13.2 (Ina & Levi)

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Ein paar Stunden später, noch kurz vor der Morgendämmerung, stocherte Levi gerade im Feuer herum,
als sich ein Zelt öffnete. Franz und Bernd kamen heraus. Sie schienen ausgeschlafen zu sein und streckten sich beide.
Sie entdeckten Levi an den Überresten des Feuers und gingen auf ihn zu.
“Guten morgen Truppführer, konntest wohl doch nicht schlafen was?” fragte Franz, witzig wie er war. Bernd kam ebenfalls zu den beiden. “Sagt mal, habt ihr eine Idee, was wir frühstücken könnten? Ich hab einen Bärenhunger!” Levi stand auf. Er zeigte auf das Zelt, indem Ina und Hannah schliefen.
“Da musst du klopfen, wenn du Essen willst.” Bernd und Franz drehten sich um. Ohne zu zögern lief Bernd auf das Zelt zu. Er blieb kurz vorher stehen und rief, “Ina? Hannah? Seid ihr schon wach? Es ist Zeit zum frühstücken!”
Ina öffnete das Zelt. Sie sah so aus, als hätte sie die letzte Nacht doch nicht mehr geschlafen. Ihre Haare waren immer noch nicht gebürstet und sahen struppig aus. Sie kletterte hinaus. Bernd erschrak etwas bei ihrem Anblick. “Ina, wie läufst du denn rum? Hast du keine Haarbürste dabei?”
Die verschlafene Ina sah Bernd an. “Hast du keine Zahnbürste?”
Franz begann von weitem zu lachen. Ina ignorierte das und ging Richtung Pferde. Die Männer schauten ihr nach. Während sie an den Pferden nach den Vorräten suchte standen auch Boris und Eren auf. Sie liefen streitend aus Levis Zelt hinaus.
“Ich hab dir gesagt, dass du in deinem Schlafsack bleiben sollst, Eren!”
“Aber das war meiner! Perverser!”
“War es nicht! Verdammt!”
Beide stürmten auf Franz zu. “Sags ihm Franz, der blaue war mein Schlafsack!”
Franz sah Boris an. “Sag mal, hast du etwa Wein dabei gehabt?”
Die Truppe war verwirrt. “Mensch Boris, alle Schlafsäcke sind blau!” Franz lachte weiter, genauso wie Eren und Boris schließlich auch.
“Schön, da ihr euch bereits so nah gekommen seid, geht doch die Pferde waschen, sie haben es nötig. Begleitet sie auf eine Wiese innerhalb der Zäune.”
Die beiden sahen Levi frustriert an. “Was ist mit frühstücken, Truppführer?”
Levi drehte sich um. Ina kam mit einem Arm voller Brot und Käse zurück.
“Ich kann das schmelzen, dann schmeckt das Brot besser und die Pilze hier, hab ich letzte Nacht auch gefunden. Sie sind nicht giftig, also keine Sorge. Was haltet ihr davon?”
Kaum, dass sie den Satz ausgesprochen hatte, saßen Inas Kameraden bereits auf den Baumstämmen, die um das kleine Feuer herum verteilt waren.
Levi sah dem ganzen diesmal lässiger entgegen. “Na schön, dann beginnen wir nach dem Essen.”
Ina und Bernd bereiteten zusammen das Brot zu. Der Rest sah hungrig dabei zu. Sie genossen die Käse-Pilz-Bot Mischung und schlangen alles herunter. Außer Ina, die durfte selbstverständlich nichts Essen.
“Was ist mit Hannah?” Fragte Boris. Ina sah zu ihrem Zelt. “Ich glaube, sie fühlt sich noch nicht so gut. Ich werde ihr etwas zu essen bringen.”
Ina stand auf, der Rest blieb sitzen und aß weiter. Die Schmach konnte sie sich nicht mit ansehen.
“Wir brauchen nur einen halben Tag zur Burg, ich möchte gern noch hier bleiben und beobachten, wie viele Titanen sich in der Nähe bewegen. Ihr werdet euch in den Bäumen, um die Zäune verteilen und sie zählen. Bis zur Mittagssonne bleiben wir noch. Keiner greift einen Titan an, wir hatten mit keinem bisher Probleme. Ich schätze, wenn wir kämpfen, dann zieht das mehr an, als wir bekämpfen können. Haltet euch bedeckt, klar?”
Levi blickte in der Runde um. Alle Soldaten nickten. “Aber Truppführer,” Bernd sprach mit vollem Mund, “Ich würde gern eine andere Uniform anziehen, diese hier stinkt und ist voller Blut von unserem gestrigen Einsatz.”
Bernds Einwand war gar nicht so verkehrt. Die Titanen rochen das Blut der Menschen und wurden davon angezogen. Je weniger sie danach rochen, desto besser war es also. Levi senkte den Kopf.
“Tut mir leid Bernd, Ich war nicht auf diese Mission vorbereitet. Ich schätze ihr müsst eure Wäsche erst selbst waschen, bevor ihr saubere Kleidung habt.”
Erschrocken hörten alle Soldaten auf zu essen und sahen auf ihre Kleidung.
“Das gilt für euch alle, ihr seht aus wie ein Haufen dreckiger Schweine.”
Nachdem Levi diesen Satz gesprochen hatte, kam Ina aus dem Zelt wieder heraus. Sie brachte Hannahs und ihre Uniform mit.
Ina selbst trug bloß ihre Hose und Bluse, die sie auch irgendwie waschen musste. Die Männer sahen sie aus dem Zelt spazieren, dann tauschten sie ihre Blicke untereinander aus und sprangen zeitgleich auf, um zu Ina zu rennen. Levi, der nichts von der stillen Absprache mit bekam, sah dem ganzen verwundert hinterher.
Die Soldaten begannen sich vor Ina aus zu ziehen, bis auf die Unterhose. Mit einem Haufen Wäsche vor den Füßen ließen sie Ina stehen und liefen Richtung Fluss.
Inas Gesicht wurde rot vor Wut. “NA WARTET! Wenn ich euch in die Finger kriege! Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?! Eure Dreckswäsche könnt ihr schön alleine waschen!”
Levi beobachtete ihren Ausraster und hatte eine Idee. Er stand auf und steckte die Hände in die Hosentaschen. Er ging auf Ina zu, die gerade die Wäsche der Männer ein sammelte.
“Ich glaube, ich habe eine bessere Idee, als dir das Essen zu verweigern.”
Ina sah genervt hinauf. “Wirklich? Was könnte das nur sein?” Sie sah wieder auf die Wäsche zurück. Levi beugte sich zu ihr hinunter, jedoch ohne mit an zu packen. Er hatte die Hände nach wie vor in den Hosentaschen.
“Tut mir leid. Dass sie dich so belästigt haben, ist meine Schuld. Ich sagte ihnen, sie sollen ihre Sachen waschen.”
Ina sah ihn an. Wieder war er so freundlich zu ihr. Ob das vielleicht eine Fassade war. Sie traute dem Frieden nicht und zog ein angesäuertes Gesicht.
Levi war wohl nicht damit zufrieden, dass sie seine Entschuldigung nicht annahm. Er stand einfach wieder auf. In dem Moment kamen die Männer vom Flussbad zurück. Levi stellte ihnen ein Bein. Eren fiel zuerst auf den noch feuchten Waldboden, danach stolperten alle anderen über den Jungen.
“Was fällt euch denn eigentlich ein? Ihr nutzloses Pack von undankbaren Soldaten! Wegen euch muss sie das alles alleine waschen. Will denn keiner von euch helfen?” Levi war genervt. “Ist euch eigentlich klar, wie lange diese Uniformen zum trocknen brauchen? Wir werden noch eine Nacht hier bleiben müssen.” Er schüttelte den Kopf erneut und drehte sich zu Ina zurück.
Die interessierte sich nicht für diese Szene, sie war bereits mit dem Haufen Wäsche auf dem Weg zum Fluss, um sie zu waschen.
 
 
Am Fluss angekommen, ließ sie den Berg Wäsche fallen und kniete sich nieder. Sie nahm ihre Haare und steckte sie oben als Dutt fest. Sie benutzte wieder Levis Tuch. Sie rollte es ein, sodass es stabil war und bund damit den Haarknoten auf ihrem Kopf zusammen. Den Gedanken, es Levi zurückzugeben, hatte sie bereits aufgegeben.
Dann begann sie die Uniformen ins Wasser zu tauchen und sie an den Steinen leicht ab zu schrubben, damit die härteren Blutflecken auch verschwanden.
Ein paar Jacken und Hemden später kam Levi zu ihr. Er kletterte an Ina vorbei über den schmalen, jedoch knietiefen Fluss und hockte sich hin. Ina wischte sich den Schweiß von der Stirn.
“Ina, ehrlich. Verzeih mir. Ich wusste nicht, dass es solche Idioten sind.”
Inas Augen sahen Levi nun aufmerksam an. Scheinbar war seine Entschuldigung doch ernst gemeint. Sie lächelte ihn an und wrang ein paar Socken aus.
“Schon gut, ich habs verdient. Wahrscheinlich sollte ich es genießen, mit diesen Idioten zusammen zu sein.” Levi sah auf den Stapel Wäsche. Ina folgte seinem Blick. “Wirklich, ist schon gut.” Levi sah sie kalt und leer an. “Gib schon her, du bist ja heute Nacht noch nicht fertig.”
Erstaunt sah Ina den Truppführer an. “Seid ihr sicher?” Levi blickte zu ihr und wurde ernster. “Na los, bevor ich es mir anders überlege.”
Schnell griff Ina ein paar Sachen und warf sie über den Fluss.
Die beiden wuschen die Kleidung eine Zeit lang, ohne ein Wort zu wechseln. Ina hob ab und zu löchrige Socken in die Luft, die sie zum lachen brachten.
Levi verstand nicht, wie man sowas tragen konnte. Es musste doch unbequem sein, wenn die Zehen hinaus guckten.
Als sie fast fertig waren, sah Levi auf. Von hinten kam Mira plötzlich ziemlich schnell angerannt. Jemand musste sie losgebunden haben. Mira lief auf direktem Weg zu Ina. Diese war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie ihre Stute nicht einmal bemerkte. Mira ließ ihren Kopf hinab und stupste die hockende Ina am Hintern an, sodass diese nach vorn fiel.
Levi, der dies kommen sah, reagierte sofort. Er setzte einen Fuß in die Mitte des Wassers, auf einen Stein. Mit den Händen fing er Inas Kopf auf. Er hielt dabei ihre Stirn und ihren Dutt fest.
Ina, die ihren Sturz viel zu spät bemerkte, streckte ihre Arme nach vorn. Doch alles was sie sah, war Levis Knie, direkt vor ihren Augen.
“Ich glaube, das ist jetzt Strafe genug.” Sagte er leise zu ihr.
Levi holte kurz aus und schubste sie am Kopf wieder zurück in die Position, aus der sie von Mira geworfen wurde. Damit sie nicht gleich wieder nach vorn kippte, griff Levi nach ihren Händen und stemmte sich ein paar Sekunden dagegen. Ina kam wieder zur Besinnung und realisierte langsam, was passiert war. Levi sah sie an, bis sie ebenfalls zu ihm auf sah.
Ina schrak kurz auf und zog ihre Hände aus Levis. “Dankeschön, Truppführer!”
 
 
Überrascht, über das plötzliche entziehen von Inas Händen sah Levi sie wieder kühler an.
“Inaa! Entschuldigung!” Hörten die beiden jemanden rufen.
Hannah, die es endlich aus ihrem Zelt zog, war auf einmal wieder die alte und fröhlich, wie sie alle kannten. Sie wank Ina zu und kam näher.
“Verzeih mir, ich hoffe dir ist nichts passiert. Ich dachte, mit ein paar Karotten würde sie auch mir gehorchen.” Hannah lächelte und zeigte Ina die Karotten. Ina war gerührt und lächelte, sie wollte gerade etwas sagen, doch Levi kam ihr zuvor.                                                
“Hast du etwa die Anweisung über dieses Pferd vergessen?” Er war wütend.
Hannah erschreckte, dann schüttelte sie den Kopf und blickte zu Inas gewaschener Wäsche.
“Hast du das etwa ganz allein gemacht?” Erstaunt sah sie Ina an. Diese sah erst zu dem Berg frischer Wäsche, dann zu Levi. Sie sah ihn sanft an. “Nein, zum Glück nicht.”
Levi, der gerade seinen mit Wasser gefüllten Schuh aus lehrte, sah zu Ina. Ihr Lächeln erwärmte ihn. Jedoch reagierte er kaum darauf. Ina drehte sich wieder zu Hannah. “Sag mal Ina, wie willst du dass denn alles zu trocknen aufhängen? Das wird Stunden, wenn nicht sogar Tage dauern, bis man sie wieder tragen kann.” Dachte Hannah nach. Ina überlegte. Dann grinste sie.
“Ich hätte da eine Idee.” Sie sah entschlossen und voller Vorfreude zu Levi. Dieser hatte eine grobe Ahnung, was Ina vorschlagen wollte.
“Nein! Vergiss es! Das kommt gar nicht in Frage!” Levi meinte es ernst. Ina fuhr ein breites, teuflisches Lächeln auf die Wangen. Sie sah zu den Männern, die die Pferde säuberten.
“Haben wir noch so eine lange Schnur, die ich benutzen könnte?” Ina sah Hannah fragend an. Hannah überlegte kurz, Levi trat über den Fluss und stellte sich dazwischen. “Ich sagte nein! Das ist mein letztes Wort Becker!”
 
 
-Ein paar Stunden später-
 
 
Levi war genervt auf seinem Hengst, bei seiner Elite Truppe. Sie alle, außer der Truppführer und Hannah, saßen in Unterhosen auf den Pferden und hatten das Lager vorher abgebaut. Auf einem großen Feld, nahe der Burg, mit weiter Sicht, liefen Eren und Ina durch die Gegend. Sie hatten sich beide in ihre Titanen verwandelt und wedelten mit langen Leinen, auf denen die frische Wäsche gespannt war, über das Feld. Die Sonne schien hell, es war warm und durch den Zugwind wurde die Wäsche umso schneller trocken.
“Meint ihr echt, dass das funktioniert?” Fragte Franz eher misstrauisch.
“Sicher klappt das, du musst einfach dran glauben, Franz.” Boris klang mehr verzweifelt.
Levi sagte schlussendlich auch etwas dazu. “Betet lieber darum, dass es klappt, sonst müsst ihr ohne Uniform kämpfen!”
Er klang genauso genervt wie immer. Ina und Eren ließen ihre Titanen nach einer halben Stunde bereits wieder verdampfen. Sie kletterten hinaus und sammelten die Leinen ein.
Glücklich, dass es funktioniert hatte, kamen sie zum Rest der Truppe. “Seht mal! Es ist alles trocken!” Eren kam freudestrahlend auf die Truppe zu. Die Soldaten stiegen von ihren Pferden, um die fertigen Uniformen an zu ziehen.
Levi, der die Pferde von Eren und Ina dabei hatte, blieb sitzen.
“Ist nicht gebügelt aber sauber!” Ina reichte mit Eren die Uniformen heraus.
“Aber glaubt ja nicht, dass ich das nochmal mache!” Ina zog sich ihre Jacke an und schimpfte dabei mit den anderen.
“Wieso? Du warst doch in bester Gesellschaft oder nicht?” Franz stichelte sie an. Ina sah ihn wütend an. Obwohl es ihr auch hätte schlimmer ergehen können.
Nachdem alle angekleidet waren nahmen sie ihre Pferde und ritten zur Burg, wo sie noch eine weitere Nacht verbringen mussten, bis sie zurück in die Mauer Rose reiten konnten. Von der Burg aus würde es den ganzen Tag dauern, bis sie die Mauer erreichten.
 

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