Die nächsten Tage waren ein Krampf für Levi. Nachdem seine Mission erfolgreich gewesen war, wollte wieder jeder etwas von ihm. Seine Tür stand immer offen, für jeden. Levi selbst verstummte mit der Zeit. Er wollte die ganzen Leute nicht um sich haben.
Von Hange ganz zu schweigen. Sie reiste bis in den inneren Bezirk der Mauer Sina, um seine Rehabilitation an zu kurbeln. Sie kämpfte für ihn, obwohl er das gar nicht wollte.
Levi wurde in der Wartezeit aufgetragen, die nächsten Rekruten mit dem Ausbilder zusammen zu trainieren. Er war genervt davon. Auf einmal hielten ihn alle für eine Legende.
Für Demonstrationen an den Trainings Titanen war er sich dennoch nicht zu schade. Das einzig Gute an der Sache war, dass ihm langsam wieder Respekt und Autorität zugegen war. Niemand wagte es, sich ihm in den Weg zu stellen oder ihm zu widersprechen.
Nach einigen Wochen wurden die Besuche in seinem Büro auch weniger. Von Hange hatte er in der ganzen Zeit nichts gehört.
An einem sonnigen Morgen entschied sich Levi, mal etwas anderes zu machen, als den stetig versagenden Frischlingen beim Training zu zu sehen. Er entschloss sich zum Stall zu gehen, um seinen Hengst zu sehen.
Der Stall war menschenleer, wie immer. Niemand interessierte sich für die Nutztiere.
Levi hatte seinen Beutel Zuckerwürfel dabei, um seinem Hengst ein Leckerchen zu gönnen. Er nahm sie jedes mal mit, wenn er einen Tee bekam. So sammelten sie sich schnell in seinem kleinen Beutel.
Als er den Stall betrat musste er erst an Miras Box vorbei. Ihm fiel auf, dass das Pferd in der Box lag. Was für Pferde ziemlich untypisch ist. Ihre Futterbox war ebenfalls randvoll. Sie sah im allgemein nicht sehr gut aus. Als wäre sie krank, wenn auch nicht körperlich. Levi ging trotz allem weiter zu seinem Hengst. Dieser stand bereits erwartungsvoll am Tor seiner Box. Er hielt die Nüstern raus und roch an Levis Hose. “Nana, nicht betteln.” Levi war ruhiger als sonst. Ihm war bewusst wie empfindlich Pferde sein können.
Der Hengst trat einen Schritt zurück, sodass Levi seinen Beutel von seinem Gürtel lösen konnte. Er holte 2 Würfel heraus und fütterte das Pferd. Genüsslich schlang das Tier die Würfel hinunter.
Levi sein Blick wanderte mit der Zeit öfter mal rüber zu Miras Box.
“Oh Truppführer, lange nicht gesehen. Er scheint sich immernoch über diese Dinger zu freuen.”
Levi erschrak nicht. Er hatte den alten Stallburschen schon von weitem gehört.
“Auch sie verdienen etwas Zucker in ihrem erbärmlichen Leben.”
Er richtete seinen Blick auf den Hengst und gab ihm noch 2 Würfel. Danach schloss er den Beutel und sah zu dem alten Stallburschen, der angelehnt auf seine Mistgabel im Flur des Stalls stand.
“Sag mal, was ist mit der da drüben?” Fragte Levi und deutete auf Miras Box.
Der Stallbursche war aufmerksam geworden und kratzte sich am Hals.
“Naja, sie ist krank, nehme ich an. Seit Wochen frisst sie nicht mehr. So ein Tier können wir, naja also ihr Soldaten mein ich, nicht gebrauchen. Wahrscheinlich wird sie zum Metzger gebracht, wenn es bis Ende der Woche nicht besser wird.”
“Hat sie sich jemand mal angesehen?”
Der Stallbursche war verwundert über diese Frage. Dann lachte er plötzlich los.
“Sicher nicht, nein Truppführer. Das ist das beste was ich heute gehört habe!” Er lachte laut weiter. Schüttelte den Kopf und ging mit seiner Mistgabel wieder in eine der Boxen, um sie zu Misten.
Levi hielt nichts von dem Burschen. Sein ganzes Leben arbeitete er für die Tiere und respektierte deren Leben nach wie vor kein Stück.
Levi ging zu Miras Box. Er versuchte sie mit Pfeifen an zu locken und mit klickenden Geräuschen, doch nichts half. Das Pferd reagierte auf garnichts.
Wie ein Blitz schoss ihm dann eine Erinnerung durch den Kopf.
Er sah Ina neben sich, wie sie in einem ihrer Stiefel wühlte. Levi erinnerte sich, dass sie Karotten heraus zog und die Stute sich darauf stürzte.
Er ging zum Stallburschen in die Box und sah ihn von oben herab an.
“Sag mal, gibt es hier Karotten?”
Verwundert, wenn nicht schon entsetzt, blickte der Bursche hoch zu Levi. Wieder fing er an wie am Spieß zu lachen.
“Was habt ihr denn für Vorstellungen, Truppführer? Der Tag wird immer besser. Ihr solltet öfter kommen!”
