(108) Der erste Streit

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Total beflügelt und immens erleichtert, sitze ich neben dem besten Bruder der Welt im Auto und gröle mit ihm bei jedem Lied, das im Radio läuft, um die Wette.

Meine Güte, Josi… DAS hättest du fast für immer verloren...

Ich werfe einen Blick auf den mittlerweile einzigen Teil der Familie, der mir noch geblieben ist. Der liebevolle Idiot strahlt wie ein Honigkuchenpferd und singt schiefer als schief, was mich aber ebenfalls zum Grinsen animiert.

Zuhause angekommen, betreten wir die WG und hören, dass der Rest immer noch auf der Terrasse sitzt und anscheinend ebenso in gute Laune verfallen ist. Tom macht sich als Erstes auf den Weg zu der Bande und wird den Geräuschen nach, herzlich empfangen.

Als ich gerade in der Küche ein Glas Wasser trinke, schlingen sich zwei Arme um meinen Bauch: "Wehe du hast kein Eis für mich mitgegessen!"
"Doch natürlich!", ich stelle das Wasserglas auf die Arbeitsfläche und lehne mich mit meinem Rücken gegen Alex. "Was hatte ich denn dann?", schwirrt mir die leicht belustigte Frage ins Ohr. "Du hattest Vanille- und Erdbeereis und ich hatte die Erdbeeren. Haha", ich drehe mich in seiner Umarmung und schenke ihm einen Kuss, den er zärtlich erwidert. "Phil hat erzählt, dass Susi am Wochenende kommt und ihr habt den ganzen Abend für euch alleine...Phil muss nämlich arbeiten!" Irgendwas ist komisch an seiner Art, mir das mitzuteilen. "Und du musst auch arbeiten, oder warum haben Susi und ich die Zeit für uns?" Ich ziehe meine Augenbrauen nach oben und mustere ihn eingehend. "Naja, Melissa hat mich vorhin angerufen und wir gehen dann Samstag was essen!"

Vielen Dank Herr Hetkamp, Laune versaut...

"Aha!" "Was soll dieses "Aha" bedeuten?" Anscheinend legt er es jetzt darauf an. "Naja, die schien mir irgendwie etwas besitzergreifend zu sein. Hat die nen Freund oder Mann oder irgendetwas in der Richtung?" Alex scheint das ganze ziemlich lustig zu finden: "Hahaha. Ist da etwas jemand eifersüchtig?" "Na, die Netteste war sie ja heute morgen nicht gerade", mein Reaktor fährt langsam hoch, aber noch kann ich mich beherrschen. "Quatsch. Das bildest du dir bloß ein. Ich glaube deine Hormone spielen ein bisschen verrückt!"

Ich gebe dir gleich Hormone!

"Jede Frau, mit einem gesunden Menschenverstand, hätte das gesehen. Da DU nicht zur Frauenwelt gehörst, war mir das ja fast schon klar, dass du die abweisende Art dieser Kuh nicht wirklich wahrnimmst!", siegessicher nicke ich ihm zu und hoffe auf seine Einsicht. Aber Alex scheint da ganz anderer Meinung zu sein: "Erstens heißt sie nicht Kuh, sondern Melissa. Zweitens ist das eine wirklich super gute Ärztin und Drittens gehen wir nur was essen. Du bist doch mit Stephan auch in einem Bett gelegen und hast dich vollgefressen!"
"Du vergleichst Stephan jetzt aber nicht wirklich mit dieser Tussi, oder? Und überhaupt ist das in keiner Linie miteinander zu vergleichen!" "Natürlich. Melissa ist doch auch nur eine Freundin und wir gehen ganz unverfänglich was essen!"

Ah... Vorhin war es eine Kollegin und jetzt hat sie sich schon zur Freundin gesteigert. Warten wir mal noch ein paar Minuten, vielleicht sind die Beiden dann doch auch miteinander verheiratet.

"Wow. Ich frage mich, wie du es überhaupt schaffst, mich hier mit dem Haufen Männern alleine zu lassen!", ich drücke Alex leicht auf die Seite und will eigentlich schnell flüchten. "Ich hab doch nicht gesagt, dass es für mich ein Problem darstellt. Aber ich verstehe nicht, warum Du jetzt so reagierst?!" Alex' Stimme wird langsam lauter, was die Herren auf der Terrasse anscheinend auch gehört haben, denn die Reden keinen Ton mehr. "Na, weil es offensichtlich ist, dass die auf dich abfährt und auch nicht davor zurückschreckt, vor meiner Nase mit dir zu flirten!", ich werfe meine Arme verständnislos in die Luft und werde von Alex leicht belächelt. "Findest du das denn jetzt auch noch lustig oder was?"

Achtung, Achtung, bringen Sie sich bitte in Sicherheit. Der Reaktor steht kurz vor der Explosion..

"Keine Ahnung, ob ich jetzt lachen oder heulen soll...", auf diese Worte hin stampfe ich total überspannt die Treppen hoch und begebe mich in MEIN Zimmer. Dass die Türe bei dem Schlag nicht komplett zerreißt, grenzt schon an ein wahres Wunder.

Während ich in meinem Bett versuche, die Explosion in meinem Kopf einzudämmen, klopft es an der Türe.
"WER?" "Dein zweitliebster Lieblings Polizist!", bei Stephan's Worten kann ich nicht anders als zu lachen. "Komm rein!"

Vielleicht geht er ja mit mir was essen, muahahaha.

Stephan steht schneller, als ich gucken kann, neben meinem Bett und sieht mich mitleidig an. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und mustere ihn auffällig: "Musst du noch arbeiten, heute?" "Ähm, nein!", er guckt mich verwirrt an. "Gehen wir was essen?" Meine Mundwinkel zucken schon leicht. Stephan pustet die Luft durch seine geschlossenen Lippen und streicht sich über den Bauch: "Also, wenn wir so weiter machen.... Ich weiß nicht, ob das gut geht. Aber Hunger hätte ich schon!" Er zieht mich lachend vom Bett hoch und legt mir einen Arm um die Schulter.

Im unteren Flur kommen uns Phil und Tom entgegen, worauf Stephan sofort verkündet, dass wir jetzt außer Haus sind. "In letzter Zeit frage ich mich wirklich, wer von euch beiden schwanger ist! Hahahaa" Phil klopft Stephan aufmunternd auf die Schulter und auch Tom funkelt ihn amüsiert an.
"Jaja, lacht ihr nur. Irgendjemand muss die einzige Frau in diesem Männerhaushalt, doch unterstützen. Ich bin eben so eine gute Seele und opfere mich", der Herr schiebt seine Nase ganz weit hoch in die Luft und zieht mich Richtung Türe.."Halt, halt, halt, halt! Wohin des Weges?" Franco kommt im Schnellschritt von der Terrasse und scheint irgendwie im Fluchtmodus zu sein. "Wir gehen was essen! Willst du auch mit?", ich strecke ihm meinen Arm entgegen und kurz darauf liegen Franco's Schultern darunter. "Na toll und wir müssen uns hier mit diesem Muffel vergnügen!" Tom läuft mit zwei kühlen Bier in der Hand wieder zurück auf die Terrasse und zwinkert mir zu.

"Tja, wir futtern uns jetzt die Bäuche rund, stimmts?" Die beiden Männer ziehen mich einfach zur Haustüre hinaus und bleiben mit mir vor den Autos stehen. "Achso, Josi, du hast übrigens Post bekommen!" Stephan verzieht schon das Gesicht und wartet anscheinend auf die nächste langgezogene Fresse meinerseits. "Jaja. Das gebe ich mir dann morgen! Aber weißt du, wozu brauche ich einen Führerschein, wenn ich soooooo viele nette Männer um mich rum habe?" Jetzt lasse ich mir meine Laune nicht mehr verderben und anscheinend stößt das auf pure Erleichterung. "Ich will Pizza!" Franco schleckt sich schon gierig die Lippen. "Wollen wir das auch Stephan?" "Ohja und Antipasti davor. Vielleicht auch Bruschetta. Hmmmm....", während Stephan noch vor sich hin träumt, schiebt uns Franco schon zu seinem Auto.

Ich glaube, mit Stephan werde ich noch richtig viel Spaß haben! Anscheinend sind meine Hormone für diesen Herrn ziemlich ansteckend

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt