17.3 (Ina & Levi)

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Ina ging ein Stück voraus. Sie hatte ein bisschen Angst vor Levi.
Er kam von hinten leise an sie heran und schmiss ihr die Kapuze über den Hinterkopf.
“He! Was soll das?” Fragte sie angespannt. Levi ging neben ihr und hatte die Hände in den Hosentaschen. “Versteck bloß diese grausame Frisur! Es steht dir nicht!” Dann sah er weg, in den Sternenhimmel. Ina blieb stehen. Sie sah auf das blutgetränkte Tuch an ihrem Handgelenk. Er meinte doch wohl nicht, sie solle das? Nun gut.
Ina beobachtete Levi, der mit seinem Kopf weit oben in den Sternen hing, weiter gehen.
Sie setzte die Kapuze ab und bund sich ihre Haare wieder zur Hälfte und sehr schnell zusammen. Dann setzte sie die Kapuze wieder auf und ging schnell an Levi vorbei. Er senkte den Kopf und sah ihr nach. Ina ließ die Kapuze provokativ fallen, in der Hoffnung, Levi würde das Tuch sehen und genau das tat er auch.
Ina hörte ein paar Sekunden keine Bewegung. Sie wollte sich gerade zu Levi um drehen, als sie von oben einen Tropfen spürte. Der Tropfen lief zwischen ihren Augen vorbei, bis runter zur Nase. Sie hob eine Hand und wischte sich den Tropfen weg. Es war Blut, und zwar ihr eigenes.
Levi hatte ihr das Messer von hinten durch den Kopf gestochen.
Ina ließ ihr Bewusstsein gerade noch rechtzeitig in den Rumpf fallen, dann brach ihr Körper zusammen. Levi fing sie auf und ging mit Ina zu Boden. Er zog das Messer aus ihrem Hinterkopf heraus und sah, wie das Blut an der Klinge verdampfte. Dann sah er Inas Wunde zu wachsen, bis sie schließlich wieder aufwachte. Ihr Kopf lag auf Levis Arm, er kniete und sie saß halb an sein Bein gelehnt. Mühselig öffnete Ina die Augen. “W-was sollte das?”
Levi hob seine Hand und zeigte Ina das Messer. “Siehst du das?”
Ina schüttelte leicht den Kopf. “Das ist eine saubere Klinge, die ich gerade aus deinem Kopf gezogen habe.”
Ina sah ihn fragend an. Levi zog mit derselben Hand, mit der er das Messer hielt, Inas Tuch aus den Haaren. “Warum wird diese Klinge sauber und dein Blut verdampft, aber mein wertvolles Tuch bleibt so scheußlich schmutzig?”
Levi klang ernst und meinte es auch so. Doch als Ina sah, worauf er hinaus wollte, musste sie lachen. Levi, der immer noch keine Antwort hatte, verdrehte die Augen und ließ Inas Kopf samt Rumpf zu Boden fallen. Er stand auf und warf das Messer zu ihr.
“Da nimm es zurück. Das Tuch bekommst du nicht wieder.” Er blickte auf sein Tuch und steckte es in die äußere Brusttasche seines Mantels.
Ina rieb sich den Hinterkopf kurz nach dem Aufprall. Sie lächelte trotzdem weiter, so betrachtet, war er wohl gar nicht so sauer, wie sie dachte.
Levi stand immer noch da, er ging nicht weiter, so wie üblich.
Ina steckte das Messer in ihren Stiefel und stand auf. “Bist du endlich soweit?” Fragte Levi genervt. Ina verstand nicht ganz, warum er auf sie wartete. “Verzeiht Truppführer, ich hätte euch das Tuch gleich wieder geben sollen.”
Ina senkte beschämt den Kopf. Sie wollte nicht, dass es so beschmutzt wird. Dann blickte sie in den Himmel und atmete tief durch.
“Was siehst du da oben?” Fragte Levi plötzlich.
Ina sah ihn verwirrt an. Er blickte auch in den Himmel. “Soll ich es euch zeigen?” Fragte sie und lächelte ihn an. Levi blickte herunter und sah sie ebenfalls an. Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. Ina fasste das als ein Ja auf und ging voraus. Sie ging mit Levi auf den Trainingsplatz.
“Hier ist gut.” Ina kletterte entschlossen zwischen den Balken des Zaunes durch und ging weiter in die Mitte des Platzes. Levi sah ihr fragend hinterher.
“Gut wofür?” Fragte er sich selbst, bevor er ihr folgte.
Ina kam in der Mitte des Platzes an und wollte sich hinsetzen.
“Warte!” Levi kam von hinten und zog seinen Mantel aus. Er legte ihn an die Stelle, auf die sich Ina hin setzen wollte. Ina staunte über die nette Geste und nahm sie an. Sie legte sich auf den Mantel und kreuzte die Arme unter ihrem Kopf.
Levi sah dem ganzen halbwegs interessiert und doch genervt zu. Er legte sich dennoch ebenfalls auf den Sand, direkt neben ihr. Ina dachte daran, dass er jetzt keinen Mantel mehr an hatte und die Nächte immer kälter wurden. Sie beschloss, ihren Umhang aus zu ziehen und warf ihn über Levi. Dieser erschreckte kurz, doch als er sah, dass der Umhang für beide reichte, legte er sich zurück und nahm dieselbe Pose ein wie Ina.
“Seht ihr dort oben, dieser eine helle Stern?” Levi versuchte Inas Augen zu folgen, dann hob sie eine Hand.
Sie zeigte mit dem Finger auf den hellsten Stern am Himmel. “Dieser Stern dort ist der Polarstern, wie ihn meine Mutter nannte. Sie sagte, er zeigt immer nach Norden.”
Levi rümpfte die Nase. Ina schreckte das nicht ab. Sie fuhr mit ihrem Finger weiter.
“Und seht ihr diese 3 Sterne, die in einer Reihe stehen? Sie bilden eine Art Brücke. Meine Mutter sagte immer, sie seien die Brücke zu den Geistern. Von dort aus sehen sie zu uns und leiten unsere Wege.”
Levi folgte Inas Erklärungen gespannt. Er hatte noch nie davon gehört, dass Sterne eine Bedeutung hatten. Für ihn klang das alles, was Ina so erzählte, wie ein Märchen.
Nachdem Ina ihm sämtliche Sternzeichen und Formationen gezeigt hatte musste sie gähnen.
Levi entdeckte einen Stern, der in keiner von Inas Geschichten vor kam, er ergriff das Wort. “Und siehst du diesen Stern dort oben?”
Ina folgte Levis Finger. Sie war gespannt, was er zu sagen hatte.
“Der Kleine dort? Was ist mit ihm?”
Neugierig schaute sie in die Sterne. “Dieser dort, er passt in keine Formation, weil er nie Befehle befolgt.”
Ina sah Levi mit hoch gezogener Augenbraue an. Levi bemerkte das, sah aber nicht zu Ina, sondern entdeckte einen weiteren Stern.
“Oh, und dieser da, siehst du ihn?”
Ina sah hinauf und Levi zeigte auf einen weiteren einzelnen Stern. “Ja ich sehe ihn.”
“Das dort, ist ein einsamer Truppführer, er dachte bisher, dass seine Befehle dafür da sind, seine Truppe zu retten. Aber, er hat sie bisher jedes mal durch diese Befehle verloren.”
Levi senkte seinen Finger und wurde nachdenklich. Ina sah ihn an. Er wirkte traurig.
“Was ist mit dem zweiten Stern passiert, Truppführer?”
Levi hob den Kopf, er sah zurück zu dem Stern. “Er ist kollidiert, mit dem anderen da.” Er zeigte auf seinen ersten kleinen Stern.
Ina folgte seinem Finger, sie lächelte kurz. “Wie bitte? Sie sind kollidiert?”
Levi senkte seinen Arm und blickte weiterhin hinauf.
“An dem Tag, an dem der Truppführer wieder einen solch beschissenen Befehl geben wollte, da kam der kleine Stern herein geplatzt und hat ihn davon abgehalten.”
Ina sah ihn an. Levi hing mit seinen Augen in den Sternen. “Und dann?”
Fragte Ina flüsternd. “Dann, nunja,” Levi drehte seinen Kopf nun ebenfalls zu Ina.
“Dann hast du mich vor noch mehr dieser beschissenen Befehlen beschützt.”
Ina wurde tiefrot im Gesicht. In der Nacht war es allerdings kaum zu erkennen.
“Also, ist der kleine Stern am Ende gar nicht so böse?” Fragte sie leise.
Levi sah zurück in den Himmel. “Der kleine Stern ist, eine Plage, die man nicht los wird.”
Ina verwirrte das, eben war er noch etwas Gutes. Sie sah erneut misstrauisch zu Levi. Er drehte seinen Kopf kurz darauf ebenfalls zu ihr.
“Aber, wenn die Plage weg wäre, dann würde etwas viel schlimmeres kommen.”
Ina sah ihn immer noch an. Sie hing an seinen Lippen und wollte hören, was er zu sagen hatte.
“Was könnte schlimmer sein, als solch eine Plage?” Fragte sie interessiert.
Levi, der wieder in den Himmel schaute, antwortete ruhig. “Der Tod, Becker. Der ist schlimmer.”
Ina sah zurück in den Himmel. Sie dachte nach, über das, was Levi gesagt hatte.
“Weißt du, nach all dem weiß ich immer noch nicht was du an den Sternen findest.”
Levi bewegte sich. Er wollte wohl auf stehen. “Aber jedes mal, wenn ich jetzt dort hinauf schaue, werde ich an diesen kleinen Stern denken.”
Ina setzte sich auf. Sie stellte fest, dass Levi sich gar nicht bewegt hatte.
“He, wo willst du hin? Es ist kalt!” Rief er ihr nach. Ina lächelte und lehnte sich wieder zurück. Levi hatte seine Augen geschlossen.
“Truppführer?” Fragte Ina neugierig. Levi jedoch, war bereits fast eingeschlafen.
“Schlaft ihr schon, Truppführer?” Ina drehte sich zu ihm. Levi lag auf dem Rücken. “Hey, Truppführer, ich muss zurück in mein Zimmer!”
Levi rümpfte seine Nase. Er drehte sich schnell zu Ina und hielt ihr eine Hand vor dem Mund. “Musst du denn immer so nerven?”
Inas Augen wurden groß. Levi seine Hand hielt ihren Mund fest, seine Augen waren dabei geschlossen.
Sie musste sich daraus befreien, also beschloss sie, ihm in die Finger zu beißen.
“Ahh! Verdammt! Seh ich aus wie einer deiner Titanen Freunde?” Levi setzte sich schmerzerfüllt auf.
Ina lachte herzlich, dann setzte auch sie sich auf. “Nein Truppführer, dafür seid ihr viel zu klein!”
Levi sah sie daraufhin noch genervter an. Ina begann zu lachen, ihr fielen dabei die Haare ins Gesicht. Levi sah sein Tuch und zog es aus seinem Mantel, während Ina lachte. Er nahm die Strähnen, die ihr im Gesicht hingen und schob sie nach hinten.
Ina hörte bei seiner Berührung sofort auf zu lachen und saß still. Für einen kurzen Moment kam sie Levi ziemlich nah. Er beugte sich vor, um die Haare von vorn an ihrem Hinterkopf fest zu binden.
Ina sah ihm dabei aufmerksam zu. Ihre Augen wanderten durch sein gesamtes Gesicht. Ein kurzer, kalter Wind kam hinter Levi an und nahm seinen Geruch mit in Inas Nase. Sie hatte Levi noch nie so gesehen oder gerochen. Für sie blieb die Zeit einen Moment still stehen.
Levi strähnte die Haare hinten zusammen und bund Ina wieder ihren gewohnten kleinen Dutt mit seinem Tuch. Der kalte Wind ließ ihn etwas schaudern, da er seinen Mantel nicht trug. Als er fast fertig war, bemerkte er die starrenden Augen von Ina, die an seinem Gesicht klebten. Er sah durch seine Arme hinab in Inas Augen. Seine kalte Miene hatte sich seit dem ersten Tag nicht verändert.
Inas glücklichen, großen Augen waren jedoch auch noch dieselben.
Ina sah ihm direkt in die Augen. Ihr war egal, ob seine Augen kalt wirkten oder nicht. Sie hing an ihnen, wie Kaugummi.
Levi ging es für einen Moment genauso. Er hing mit seinen Händen noch immer in Inas Haaren und wollte nicht fertig werden sie zu zu binden.
Stattdessen schien es Ina, als würde sein Gesicht näher kommen. Ihr Herz schlug bis zum Hals, sie fühlte sich, als würde es ihr durch den Rachen springen.
Auch Levi fühlte etwas fremdes, Inas Aura und auch ihre Augen zogen ihn magisch an. Levi spürte Inas leicht schwerer werdenden Atem. Ina hingegen wurde an ihren Wangen sanft von Levis Haarspitzen gekitzelt. Sie schmunzelte und sah zurück in Levis Augen. In diesem einen kleinen Moment war alles perfekt, bis plötzlich..
“HE! Ihr da! Was macht ihr da? Es ist Nachtruhe!”
Schrie plötzlich jemand aus weiter Ferne. Levi erschreckte und ließ Ina auf der Stelle los. Auch Ina erschreckte sich fürchterlich und sprang sofort auf. Levi blieb sitzen und ließ den Kopf hängen. “So ein Scheiß, wer hat diese Frischlinge nur in die Nachtwache eingelernt?” Regte sich Levi auf. Ina musste grinsen.
“Wenn ich mich recht erinnere Truppführer, dann wart ihr das.” Ina lachte.
Levi sah wütend auf zu ihr und nahm seinen Mantel aus dem Sand. Er schüttelte ihn zwar aus, zog ihn aber doch nicht an. Ina warf sich in der Zeit ihren Umhang über und sah Levi an. “Truppführer ich denke, ich sollte..”
Levi nickte. “Hm, schaffst du es allein?”
Er sah an ihr vorbei zu dem Soldatenhaus, in dem Ina wohnte. Es war nicht mehr weit entfernt.
Ina drehte sich ebenfalls um und nickte ihm dann freudig zu. “Ja natürlich, keine Sorge! Ich hab ja noch das hier!” Sie zog ein Hosenbein hoch, sodass man den Griff ihres Messers sehen konnte. Levi sah, so kalt wie immer, zu ihr hinauf. “Pass auf, dass es nicht hier drin landet!” Er tippte mit seinen Fingern unsanft gegen Inas Schläfe. Danach steckte er die Hände in die Hosentaschen und verließ den Trainingsplatz.
Ina rieb sich die Stelle kurz und ging dann selbst zu ihrem Zimmer.
 
 
 

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