Levi hielt es nicht mehr aus. Der ewige Spott wurde ihm zu viel. Er nahm sich die Mistgabel und stach dem Burschen durch seinen Ärmel, sodass dieser am Boden neben dem Pferdemist hängen blieb. Dann packte er ihn an den Haaren und drückte ihn mit dem Gesicht fast bis auf die nächsten Pferdeäpfel.
“Jetzt wird der Tag erst richtig schön. Antworte mir du Nichtsnutz. Wo sind die Karotten?”
Ängstlich vor der plötzlichen Gewalt des Truppführers, stammelte der Bursche vor sich hin.
“E-e-es t-tut mir leid. A-aber wir h-haben keine K-k-karotten hier.”
Levi drückte seinen Kopf noch etwas näher an den Mist.
“Das Mädchen hatte immer welche in ihrem Stiefel. Also raus damit. Wo sind sie?”
Der Bursche schien plötzlich zu überlegen. “M-mädchen sagst du? Meinst du etwa Ina?”
Levi stockte der Atem kurz. Er ließ den Kopf los und stand auf. Er kehrte dem Burschen den Rücken zu.
“Du kennst sie?” Fragte er kalt. Der Bursche versuchte vergeblich die Mistgabel aus seinem Ärmel, aus dem Boden zu ziehen, an dem er immer noch fest hing.
“Ja! Selbstverständlich kenne ich sie. Ziemlich nervige Göre, wenn ich das erwähnen darf. Andauernd hat sie nach dieser Stute gefragt und mich genervt. Als ob ich hier jedes Pferd beim Namen kenne. Die wechseln ihre Boxen öfter, als ich meine Socken. Unmöglich da den Überblick zu behalten.”
“Aber du hast ihr die Karotten gegeben, oder nicht?”
Der Bursche rüttelte immer noch an der Mistgabel.
“Was hatte ich denn für eine Wahl? Sie hätte mich nie in Ruhe gelassen.” Weiter zog er an der Gabel, aber ohne Erfolg. Levi war zu kräftig und hatte sie zu tief in den Boden geschlagen. Sie hing fest.
Der Bursche redete weiter. “Sie drohte mir damit, bei meinen Vorräten ein zu brechen. Sie hätte es sogar fast geschafft. Also habe ich ihr ein paar Karotten gegeben.”
Levi bückte sich wieder runter zu dem Burschen.
“Also, hast du ja doch welche.” Er nahm den Stiel der Gabel in die Hand und drückte sie noch ein Stück weiter in den Boden.
Der Bursche wurde nervöser, ihm lief ein Schweißtropfen über die Stirn.
“Naja, vielleicht, kann es sein, dass ich noch ein paar übrig habe.”
Levi sah ihm in die Augen. Mit einem tödlich kalten Blick riss er die Gabel aus dem Boden. Sie brachte so einen Schwung mit, dass der Bursche durch den Ruck von Levi, mit dem Kopf voraus, doch noch in die Pferdeäpfel fiel.
“Na mach schon, gib sie mir,.. bitte.”
Der Bursche stand auf und wischte sich die groben Reste vom Mist aus dem Gesicht. “Du solltest hier gründlicher sauber machen. Es stinkt nach Scheiße.”
Der Bursche lief gekränkt am Truppführer vorbei und ging zu Miras Box. Davor hingen Inas Reitstiefel. Das Paar, welches sie in der Freizeit trug, hing an einem Haken nah der Tür von Miras Box.
Levi sah dem Burschen neugierig hinterher. Der Bursche nahm einen Stiefel herunter und warf ihn zu Levi.
Der ungläubige Truppführer fing den Stiefel und sah hinein. Tatsächlich hatte sie dort ein paar Karotten versteckt.
“Dabei hab ich sie jedes mal beobachtet. Aber ich hab mich nie getraut sie heraus zu nehmen. Die Göre ist zu gefährlich.”
Levi sah den Burschen an. Leere in seinen Augen machte sich breit.
“Sie war. Auf der letzten Mission starb sie.”
Der Bursche erschrak. “Was sagt ihr da? Diese Göre? Das kann nicht sein. Sie ist so schlau und..”
“Das ist sie aber. Sie wird dich nicht mehr belästigen.”
Levi sah in den Stiefel und ging an dem Burschen vorbei. Dieser begann mit den Tränen zu kämpfen. Schluchzend drehte er sich um zu Levi.
“Bitte, Truppführer. Ist sie gefressen worden? Ging es schnell? Wart ihr dabei?”
Levi blieb stehen. Drehte sich aber nicht um. Er überlegte und hatte wieder die Szene im Kopf, die ihn seit dem Tag verfolgte.
“Ja, ich war dabei und nein, sie wurde nicht gefressen.” Er machte eine Pause und nahm die Karotten aus dem Stiefel. Dann platzierte er diesen wieder an der Wand. Noch bevor er den Stiefel los ließ sagte er. “Sie wurde weggeworfen, wie Müll. Diese Drecksviecher hatten nicht mal Interesse daran, sie zu fressen.”
Der Bursche wurde blass und drehte sich um. Er ging still wieder an die Arbeit.
Levi sollte das recht gewesen sein. Er wollte nicht mehr darüber nach denken.
Stattdessen ging er zu Mira an die Box. Er hielt ihr eine Karotte hin.
“Da hast du. Verwöhnter Gaul.” Die Stute regte sich nicht.
Levi wurde ungeduldig. “Na komm schon oder willst du auch sterben. Wie sie?”
Daraufhin hob das Pferd seinen Kopf und drehte die Ohren. Levi bemerkte die Bewegung.
“Du hast schon richtig gehört. Jetzt steh schon auf.”
Mira bewegte ihren Kopf. Es sah so aus, als würde sie ihn schütteln, um nein zu sagen.
“Ich weiß schon. Aber du musst essen. Komm jetzt, ich warte nicht ewig.”
Gezwungen stand das Tier auf und ging langsam zum Tor. Das wochenlange Hungern hatte Spuren hinterlassen. Mira sah dünn aus, nicht mehr trainiert. Ein paar Rippen zeichneten sich auch bereits ab.
“Wie siehst du nur aus. Du scheinst sie wohl auch zu vermissen. Hier nimm jetzt.”
Mira schnupperte an der Karotte und nahm sie vorsichtig aus Levis Hand.
“Das würde sie mir nie glauben, nicht wahr?” Levi sah auf seine Hand. Es waren nur noch ein paar übrig.
“I-ich hab da was.” Diesmal hörte Levi den Burschen nicht kommen. Er drehte seinen Kopf zu ihm.
“D-das Pferd. Es hört ja auf euch, Truppführer.” Immer noch ängstlich und traurig sprach er weiter.
“Versteckt das in ihrer Futterbox. Ina hat das immer gemacht, dann frisst sie bestimmt auch das Heu.”
Levi sah zu dem Haufen, der sich in der Box befand. Er versuchte die übrigen Karotten dort hinein zu schieben. Nachdem er alle drin hatte streichelte er Miras Nacken, diese schnupperte bereits interessiert an dem Haufen.
“Was meintest du mit, du hast da was ?” Fragte Levi ruhiger.
“I-ich zeigs euch. Kommt mit.” Der Bursche wunk Levi zu sich und ging zur anderen Seite des Stalls hinaus. Levi folgte ihm.
Draußen hinter dem Stall waren angelegte kleinere Felder mit Gemüse und Kräutern. Ein paar Gewächshäuser waren auch da. Die Fläche an sich war zwar klein, sie reichte jedoch, um ein paar Leckereien für eine Person oder ein paar Pferde zu ernten.
“Was ist das hier?” Levi war überrascht.
“Das hat sie mit mir angelegt. Ihr Vater war ein Bauer. Sie hat mir gezeigt wie man sie groß zieht. Ina war nicht dumm wisst ihr. Ich dachte immer sie wüsste wie man überlebt.”
Levi war berührt von der Mühe, die sich Ina gegeben hatte.
“Also, hier hat sie auch die Karotten her. Warum hast du ihr Pferd nicht gefüttert?”
Der Bursche sah Levi ungläubig an.
“Was ich? Ach was. Die Stute rührt sich bei niemandem. Kein Soldat hat sie jemals an den Strick bekommen. Sie ist ein Teufel. Ihr seid der erste Mensch, neben Ina, den sie an sich heran lässt. Was glaubt ihr ,warum sie zum Metzger gebracht werden soll? Niemand kann etwas mit ihr anfangen. Doch eins sag ich euch. Ich habe Ina auf ihr reiten sehen. Und kein Pferd, dass ich je zu Gesicht bekam konnte mit ihr mithalten. In bester Form, ist die Stute das schnellste Pferd hinter diesen Mauern.”
Interessiert hörte Levi dem Burschen zu.
“Hmm, verstehe. Danke für die Auskunft. Entschuldige die Sache mit dem Pferdemist.”
Er klopfte dem Burschen auf die Schulter. “Bitte sorg dafür, dass das Pferd hier bleibt.” Levi war wie ausgewechselt. Sein Gemüt hatte sich beruhigt. Nach der Geste verließ er den Außenbereich mit dem Mini Garten.
Der Bursche überlegte kurz und lief ihm dann nach.
“Ach, Truppführer?” Levi drehte sich nicht zu ihm. Er blieb einfach stehen und hörte zu.
“Ich finde ihr solltet wissen, dass Ina mit der Stute geredet hat. Sie erzählte oft von euch. Ich glaube, sie hat euch bewundert.”
Levi drehte den Kopf zaghaft, um über seine Schulter zu gucken. Der Gedanke schmerzte ihn jedoch zu sehr. Er nickte einfach und verließ den Stall.
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Hearts and Souls of AoT
FanfictionEine völlig neue Attack on Titan Geschichte. Erlebt AoT völlig neu! Mit neuen Hintergründen, neuen Charakteren und neuen Missionen. Die ursprünglichen Charaktere, sowie andere Inhalte sind geschützt und weiterhin das Eigentum von Isayama! Dennoch...