Am nächsten Morgen wurde Ina von einem Kitzeln in ihrem Gesicht wach. Sie öffnete ihre Augen und sah vor ihren Augen eine dicke Haarsträhne herunter hängen. Sie nahm eine Hand hoch, um sie zurück zu streichen.
Sie hob danach ihren Kopf leicht an und sah sich um. Ina saß immer noch auf dem oberen Deck des Hecks.
In ihrer Nase machte sich der beißende Geruch von Alkohol breit. Es dauerte nicht lang, da sah sie die Flasche, die sie am Abend zuvor für Levis Wunde verwendet hatte. Ina hob ihren Kopf noch weiter und stellte fest, dass auch er noch da war. Sie war in der Nacht bis runter, auf Levis Schoß gerutscht. Levi selbst war nur soweit zur Seite getrieben, wie es seine Rippen zu gelassen hatten. Ina rieb ihre Augen und sah von Levi ab. Sie entdeckte ihr Tuch in seiner Hand. Sie nahm einen Arm vor, um es zu greifen, doch scheiterte. Levis zweiter Arm war um sie geschlungen und hielt sie fest.
“Musst du am frühen Morgen schon anfangen, zu nerven?” Brummte Levi, der von Inas Bewegungen geweckt wurde.
Ina erschreckte und zog ihren Arm schnell zurück. Sie sah auf zu Levi und lächelte. Der Verband über seinem Auge war locker geworden und verrutschte bereits.
“Verzeiht, es war nicht meine Absicht.” Sagte sie leise und setzte sich gerade hin. Levi ließ sie los und setzte sich ebenfalls gerade hin, er hielt seine Augen dabei noch immer geschlossen. Ina wollte den verrutschten Verband abziehen und hob ihre Hand danach. Levi spürte ihre Finger vor seinem Gesicht und griff ruckartig mit einer Hand nach ihrer. Er hielt sie davon ab, nach dem Verband zu greifen.
Ina wurde zickig. “Also echt, wie soll man euch nur anständig verbinden, wenn ihr euch so anstellt?” Fragte sie beleidigt.
Levi öffnete sein linkes Auge und sah sie wütend an. “Wie stelle ich mich denn an?” Fragte er sauer. Ina schüttelte den Kopf und zog ihre Hand aus Levis Griff.
“Wie ein kleiner Junge!” Sagte sie und rieb sich das Handgelenk.
Levi sah auf seine Hand, an der die Finger fehlten. “Das ist schonmal besser, als eine Eidechse, so wie du!” Sagte er genervt und angeekelt. Ina fühlte sich angegriffen und wollte aufstehen. Levi jedoch hielt sie erneut fest.
“Wo willst du schon wieder hin, Becker?” Ina sah auf ihn herab. “Ihr könnt mich nicht beleidigen und verlangen, dass ich bleibe!” Sagte sie, immer noch beleidigt und versuchte Levis Hand von ihrem Handgelenk zu lösen. Sein Griff wurde daraufhin stärker.
Ina gab es schnell auf und sackte zu Boden. “Also schön, was wollt ihr?” Sie sah Levi an, welcher sich von allein richtig hin setzte.
Er löste den Griff nach Ina und führte seine Hand zu dem Verband in seinem Gesicht. Langsam zog Levi ihn von seinem Kopf herunter. Der Verband war bereits so locker gewesen, dass er fast von allein abfiel. Ina beobachtete ihn dabei und sah, nach Wochen, sein ganzes Gesicht wieder. Die Naht, die Pepe gezogen hatte, saß gut und verheilte sauber.
Ina hob langsam eine Hand und setzte sie behutsam neben die Naht, die von der rechten Augenbraue, durch Levis Auge, über die Lippen, bis zum Kinn herunter reichte. Er zuckte kurz, doch ließ sie weitermachen.
“Sie sieht gut aus. Es wird aber eine Narbe bleiben, denke ich.” Sagte Ina nachdenklich. Levi öffnete daraufhin sein rechtes Auge, durch das die Naht gezogen wurde. Ina erschreckte, als sie das Auge sah.
“Die Narbe macht mir nichts. Was ist damit?” Fragte Levi leise. Ina sah sein Auge besorgt an. “Ihr..” Sie stockte kurz, dann setzte sie sich zurück und sah abwechselnd in beide Augen. “Ihr könnt darauf nichts mehr sehen, hab ich Recht?” Fragte sie behutsam. Levi nickte und sah zu Boden.
Sein rechtes Auge sah aus, wie ausgeblichen und die Pupille bewegte sich langsam aber synchron mit der, des linken Auges.
Ina senkte nachdenklich den Blick, ihr fielen die Haare wieder ins Gesicht. Levi bemerkte das und nahm Inas Tuch fest in die Hand. Er sah auf ihren Kopf und versuchte, sich vor zu lehnen, damit er ihr den Dutt binden konnte.
Ina bemerkte nicht, was er vorhatte, bis Levi es geschafft hatte und ihre Strähnen nach hinten schob. Er fixierte sie ordentlich mit dem Tuch. Anders als sonst, zog er lange daran herum. Ina zwang ihre Augen dabei, nach oben zu sehen, damit sie merkte, wann er endlich fertig war.
Ungeduldig begann sie, seine Bewegungen zu verfolgen. Levi gefiel das nicht, da er das Tuch nicht so richten konnte, wie er es gern wollte.
Er ließ Ina plötzlich los und setzte sich zurück. “Es ist hoffnungslos! Du bist viel zu nervig Becker.” Sagte er genervt und verschränkte die Arme.
Ina griff sich sofort auf den Kopf und tastete den Dutt vorsichtig ab. “Ja aber, der sitzt richtig gut! Wie habt ihr das trotz der fehlenden Finger hin bekommen?” Fragte sie erstaunt.
Levi sah verwundert auf seine Hände und zuckte mit den Schultern. Ina lächelte und stand auf. “Na los, wir sollten zu den anderen. Wer weiß, wo sie uns hinfahren.” Sagte Ina fröhlich und half Levi auf die Beine. Sie stützte ihn, bis sie an der Tür vom Fahrerraum angekommen waren.
Ina ließ Levi an der Reling, während sie selbst die Tür öffnete, um Levi herein zu lassen. Sie wurde dort von einem unerwarteten Bild empfangen. Pepe, die auf der Bank bei Hange schlief und Hannah, die gähnend über dem Steuer hing.
Plötzlich hörte sie Levi von draußen rufen.
“Hey Becker! Sieh dir das mal an.” Ina machte kehrt und trat hinaus. Sie sah, dass Levi weiter vorn Richtung Buk gegangen war. Er hielt sich dabei an der Reling fest und blickte auf das untere Deck. Ina trat heran und als sie sah, was er sah, hielt sie sich den Mund zu. Ihr bot sich ein äußerst seltenes Bild von Soldaten aus verschiedenen Garnisonen, sowie verschiedenen Armeen, die gemeinsam nach einer Feier ihren Rausch ausschlafen mussten.
“Ich glaube, die haben uns nirgendwo hin gebracht.” Stellte Levi genervt fest.
Ina hielt es nicht mehr aus. Sie quietschte und ließ ihren Mund los. Lauthals begann sie zu lachen und legte ihren Kopf dabei auf die Reling. Levi war so erschreckt, dass er die Nähte in seinem Gesicht für einen Moment vergaß.
Er ließ Ina lachen, bis sie sich beruhigt hatte und fragte dann. “Was ist denn so lustig?” Fragte er angespannt. Ina wischte sich die Tränen ab und sah Levi belustigt an.
“Nun, ihr hattet die ganze Zeit Sorge, dass jemand zu uns stoßen könnte. Dabei liegen die Säcke bestimmt schon die halbe Nacht wie tot hier an Deck und schlafen sich den Rausch aus.” Ina begann erneut zu lachen. “So wie die aussehen, schlafen die sicher noch den ganzen Tag!” Sie schüttelte den Kopf vor Lachen.
Levi erschreckte und sah auf die schlafenden Soldaten. Sein Blick wandte sich schnell zurück zu Ina. Sie war bereits wieder auf dem Weg zum Fahrerhaus.
Levi folgte ihr, gemeinsam betraten sie das Fahrerhaus. Auch Levi war geschockt von dem Anblick, der sich ihm bot und setzte sich an seinen Platz, neben dem Steuer.
Ina rüttelte an Hannah, die am Steuer einnickte. Sie sah schnell hinauf und war froh, Ina zu sehen.
“Endlich! Das wurde aber auch Zeit Ina! Hier, nimm du dieses Ding. Ich kann das nicht mehr sehen!” Sagte Hannah schnell und überreichte das Steuer an Ina.
Ina lächelte und sah zu, wie Hannah sich setzte. Hannah schlief schnell ein, genauso, wie Levi. Der Schlaf half dabei, Wunden zu heilen. Egal ob körperlich oder seelisch.
Ina fuhr stundenlang durch das hellblaue Wasser und dachte über die letzten Monate nach. Oft sah sie Franz und Boris vor sich, wie sie Witze machten. Boris, wie er mit Hannah schäkerte. Franz, wie er mit Bernd die Frischlinge trainierte. Am Esstisch, zusammen sitzend. Ina dachte an all die schönen Tage, die sie mit dem Trupp verbracht hatte.
Dann dachte sie an Georg, der ihr im Gefängnis von Anfang an ein guter Freund gewesen war. Sie dachte an all die Risiken, die er für sie in kauf nahm. Selbst sein Tod war ihr gewidmet. Ina steckte ein Kloß im Hals, als sie über all das nachdachte. Sie schluckte ihn hinunter und erinnerte sich an Georg seinen letzten Wunsch.
“Na schön, wie du willst, dann lass mich dir zeigen, wie man eine ganze Familie nach Hause bringt!” Sagte sie entschlossen und gab dem Schiff einen Kick. Sie verhärtete das Steuerrad und ließ die Verhärtung bis zu den Schiffsschrauben wachsen. Sie konzentrierte sich und ließ die Verhärtung rotieren. Schneller als zuvor und mit mehr Kraft, als das Schiff eigentlich tragen konnte, bewegte sie es vorwärts.
Das Schiff begann zu wackeln und zu schaukeln. Aus dem Meer begann Wasser auf das untere Deck zu schwappen und machte die schlafenden Soldaten wach.
Ina nahm das Mikrofon und machte eine Durchsage.
“Achtung, Achtung, Liebe Kameraden und Soldaten. Aus dem Fahrerhaus wird gemeldet, dass wir in Kürze die Insel Paradis erreichen, falls ihr vorhabt ab zu steigen, wäre das der perfekte Ort.” Ina beendete die Durchsage und sah hinter sich. Hannah, Pepe und Hange wurden langsam wach. Auch Levi hob seinen Kopf, als er den Aufruhr bemerkte.
Pepe stand auf und sah Levi ohne Verband, dann sah sie zu Ina. “Ihr seid schon wieder da? Wie lange habe ich denn geschlafen?” Fragte sie und streckte sich. Hange hob ihre Brille auf und säuberte sie, bevor sie sie auf setzte. Pepe stand auf und stellte sich hinter Ina. “Du hast so lange geschlafen, dass wir schon fast da sind. Siehst du das Festland dort hinten?” Ina zeigte auf einen kleinen Fleck am Horizont. Pepe merkte erst jetzt, wie schnell das Schiff fuhr.
“Woa Ina, was machst du denn? Wie können wir so schnell sein?” Fragte Pepe erschrocken.
Ina lächelte. “Es ist nur eine Verhärtung, keine Sorge, das Schiff bleibt sicher unversehrt. Hoffentlich!”
Pepe sah sie verwirrt an. Hange trat an die Scheibe und sah das schwappende Wasser auf dem Deck. Ihr schien das auf den Magen zu schlagen. Vielleicht war es auch der Überfluss an Alkohol, der am Abend zuvor geflossen war. Jedenfalls stürmte sie dieses mal hinaus und entleerte den Inhalt ihres Magens ins Meer.
Levi sah ihr aufmerksam hinterher. “Geschieht dir Recht, Brillenschlange.” Murmelte er.
Ina und Pepe waren erschreckt und hörten Hannah von hinten rufen. “Nicht, dass sie auch noch schwanger ist. Das würde unsere Truppe ganz schön blöd da stehen lassen, oder?”
Pepe und Ina sahen zu Hannah, danach sich gegenseitig an. Sie begannen alle drei in Gelächter auszubrechen. Ina verlor einen Moment die Kontrolle und das Schiff drehte leicht ab. Sie drifteten seitlich in die Bucht der Insel ein, sodass sie quer zwischen zwei Stegen, direkt am Strand auf Land liefen.
Geschockt von der plötzlichen Wendung des Schiffes standen alle Soldaten still.
Sie realisierten, dass sie wieder auf Paradis angekommen waren.
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Hearts and Souls of AoT
FanfictionEine völlig neue Attack on Titan Geschichte. Erlebt AoT völlig neu! Mit neuen Hintergründen, neuen Charakteren und neuen Missionen. Die ursprünglichen Charaktere, sowie andere Inhalte sind geschützt und weiterhin das Eigentum von Isayama! Dennoch...