ich mal nebenan. Entschuldige die Störung." "GeH nIiChTt." Er runzelte die Stirn und neigte dann den Kopf. Wem gehörte diese Kapsel? Warum war sie die Einzige mit einer Sprachausgabe und warum war diese dermaßen Scheiße?

Er trat noch weiter zurück und drückte wieder den Knopf für die Tür. "Ich komme wieder", sagte er und ging dann die paar Schritte weiter, wo Nadas Tür gleich von allein  aufging. Die Kapsel blinkte auf und Jungkook seufzte.Er erklomm die kleine Treppe und kletterte in den Innenraum der Kapsel.

So ziemlich alle Lichter die sie hatte, blinkten einmal auf und auf dem Besucherboard schrieb sie ein langezogenes  KOOKIEEEEEEEEEEEEE und ein paar random Symbole und Buchstaben. "Hör auf zu fangirlen", brummte Jungkook und setzte sich in den Pilotensitz. Er zog ein Bein an und checkte erst mal alle drei Monitore, damit er sicher gehen konnte, nichts zu verpassen.

Sie fangirlte immer noch und Jungkook wartete, bis sie ihre einsame Raveparty beendete. "Nada, ich muss dich was fragen. Über Taehyung."

Sicher.

Sie schloss die Tür. Jungkook riss die Augen auf. "Nada, mach die Tür wieder auf."

Aber dann können wir nicht fliegen!

"Fliegen?!"

Fliegen.

Die Kapsel startete.

Curare Teil IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt