(51) Aufarbeitung

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"Josi, Susi?" Tom steht vor der Türe und scheint uns zu suchen. "Ja?", meiner Stimme hört man wieder an, dass irgendetwas nicht normal ist und Tom kommt auch sofort eilig ins Zimmer rein. Er mustert uns und bleibt an meinen Augen hängen, die wahrscheinlich in dem kräftigen Rot einer Leuchtboje schimmern. Er legt seinen Kopf leicht schief, läuft auf mich zu und setzt sich neben mich: "Was ist los? Geht's dir nicht gut? "Doch. Mir geht's gut, keine Sorge!", meine tropfnassen Wangen scheinen ihm anscheinend etwas anderes zu signalisieren. Er wischt mir mit seiner Hand über mein Gesicht und trocknet diese anschließend an seinem Hosenbein. "Wir haben gerade nur über Lukas geredet und... ja, da ist irgendwie alles hochgekommen!" Tom's Körper spannt sich an, während er mich in eine Umarmung zieht und schwer ausatmet.

Tom hat die ganze Geschichte auch ziemlich mitgenommen. Er lässt es sich zwar nicht anmerken, aber in so Momenten wie diesen kann auch er das nicht verbergen. Ich denke, die Gewissheit, dass ich mit Alex zusammen bin und dieser mich wie einen Schatz behütet, lässt es ihn besser ertragen. Allerdings schwirrt mir auch manchmal die Frage im Kopf umher, was passiert, wenn er freigelassen wird. Die nächsten vier Jahre sitzt er offiziell hinter Gittern, wenn er nicht wegen guter Führung früher rauskommt.

"Kommt Mädels, wir machen uns jetzt was zum Mittagessen. Stephan's Magen schreit schon das ganze Haus zusammen!" Tom drückt uns beide leicht an den Schultern nach vorne, worauf wir aufstehen und mit ihm in die Küche laufen. Stephan hängt mit dem Kopf im Kühlschrank und widmet sich uns, als wir die Küche betreten: "Was sollen wir denn.... Was ist los? Alles in Ordnung?" Seine Augen fixieren abwechselnd Susis und meine Augen. Ich zwinge mir ein Lächeln auf und laufe ebenfalls zum Kühlschrank um einen Blick reinzuwerfen: "Ich wäre ja für was gesundes!" "Wieso? Weil ihr heute Abend euren Blutzuckerspiegel zum explodieren bringen wollt?", der Mann neben mir verdient sich ein gehässiges Naserümpfen: "Jaaaa. Neidisch?" "Schon ein bisschen!" Stephan kramt einen Salatkopf, Karotten, Paprika und Gurken aus dem Kühlschrank und wendet sich Tom zu: "Wir machen einen gemischten Salat, vor allem für die Zucker Junkies und wir hauen uns noch dazu ein Steak in die Pfanne, oder?" Tom nickt einverstanden und trampelt die Treppen zum Keller hinunter, um von dort das Fleisch zu holen. Jeder widmet sich einem Gemüse, ausser Tom, der macht die Steaks.

◇◇◇◇◇◇◇◇

Nach dem Essen prüfen Susi und ich erst mal unsere Handys. Dazu haben wir uns gemütlich aufs Sofa gesetzt.
Auf meinem ist eine Nachricht eingetroffen:

Alex: >>Hey Süße. Wir sind gut angekommen. Wir stürzen uns gleich ins Getümmel, wegen der Aufteilungsplanung. Meld mich heute Abend irgendwann <3 <<

Meine Mundwinkel springen sofort in die Höhe und mein Herz beginnt schneller zu schlagen.

Jetzt krieg dich bloß mal wieder ein, Frau Mayer. Das ist eine stinknormale Nachricht und du verhältst dich, als wenn er gleich durchs Handy durch gesprungen kommt.

"Wie geht's Alex?" Susi lässt sich von meinem Grinsen anstecken und mustert mich ganz genau. "Er hat mir nur geschrieben, dass sie gut angekommen sind und er sich später meldet!" "Dafür ziehst du aber eine ganz schön breite Fresse, hahahaha!" Ich kommentiere das nur mit einer rausgestreckten Zunge und beobachte Susi ebenfalls ganz genau, während ich meinen Rücken fest gegen die Rückenlehne des Sofa drücke. Gerade ist sie ebenfalls sehr vertieft in ihr Handy und versucht krampfhaft ein Grinsen zu unterbinden.

Wenn ich sie jetzt frage, druckst sie eh nur rum… Da müssen drastischere Methoden her.

Ich schiebe mir mein Handy in meine Hosentasche und stütze mich schon geschickt auf dem Sofa ab, nur um mir kurz darauf ihr Handy zu krallen. "HEEEEEEEY!" Susi fährt erschrocken herum und wirft mir einen entgeisterten Blick zu. In Windeseile springe ich vom Sofa auf und renne mit Vollgas um das gemütliche Möbelstück herum. Susi ist mir dicht auf den Fersen, da ihre Kondition auch tatsächlich noch vorhanden ist. Ich schlage meinen Weg in den Flur ein und renne schnell in die Küche, um hinter dem Esstisch eine kurze Verschnaufpause einzulegen. "JOSI! GIB ES WIEDER HER!", ihre Augen funkeln, gespielt böse auf und sie scharrt belustigt mit den Füßen auf dem Boden. Wir setzen gleichzeitig unser Fangspiel wieder in Gang und nebenher versuche ich, in ihre Nachrichten zu gelangen.  Unterwegs muss ich noch Tom und Stephan ausweichen, die mit einer vollen Kaffeetasse in der Hand, wie Statuen stehen bleiben.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt