44 (Ina & Levi)

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Am nächsten Morgen stand Ina frühzeitig auf. Levi hatte die Nacht nicht bei ihr verbracht. Er war wahrscheinlich bei Historia oder dem Rat anwesend gewesen.
Ina stand allein auf und begutachtete ihre neue Uniform.
Sie zog sich ein Teil nach dem anderen an. Sie beschloss, den Ring von Levi und das Tuch, trotz der Mahnung von Historia, zu tragen.
Sie band sich die Haare und zog den Orden fest, den sie damals von Historia bekommen hatte. Zuletzt warf sie sich in den langen Mantel, der bis fast zum Boden reichte. Er bedeckte sogar die Stiefel, die Ina noch immer trug. Sie waren das einzige, was ihr von der alten Uniform geblieben war.
Sie atmete tief durch und verließ das Zimmer. Im Gang waren bereits viele Soldaten versammelt, die auf Ina warteten. Sie traten mit ihr zum Saal, in dem Ina befördert werden sollte. Der Saal war ein ganz anderer, als Ina sie kannte. Er war aufgebaut, wie ein echter Thronsaal. Es gab sogar eine kleine Treppe, auf dem man für Historia eine Art Thron errichtet hatte.
In diesem Saal sammelten sich langsam aber sicher alle Kommandanten, Ratsmitglieder und einzelne, ausgewählte Soldaten, die zur Beförderung eingeladen waren. Hinter Levi, welcher mit Hange in der ersten Reihe stand, befanden sich auch Bernd und Hannah. Die übrigen Titanen-Träger waren ebenfalls anwesend. Hinter Kommandant Ellrich hatte sich auch Ella eingereiht.
In der Mitte des Saals war eine Art Gang gebildet, durch den Ina nach vorn schreiten konnte, bis sie bei Königin Historia angekommen war.
Ina stand vor der Tür und atmete tief durch. Sie hatte an diesem Morgen noch niemanden aus ihrem Trupp gesehen oder gesprochen.
Sie öffnete ihre Augen und nickte den Wachen zu, die daraufhin die Türen öffneten.
Ina holte tief Luft und trat vor. Sie ging aufrecht und ohne zu stolpern vorwärts. Historia stand bereits in ihrem Königsgewand gerichtet auf der Treppe und erwartete Ina. Die Gäste standen und warteten, bis Ina vorgetreten war.
Sie ging an all ihren Kameraden vorbei. Die Gesichter waren unterschiedlich.
Viele freuten sich, andere waren besorgt und wieder andere waren wütend und neidisch, weil Ina es war, die den Posten des Generals bekam.
Sie trat zum Ende auch an Hange, Levi und Ellrich vorbei. Ina fasste Mut und trat die Hälfte der Treppen hinauf, bis sie direkt vor Historia stand. Die Königin lächelte stolz und ließ Ina sich verbeugen. Ina kniete nieder und wartete, bis Historia ihre Rede vollendet hatte. Wirklich viel bekam sie davon nicht mit. Innerlich hoffte sie nur, dass es bald vorbei sein würde. Historia trat mitten in der Rede auf Ina zu und hob ihr Kinn nach oben. Ina folgte der Bewegung und sah Historia an.
“Steh auf, Cousine.” Sagte sie sanft und legte Ina einen weiteren Orden um.
“Nur der General ist dazu bemächtigt, diesen Orden zu tragen. Nach seinem Tod mussten wir ihn neu herstellen lassen. Dadurch ist er ein echtes Unikat geworden und nicht zu ersetzen.” Sagte Historia laut. “Also verlier ihn nicht, hörst du?” Flüsterte sie anschließend Ina zu.
Diese erhob sich und drehte sich zu ihren Kameraden. Historia führte ihre Rede fort.
“Verehrte Eldia! Ich präsentiere euch, meine Cousine. Die neue Generalissima von Paradis! Sie ist königlichen Blutes und genießt größten Respekt! Dient ihr und opfert eure Herzen!” Sagte Historia abschließend. Der gesamte Saal salutierte vor Ina.
Diese stand vor den Soldaten und konnte nichts sagen. Sie sah hinab auf all die, denen sie ihr Leben verdankte. Vor ihrem inneren Auge erschienen auch all die, die diesem Tag nicht beiwohnen konnten.
Inas Augen wurden glasig. Sie entschied sich, selbst zu salutieren, aus Respekt vor jedem Gefallenen Soldaten und jedem, der bereit war, sein Herz zu opfern.
Historia staunte, doch Ina ging noch einen Schritt weiter. Sie kniete sich auf die Treppe, vor die Soldaten.
Ellrich und Hange sahen sich an und beschlossen, ebenfalls für sie zu knien. Sie gingen gemeinsam hinunter. Nach ihnen folgte auch Levi, sowie die gesamte Elite und der Rest des Saals.
Historia war gerührt und fühlte sich in ihrer Wahl bestätigt. Sie trat vor zu Ina und hielt ihr eine Hand auf die Schulter.
“Du kannst jetzt aufstehen, Cousine.” Sagte sie leise. Ina sah hinauf und bemerkte erst jetzt, dass der gesamte Saal mit ihr kniete.
Sie wurde rot und richtete sich auf. Nach ihr erhob sich auch der Saal. Hange half Levi, der durch sein Bein noch nicht richtig aufstehen konnte.
Historia beendete die Beförderung und rief die Soldaten zu einer Feier zusammen, die im Hof des Gebäudes abgehalten werden sollte. Die Arbeit war für den Tag beendet. Die Soldaten applaudierten und verließen nach und nach den Saal. Nur Ina und Historia blieben stehen.
Nachdem hinter den letzten Gästen die Tür geschlossen war, ließ Historia ihre Haltung und den schweren Umhang fallen.
“Woah! Ina! Wie hältst du es nur in dem Ding aus? Es ist so unhandlich!” Sagte sie und ließ sich auf ihren Thron fallen. “Wo ist mein Baby? Kommt schon. Sie hat ihn noch nicht mal kennengelernt!” Rief Historia.
Ina fiel auf, dass sie den kleinen Prinzen tatsächlich noch nie zu Gesicht bekommen hatte.
Eine Zofe brachte den Kleinen rein, der mittlerweile fast ein halbes Jahr alt war. Ina setzte sich mit ihm auf die Treppe und spielte ihm und seinem kleinen Zug. Mehr als ansabbern und darauf rumkauen konnte der Kleine jedoch noch nicht.
Historia wurde gerufen, als jemand an der Tür den Einlass erbat. Historia stand schnell auf und warf sich den Umhang über. Ina blieb derweil mit dem Hosenscheißer sitzen und beschäftigte ihn liebevoll.
Die Tür öffnete sich, Hange und Levi traten ein. Erleichtert ließ Historia ihren Umhang erneut fallen. “Herrgott! Jetzt macht mir doch nicht solche Angst! Ich dachte schon, ihr seid, was weiß ich welcher Ratsvorsitzende!” Sagte sie und ließ sich erneut in ihren Thron fallen.
Hange und Levi traten ein und sahen sich um. Levi blieb sofort an Ina hängen, die mit dem Jungen auf der Treppe spielte. Sie machte witzige Gesichter und fuhr mit dem Zug voller Sabber über den Treppenabsatz. Der Kleine lachte mit ihr und hatte viel Spaß dabei. Hange drehte sich zu Levi, nachdem er nicht auf sie reagierte.
Sein Gesicht war erschreckt, aber berührt zugleich. Hange folgte seinem Blick und erkannte sofort, woran er hing.
Sie lächelte und stupste ihn erneut an. Levi wurde auf sie aufmerksam und schwang hinüber. Sie traten vor, zu Historia.
“Hoheit, wir möchten wissen, ob wir die Titanen bereits für die Arbeiten verwenden können? Peak wäre uns zur Zeit eine große Hilfe. Und auch Reiner kann nicht schaden.” Sagte Hange und wartete gespannt auf Historias Antwort.
Sie wandte sich an Ina und rief sie von ihrem Thron aus.
“Ina!”
Ina drehte ihren Kopf zu Historia. Sie hielt mit einer Hand den Jungen davon ab, von der Treppe herunter zu purzeln. “Hoheit?”
“Was sagst du dazu? Sollen wir die Titanen bereits jetzt einsetzen?”
Ina sah hinab zu Hange und nickte. “Jede Hilfe, die ihr brauchen könnt, Kommandantin!” Rief Ina und lächelte. Hange salutierte und ging fröhlich. Levi begleitete sie hinaus. Erst jetzt fiel Ina auf, dass auch er dabei gewesen war.
Sie sah ihm hinterher und ihr Lächeln verschwand. Historia beobachtete, wie sie ihm hinterher sah und bemerkte, dass sie Levi die letzte Zeit zu sehr in Anspruch genommen hatte.
“Hauptgefreiter!” Rief sie plötzlich. Levi blieb abrupt stehen und auch Ina war verwundert. Beide sahen überrascht zu Historia.
“Ich möchte, dass ihr hier bleibt. Lernt doch meinen Sohn kennen. Da ihr 2 sicher bald heiraten werdet, solltet ihr beide mehr mit der Familie sein, findet ihr nicht?” Historia grinste Ina an, welche verstand, was Historia vor hatte.
Levi trat langsam vor. Historia wiederum lief Hange hinterher und rief ihre Wachen mit sich. Die Einzige, die bleiben sollte, war die Zofe, die auf den Jungen aufpassen musste.
Ina und Levi verfolgten, wie Historia aus dem Saal sprintete. Ina schüttelte lachend den Kopf.
Levi steckte seine Hände in die Hosentaschen und trat ein paar Stufen hinauf.
Oben angekommen sah er auf das sabbernde Kleinkind hinab und war leicht angewidert. “Was ist? Ihr habt wohl keine Angst, vor einem Kind?” Fragte Ina lachend. Sie hob den Jungen hoch und ließ ihn mit ihren Orden spielen. Wie zu erwarten, sabberte er auch diese an und stopfte sie sich in den Mund.
“Nein, Becker, es ist nur. Eklig.” Sagte Levi, während er das Geschehen beobachtete.
“Wartet bis ihr seht, was er mit dem Ring machen kann.” Ina forderte Levi heraus. Dieser jedoch reagierte sofort und hielt Inas Handgelenk fest.
“Untersteh dich Becker! Das ist ein kleines Kind!” Sagte Levi mahnend.
Ina nickte. “Ihr habt also doch ein Herz. Seht an! Ich würde ihm doch wohl kaum dieses Ding unter seine kleine, sabbernde Nase halten, oder? Was sagst du dazu? Hm?” Ina brachte den Kleinen zum Lachen. Langsam taute auch Levi auf und hob einen Finger, um dem Kleinen eine Feder unter dem Kinn wegzuwischen.
Ina beobachtete, was er vorhatte und beschloss, ihn zu ärgern. Kurz bevor Levi das Kinn erreicht hatte, schwang sie mit dem Jungen leicht vorwärts, sodass Levis Finger im Mund des Kleinen landete. Angewidert wollte Levi den Finger zurück ziehen, doch dem Kleinen schien es zu gefallen. Er hielt Levis ganze Hand fest und nuckelte weiter.
Levi blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis er fertig war mit nuckeln.
“Das ist ja noch besser als die Regeneration meiner Gliedmaßen.” Ina lachte herzlich, als sie Levis verzogenes Gesicht sah. Auch der Junge begann mit ihr zu lachen. Levi ergriff die Chance und zog seinen Finger schnell aus dem Mund des Kleinen. Er wischte sich die Sabber an einem Tuch ab.
“Ihr seid widerlich, alle beide!” Sagte er beleidigt, blieb aber dennoch stehen.
Ina beruhigte sich und setzte den Kleinen wieder auf die Treppe. Die Zofe kam sofort und hob den Kleinen an. “Wenn ihr entschuldigt Generalin, es ist Essenszeit!” Sagte sie schnell und höflich. Ina nickte und lächelte.
“Aber sicher, nur zu!” Die Zofe verbeugte sich und nahm ihn hoch. Ina drehte sich zurück zu Levi, welcher bereits auf dem Weg hinaus gewesen war.
“Hauptgefreiter! Wartet!”
Levi kniff die Augen zusammen und blieb stehen. Er drehte sich leicht zu Ina um.
“Was ist? Hast du noch so ein sabberndes Etwas gefunden?” Fragte er beleidigt.
Ina grinste und schüttelte den Kopf.
“Nein, sicher nicht! Er ist aber niedlich, das müsst ihr zugeben!” Ina lief ein paar Schritte vor. Gemeinsam verließen sie das Gebäude und machten sich auf den Weg zu der Feier im Hof.
 
 

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