43 (Ina & Levi)

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Nachdem Ina den Saal und das Gebäude verlassen hatte, suchte sie nach ihren Kameraden. Sie fand Hannah und Bernd mit Pepe zusammen auf dem Markt im Dorf, vor dem großen Gebäude. Die 3 waren dabei, neue Vorräte für den Trupp zu beschaffen.
Ina schlich sich an Bernd heran und erschreckte ihn, indem sie ihn in die Rippen piekste. Das große Muskelpaket zuckte zusammen und drehte sich schnell um. Er lachte, als er die kleine Ina sah und trat beiseite, damit sie auch mit Hannah und Pepe reden konnte.
“Hallo! Ihr seht aber gut beladen aus, kann ich euch etwas abnehmen?" Fragte Ina, als sie die zwei schleppen sah.
Gemeinsam gingen sie über den kleinen Markt, den die Bürger des Umkreises, für die Soldaten aufgebaut hatten.
Die Bürger, die damals aus Marley geblieben waren und die Siedlungen bewohnten, hatten eine andere Stadt zur Verfügung bekommen. Dort wurde auch Kolja hin gebracht.
Der ganze Nachmittag verging wie im Flug für Ina. Ehe sie sich versah, war es abends gewesen. Sie aß mit Bernd und Hannah in der Stadt, bevor sie sich auf ihre Zimmer begaben. Ina fiel auf, dass ihr noch gar kein Zimmer zugeteilt wurde. Sie beschloss daher, einfach bei Hannah zu bleiben.
Die beiden waren gerade dabei, neue Frisuren in Hannahs Haaren auszuprobieren, da klopfte es an ihrer Tür.
“Ja bitte!” Rief Hannah fröhlich. Die Tür öffnete sich. Hannah erschreckte kurz, als sie Levi durch ihren Spiegel in der Tür stehen sah.
“Hm? Hauptgefreiter, warum..” Hannah verstummte, bis sie sich an Ina hinter sich erinnerte. Selbstverständlich, war Levi ihretwegen gekommen.
“Komm, ich zeige dir dein Zimmer.” Sagte er kalt und drehte sich um.
Ina stand stumm neben Hannah. “Nanu? Das klang aber nicht nach einem Befehl, oder?”
Ina zuckte mit den Schultern und legte die Bürste in ihrer Hand beiseite.
“He, Becker. Trödel nicht.” Rief er, immer noch nicht so streng, wie sonst.
Ina kniff die Augen zusammen und folgte ihm schließlich. Sie verabschiedete sich von Hannah und schloss hinter sich die Tür von Hannahs Zimmer.
“Hauptgefreiter..” Sagte sie und sah Levi an einer Krücke gehen. Sie wollte ihn stützen, doch er lehnte ab.
Stumm liefen sie zu einem Zimmer, am anderen Ende des Ganges.
“Hier, das war für dich gedacht.” Levi deutete auf die Tür. Ina war verwirrt und öffnete sie. Sie trat in das unerwartet helle Zimmer ein und sah sich um.
“Das ist aber groß! Wozu sollte Historia mir so ein großes Zimmer geben?”
Levi blieb in der Tür stehen und sah ihr nach. Ina drehte sich in dem Zimmer hin und her. Ihr Blick fiel schnell auf das große Bett, welches in der Mitte an der Wand stand.
“Und wozu sollte sie mir so ein riesiges Bett geben?” Ina freute sich und sprang mit Anlauf auf das weiche Federbett. Sie dachte währenddessen nach und setzte sich auf.
“Ich habs! Das ist wegen der Sache mit dem Generals Quatsch, oder?” Ina rutschte nach vorn an das Fußende des Bettes. “Ich hoffe für euch, dass ihr so ein ähnliches Zimmer bekommt! Das Bett ist unglaublich weich!”
Levi stand noch immer im Türrahmen. Er sah zu Ina aufs Bett und blieb still.
Sie ließ sich erneut fallen und schloss kurz die Augen.
“Becker, das ist nicht wegen der neuen Stelle.” Sagte Levi kalt. Ina blickte an die Decke. Sie konnte sich keinen Reim daraus machen, also setzte sie sich auf und sah Levi fragend an. Sie sah Levi noch immer in der Tür stehen und blickte sich erneut in dem Zimmer um. Erst jetzt fiel ihr auf, dass ihre und auch seine Uniform an einem Kleiderschrank aufgehängt waren. Sie wandte ihren Blick wieder zu Levi und erschreckte.
“Wie bitte? Die wollen, dass wir?”
Levi trat ein und schloss die Tür hinter sich. “Du hast es also verstanden.”
Ina wurde wütend. “Diese miese Kleine.. Das ist alles nur wegen..” Levi unterbrach ihr Fluchen.
“Nein, das ist wegen mir. Ich habe sie öffentlich und an ihrer eigenen Tafel zur Schau gestellt. Sowie auch dich. Verzeih Ina.” Er setzte sich auf einen Stuhl im Raum und stellte die Krücke an die Seite.
Ina stand vom Bett auf. “Aber, wieso entschuldigt ihr euch denn?”
Levi sah aus dem Fenster. “Sie sollte sich entschuldigen! So etwas Unverschämtes!" Sagte Ina, während sie im Zimmer auf und ab lief. Sie schien dabei zu vergessen, dass Levi noch da gewesen war.
Nach einiger Zeit blieb sie stehen und sah zu ihrer Uniform.
“Verzeiht, Hauptgefreiter. Es fühlt sich trotz allem so an, als wäre ich schuld an der ganzen Lage hier. Ich werde bei Hannah übernachten, sodass ihr das Zimmer allein für euch nutzen könnt.” Ina salutierte und sah zu Boden. Sie schämte sich, selbst wenn sie gar nicht wusste, wofür. Sie trat ab, bevor Levi etwas sagen konnte. Sie ging stur zu dem Schrank, an dem ihre Uniform hing und nahm den Bügel herunter.
Ina holte tief Luft und tankte Mut, um einfach wieder an Levi vorbei und hinaus zu gehen.
Sie drehte sich um und sah zu Boden, damit sie Levi nicht ansehen musste. Ihr Blick fiel sofort auf ein Paar schwarze Stiefel, die genau vor ihr standen. Inas Augen wurden groß, sie hob den Kopf und sah Levi, genau vor sich stehen. Vor Schreck ließ sie ihre Uniform fallen.
“Hab ich gesagt, dass du gehen sollst?” Fragte er leise. Ina wurde leicht rot und schüttelte den Kopf.
“N-Nein, Hauptgefreiter.” Antwortete sie kurz. Levi sah der Uniform hinterher.
“Warum tust du es dann?” Fragte er immer noch genervt und kalt. Ina schnaufte und ging in die Hocke, um ihre Uniform aufzuheben.
“Ich wollte einfach nicht..” Ina wurde unterbrochen.
“Was? Dass ich mich mit deinem Schmutz auseinandersetzen muss? Wie rücksichtsvoll, Becker.” Sagte er hämisch. Ina sah ihn wütend von unten an.
Levi stützte sich mit der Achsel auf die Krücke und streckte eine Hand zu Ina aus. “Sei nicht dumm Ina.” Ina sah ihn verwundert an, griff aber nach seinem Handgelenk und ließ sich, mitsamt der Uniform, hinauf ziehen. Levi ließ sie nicht gleich los, als sie standen.
“Ist es denn für euch in Ordnung, wenn..?” Sie sah auf das große Bett und wieder zurück zu Levi.
Dieser folgte ihrem Blick. “Ich verstehe. Es steht dir natürlich frei zu gehen, wenn du willst.” Sagte er nachdenklich und ließ sie los.
Ina sah, dass er erst jetzt ihre Gedanken teilte. Sie lächelte leicht und hängte die Uniform wieder hin.
“Ach was, das, muss ja nichts heißen. Außerdem kann ich so dafür sorgen, dass ihr nichts Dummes anstellt!”
Levi sah sie mit großen Augen an. “Du musst wirklich nicht..” Sein Blick fiel wieder auf das Bett.
“Setzt euch, na los. Ich möchte nach dem Bein sehen.” Sagte sie und lächelte Levi an.
Er ging an der Krücke zurück zu dem Stuhl und setzte sich.
Ina suchte sich in dem Schrank neue Verbände zusammen und schloss ihn wieder.
“Das war bestimmt Pepe. Sie weiß ganz genau, was ich brauche!” Ina lächelte und stellte das Verbandsmaterial auf den kleinen Tisch, neben Levi.
Er folgte ihr mit den Augen und suchte eine Flasche mit Alkohol, wie sie Ina beim letzten mal verwendet hatte.
“Keine Sorge, dafür werde ich das Zeug nicht brauchen.” Sagte sie und schmunzelte. Sie kniete sich vor Levi und band den Verband ab. Levis Bein war gebrochen und brauchte stützende Stangen, damit es gerade verwachsen konnte. Ina nahm die Stangen heraus und tastete das Schienbein ab.
Es war noch immer blau und geschwollen, jedoch nicht mehr so schlimm, wie vor einem Monat.
“Erstaunlich. Eure Wunden heilen gut. Die Rippen sind bereits wieder verheilt, habe ich Recht? Pepe hat mir vorhin davon erzählt.”
Levi nickte nur und beobachtete Ina weiter. Sie kontrollierte die Nähte an den tieferen Wunden und säuberte sie mit einfachen Tüchern.
“Wieso hast du Kolja freigesprochen?” Fragte Levi plötzlich. Ina hob ihren Kopf.
“Naja, wie ich sagte, er ist ein guter Kerl und verdient den Tod nicht.” Sie legte die alten Tücher beiseite und nahm die Stangen zur Befestigung. “Außerdem sollte das Töten endlich ein Ende haben. Ich will nicht noch mehr Menschen sterben sehen.” Ina wurde nachdenklich.
“Warum hast du diese beschissene Stelle dann angenommen?” Fragte Levi leicht verzweifelt.
Ina lächelte. “Wieso fragt ihr das? Habt ihr etwa Angst, dass ich euch Befehle erteilen würde?” Sie sah amüsiert hinauf zu Levi, welcher sich abwandte.
Ina schubste eine Stange provokativ zurecht, damit Levi wieder zu ihr hinab sah.
“He! Sei vorsichtig! Der Scheiß tut weh.” Sagte Levi wütend.
“Ich muss sie schon zurecht rücken. Sonst werdet ihr nicht mehr richtig laufen können. Später meine ich.” Sie lachte.
Als sie fertig war, begann Ina die übrigen Sachen weg zu räumen.
“Jetzt sag schon, warum hast du die Stelle angenommen?”
Ina stopfte alles in den Schrank und schloss ihn einfach wieder. “Nun, ich hatte nicht wirklich eine Wahl, oder?” Sie zuckte mit den Schultern und ließ sich auf das Bett fallen.
“Du hättest nein sagen können. Du hättest irgendwas sagen können.” Fügte Levi ein.
Ina lachte. “Was wäre dann wohl passiert?” Fragte sie und sah an die Decke.
Levi saß noch immer auf dem Stuhl und sah aus dem Fenster.
Ina hob ihren Kopf, als keine Antwort kam. “Hauptgefreiter?” Fragte sie leise.
Levi sah durch die Augenwinkel zu ihr.
“Was meint ihr, wäre wohl passiert, wenn ich abgelehnt hätte?” Fragte sie ernst und nachdenklich.
Levi sah zurück aus dem Fenster und zuckte mit den Schultern. “Ist doch egal. Du hast sie wohl abbekommen. Jetzt musst du damit leben.” Er stützte sich auf den Lehnen des Stuhls ab, sodass er nach der Krücke greifen und aufstehen konnte. Ina sah ihm dabei zu, jedoch ohne ein zu greifen. Levi humpelte Richtung Bett und setzte sich ans Fußende.
“Habt ihr schon etwas gegessen?” Fragte Ina nervös, als sie die Schwingungen des Bettes spürte.
Levi, der damit beschäftigt war, seinen Stiefel auszuziehen, sah auf und überlegte.
“Nein. Habe ich nicht.” Sagte er nach längerer Bedenkzeit.
Bevor er sich versah, stand Ina, bereits unter einem Umhang, an der Tür.
“Wo willst du denn jetzt wieder hin, Becker? Es ist spät!” Stellte Levi genervt fest.
Ina zuckte mit den Schultern. “Ihr müsst etwas essen!” Sagte sie schnell und verließ das Zimmer.
Draußen angekommen, atmete Ina tief durch und ging Richtung Vorratskammer.
Dort angekommen hörte sie sich erst um, ob jemand vor Ort war. Als niemand antwortete, trat sie ein.
Sie suchte Obst und Brot zusammen, damit sie auch etwas zu Essen hatte. Nach kurzer Zeit hörte sie jemanden niesen.
Ina hob ihren Kopf aus einer Kiste, in der Äpfel gelagert wurden.
“Hm? Hallo?” Fragte sie, doch niemand antwortete. Ina war das unheimlich. Sie beschloss, die Kammer zu verlassen und wieder hinauf zu Levi zu gehen.
Sie trat langsam rückwärts und sah sich nach demjenigen um, der geniest hatte.
Kurz bevor sie die Treppe erreichte, klatschte sie mit dem Rücken an den Rücken von jemand anderem.
Ina drehte sich schnell um und ließ ihre Vorräte fallen. Sie hüpfte beiseite und entdeckte Bernd, der sich ein Taschentuch vor die Nase hielt.
“Was Bernd? Was zum? Hast du etwa genießt?” Fragte sie und begann zu lächeln. Bernd nickte. Er hatte verstanden, was Ina ihn gefragt hatte.
“Ja, selbstverständlich. Du hast mich nicht gehört, also konntest du auf die Rufe ja auch gar nicht antworten. Warum hast du genießt?” Fragte sie interessiert, während beide die Vorräte von Ina aufhoben.
Bernd deutete auf eine Kiste in der Nähe der Tür. Ina sah, dass dort Mohnblumen heraus schauten.
“Du bist allergisch? Gegen Mohn?” Fragte sie überrascht.
Bernd nickte schnell, bevor ihm wieder ein Nieser aus der Nase rutschte. Ina lachte.
“Was machst du eigentlich hier?” Fragte sie leise.
Bernd klopfte auf sein 3D Manöver. Er hatte es in der Kammer reparieren lassen und diese Nacht abgeholt.
Er sah Ina fragend an und deutete auf ihren Arm mit Vorräten. “Oh das? Naja, weißt du, das ist für den Hauptgefreiten.” Bernd grinste. Ina wurde leicht rot.
Dann plötzlich, veränderte sich Bernds Gesichtsausdruck.
“Bernd? Was ist denn los?” Fragte Ina eindringlich, als sie die Augen ihres Freundes sah.
Bernd setzte sich auf die Treppe und nahm den Kopf in die Hände. Ina stockte, als sie den plötzlichen Sinneswandel von Bernd sah. Sie legte ihre Vorräte beiseite und hockte sich vor Bernd hin.
“He! Bernd!” Sie rüttelte an seinen Ellenbogen, die auf die Knie gestützt waren. Bernd schüttelte den Kopf in seinen Händen.
Ina ließ von ihm ab. Sie wartete kurz und stand auf. Sie beschloss, Bernd in den Arm zu nehmen. Kurz nachdem sie sich auf die Stufe neben ihm gesetzt hatte, ließ er seinen Kopf auf Inas Schoß fallen. Sie spürte, dass er weinte. Ina klopfte seine Schulter und versuchte, Bernd zu trösten, doch nichts schien zu funktionieren.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, hob Bernd seinen Kopf an. Er wischte sein Gesicht trocken und sah Ina mit rot unterlaufenen Augen an. Ina war erstaunt. Sie wollte gerade etwas fragen, da hob Bernd seine Hand und signalisierte ihr, dass sie warten sollte. Ina hob sich ihre Frage auf. Bernd musste erneut niesen.
Als er fertig war, sah er sie an. Ina fragte langsam.
“Ist es, wegen Franz?” Sie hatte den Namen noch nicht mal richtig ausgesprochen, da begann Bernd zu nicken. Seine Augen füllten sich erneut mit Tränen. Ina hielt ihre Arme offen, sodass er sie umarmen konnte. Bernds Statur erlaubte es Ina während der Umarmung nicht, sich zu bewegen, geschweige denn, zu atmen. Sie verharrte in dieser Umarmung einfach, bis Bernd fertig war.
Nachdem er sich gelöst hatte, sah er Ina traurig an. Er entschuldigte sich bei ihr, dass er ihre Zeit verschwendet hätte. Ina schüttelte den Kopf und richtete Bernds Haare.
“Ist schon gut, es ist für uns alle nicht einfach Bernd.” Sagte sie einfühlsam.
Bernd stand auf und sammelte ein paar von Inas Vorräten zusammen. Ina sammelte den Rest ein, den sie sich selbst zurückgelegt hatte. Sie sah Bernd hinterher. Er stand vor einem Regal und suchte weit oben nach etwas. Er kletterte einen kleinen Schritt hinauf und wurde fündig.
“Ina! Hier.” Versuchte er zu sagen. Ina freute sich, dass er Fortschritte machte. Sie trat auf ihn zu und hielt eine Hand, aus dem Haufen auf ihren Armen, heraus.
Bernd ließ 3 Zuckerwürfel herein fallen. Ina sah erstaunt hinab.
“Aber, das sind ja! Wow Bernd, wie hast du das gewusst?” Fragte sie glücklich.
Bernd sah hinauf. “Franz, er zeigte mir alles.” Ina schloss ihre Hand und strich mit der Faust über Bernds Arm.
“Er wäre stolz auf dich! Und Boris auch!” Sagte sie fröhlich. Auch Bernd stieg ein leichtes Lächeln auf die Wangen.
Ina gingen gemeinsam die Treppen hinauf. Bernd folgte ihr und öffnete ihr die Türen.
 

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