(15) In die Mangel genommen

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Franco kommt auch plötzlich ins Wohnzimmer gelaufen: "Vielleicht so ein Mensch, der nicht die Wahrheit sagt und eigentlich nicht wirklich wegen einem Urlaub hier ist?"

Mir bleibt kurz die Spucke im Hals stecken.

Tom wird neugierig: "Wie meinst du das jetzt?" "Naja, ich hab da sowas gefunden, was ziemlich eindeutig ist! Übrigens, schöne Schrift Josi!" Franco überreicht Tom ein zerknittertes Blatt Papier, das flüchtig glatt gestrichen wurde. Wenn ich ihn jetzt umbringe kommt das schlecht, zu viele Polizisten anwesend. "Kannst du mir das erklären?" Tom hält mir den Zettel unter die Nase. "Also da stehen Namen drauf und Straßen...." "JOSI! Bitte, keine Spielchen jetzt!" Tom wird sauer. Ich allerdings auch: "Frag doch nich so dumm, sieht man doch! Und ich weiß nicht, warum ich hier in einem Verhör sitze. Das geht nur mich was an und nicht dich!" Ich reiß ihm den Zettel aus der Hand und zerknülle ihn wieder. "Warum bist du denn so abweisend und stur?", mischt sich Franco ein. "Weil er sich raushalten soll. Das ist mein Kram und ich entscheide alleine wie ich was, wo, wann und überhaupt mache. Ich brauch keinen Aufpasser oder jemanden der alles kontrollieren will!", sauer verschränke ich die Arme und meine Rippen bekommen langsam wieder Laune. "Ich will dir doch nichts vorschreiben oder kontrollieren! Aber mit ein bisschen Hilfe geht manches einfach besser und warum soll ich dich von einer Scheiße in die andere rennen lassen, wenn es vermieden werden kann?", sein fragender Blick nervt mich schon wieder. "Weil ich es selbst können muss. Wenn ich mal niemand mehr habe, kann mir auch keiner helfen!", ich werde zum Ende immer leiser. "Du vergleichst dich jetzt aber bitte nicht mit unserer Mutter?" "Du hast doch gesehen, was sowas anrichtet! Das sie überhaupt alleine atmen konnte, war schon ein Wunder!", verdrehe ich die Augen. "Josi, das heißt doch nicht, dass man jede Hilfe oder Unterstützung ablehnen muss. Du wirst nie so werden wie sie! Du warst die letzten sechs Jahre viel zu viel alleine, das hätte ich nicht zulassen dürfen!" "Wieso denn? Ich hab überlebt und lebe immer noch, also wo ist das Problem?", ich verstehe die Lage nicht so ganz.

"Ich denke dein Bruder möchte dir damit sagen, dass du dich eingemauert hast. Du schottest alles ab und kämpfst gegen jeden und alles", übernimmt jetzt Phil. "Pffff, quatsch!" Die Schmerzwelle wird immer größer und je mehr ich mich aufrege, desto weniger bekomme ich Luft.

Warum spinnt mein Körper eigentlich momentan so?

"Lehn dich mal an mich!", fordert mich Alex auf. "Neee, alles gut!" "Stell dich nicht so an. Du bist schon ganz kurzatmig und bevor das wieder in einer Katastrophe endet, lenken wir dagegen!" Ich füge mich meinem Schicksal und lass mich von Alex zwischen seine Füße ziehen. Meinen Oberkörper lehne ich an seinen an und er drückt meinen Kopf an sich: "Jetzt ganz ruhig atmen und nur auf die Luft konzentrieren!" Als er so in mein Ohr redet, bekomme ich einen kompletten Gänsehautschauer und kann mich kein Stück auf irgendetwas konzentrieren. "Entspann dich mal! Nicht verkrampfen!", streicht mir Tom über meine Füße. "Hast du Schmerzen?", redet Alex weiter im Flüsterton. "Ja", gebe ich kleinlaut zu. Alex bittet Phil, noch etwas Schmerzmittel zu holen, und dieser verschwindet sofort. "Sag doch was! Diese Schmerzen musst du nicht aushalten, okay?" Ich nicke nur als Antwort und schließe meine Augen. Meine Konzentration liegt jetzt ganz auf Alex. Sein guter Geruch, sein warmer Körper und seine sanfte Stimme sind absolut der Hammer. Tom deckt mich mit der Kuscheldecke zu. Der denkt bestimmt, dass mir kalt ist, weil ich dauernd Gänsehaut schiebe.

Phil holt mich mit einem Wangentätscheln aus meinem Traumland zurück: "Deine Augen lässt du gefälligst auf!", nebenher spritzt er mir Schmerzmittel in den Zugang. Er fühlt kurz nach meinem Puls, aber mehr als ein Grinsen kommt dabei nicht rüber.

Danke für deine Diskretion Phil!

Als das Schmerzmittel endlich wirkt, werde ich entspannter und das Atmen klappt auch besser. "Du steigerst dich jetzt nicht mehr so da rein, hast du mich verstanden?", schielt Alex mich von der Seite an. "Jaaaa, schon okay... Dann darf Tom aber auch nicht immer die ganze Zeit nerven!" Gerade will ich mich wegdrücken, um mich wieder normal hinzusetzen, da hält Alex mich fest: "Bleib so liegen, wenns dann wirklich klappt, kannst du nachher wieder normal sitzen" Scheint ihm wohl auch zu gefallen, wenn ich in seinen Armen liege.

"Also?", setzt Franco wieder an.
"Also was?" "Dein ganzes Gepäck, dieser Zettel mit Adressen..", hilft er mir auf die Sprünge. "Ist doch offensichtlich, ich will hierher ziehen und hab halt noch keine Wohnung gefunden und..", ich kann gar nicht ausreden, sondern werde sofort unterbrochen: "Du ziehst hier her und sagst kein Sterbenswörtchen?" Tom sieht mich entgeistert an. "Mann, Tom, ich wollt doch erst alles auf die Reihe bringen...und wenn alles gut gewesen wäre, hätte ich mal geschaut ob wir unsere Beziehung wieder kitten können..." "Und wie war dein genauer Plan? Auf ewig im Hotel zu wohnen, bis du was gefunden hast?", starrt mich jetzt auch Phil entgeistert an. "Mein Plan ist: Augen zu und durch. Irgendwie geht es immer und ich hab einiges gespart, um eine Zeit lang über die Runden zu kommen!" "Genau das ist das, was ich meine! Hättest du was gesagt, dann hätte ich dir helfen können! Aber nein, da geht man lieber alleine und ohne Plan in eine fremde Stadt und guckt mal was so kommt. Flüchtest du vor irgendwas?" Tom reibt sich mit den Händen durchs Gesicht. "Bisher habe ich es auch geschafft!", maule ich ihn an. "Also, ich würde sagen, das Fräulein bleibt bei uns wohnen! Wir haben genug Zimmer frei!", entscheidet Franco einfach so über meinen Kopf hinweg. Die Männer sind sich alle schnell einig und stimmen zu. "Äh ne... Ich glaub nicht, dass das mit Tom und mir unter einem Dach gut geht und außerdem habt ihr schon genug zu tun und braucht Zuhause nicht auch noch so einen Notfall und sowieso bin ich schwierig und stur und..." Alex legt seine Hand auf meinen Mund. "Erstens: Dann reiß dich ein bisschen zusammen und dann klappt das bei Tom und dir auch! Zweitens: Mir ist lieber, wenn der Notfall hier bei uns rumrennt und nicht irgendwo in Köln, da kann man so schlecht reagieren und ich will dich nirgends überraschend von der Straße abkratzen. Das mit deinem Temperament bekommen wir auch noch hin. Wir können einiges ab, glaub mir!" Er nimmt seine Hand wieder von meinem Mund.

"Herzlich willkommen in der WG!", strahlt mich Phil an und die anderen Stimmen mit ein. Tom zieht mich aus Alex Armen und umarmt mich ganz fest: "Ich bin froh, dass meine kleine Schwester ab jetzt wieder bei mir ist!"

Mal schauen wie lange...

"Nicht so fest Tom!", mir bleibt fast schon wieder die Luft weg. "Sorry....", er erlöst mich von der Umarmung und ich atme erleichtert auf. Alex ist noch ein "schönes" Thema eingefallen: "Magst du auch noch erzählen, was es mit den mysteriösen Anrufen auf sich hat und warum deine Rippen so lädiert sind?" "Keine Ahnung, da nervt halt einer. Aber nicht der Rede wert! Ich bin wirklich gefallen, hatte wohl zu viel Alkohol", zucke ich mit den Schultern. "Josi, du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass die Anrufe nicht der Rede wert sind und du dann so ausflippst, dass du dein Handy wegwirfst und danach in Tränen ausbrichst. Und in dem Hotelzimmer...du hattest panische Angst!", stochert Tom weiter in der Wunde. "Manchmal bin ich halt so schräg und flippe aus. Solltest du doch wissen. Du hast das als besorgter Bruder bestimmt viel zu unrealistisch gesehen und..." "Ich darf dich erinnern, dass wir alle dabei waren und dein Bruder in keinster Weise eine unrealistische Auffassung hat", zieht Franco die Augenbrauen nach oben. "Dann hat es abgefärbt.. Mehr kann ich jetzt nicht dazu sagen", ich hoffe inständig, dass ich endlich meine Ruhe bekomme. "Ein bisschen weniger Alkohol könnte auch nicht schaden. Was mich außerdem noch brennend interessiert: Was für ein Problem hast du denn mit dem Namen Stephan?", grinst Stephan vor sich hin.

Ich muss lachen: "Eigentlich keins und auch nicht mit Paul". "Kann mich mal jemand aufklären?", grätscht Tom dazwischen. Stephan erzählt die Geschichte von Robin Sturm und Moritz Breuer. "Na super, das halbe Revier kennt dich dann ja schon mal..", er schüttelt mit dem Kopf. "Da kann doch ich nichts dafür. Ich musste bei denen ja eine Aussage machen und dieser Westerhoven und Kaya hätten mich auch ignorieren können!", verteidige ich mich. "Reiß dich in Zukunft einfach zusammen, okay!"
"Ich versuche es!"

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt