(97) Schisshase

1.4K 68 4
                                    

Auf dem Weg zurück in Susi's Wohnung, bremsen wir noch in einer Pizzeria ein und bestellen zwei Pizzen zum Mitnehmen. Wir sind total erledigt vom Schwimmen und haben keinen Bock mehr, irgendeinen Finger krumm zu machen.

Nachdem die Pizzen fertig sind, fährt Susi in Schallgeschwindigkeit durch den Ort, was mich natürlich etwas meckern lässt: "Susi, fahr doch langsamer! Wir sind innerorts. Was meinst du, wie viele Unfälle verhindert werden könnten, wenn die Menschheit sich mal an die vorgeschriebene Geschwindigkeit halten würde!"
Anscheinend hat das gefruchtet, denn die Dame nimmt ihren Bleifuß vom Gas. Ein lautes Seufzen kann sie sich jedoch nicht verlneifen. "Hat Josi eigentlich schon ihren Strafzettel bekommen?" Susi grinst vor sich hin, während sie ihren Mini auf dem Parkplatz vor dem Haus einparkt. "Was für ein Strafzettel?" "Naja, sie ist an unserem Mädelswochenende etwas zu schnell gefahren und dann über eine rote Ampel gebrettert!" Susi kann sich ihr Lachen kaum verkneifen. "Ihr beide zusammen seid auch eine Gefahr für die gesamte Menschheit! Ich weiß nicht, ob da schon was angekommen ist. Weiß Tom das?" "Ja, der hat es am selben Tag noch erfahren, weil sie echt ein schlechtes Gewissen hatte. Aber jetzt, Herr Funke, müssen WIR an Geschwindigkeit zulegen, da unsere Pizza sonst arschkalt wird!" Susi steigt aus dem Auto aus, was ich ihr gleich tue, schnappt sich die Pizzen und rennt schon fast ins Haus und die Treppen hoch.

"Erst essen, dann duschen, dann Film?" Voller Hektik läuft Susi in der Küche umher, schlägt sich zweimal das Knie und einmal den Kopf an und als sie zwei Gläser aus dem Schrank holt, kann sie diese gerade noch vor dem Aufprall auf dem Boden retten.
"Susi. Was ist denn los? Mach doch langsam. Wir haben Zeit!", ich nehme ihr die Gläser aus der Hand und stelle sie auf dem Tisch ab, um sie darauf in eine Umarmung zu ziehen. "Ach keine Ahnung. Irgendwie will ich manchmal alles auf einmal machen und das endet dann meistens in einer Katastrophe". Susi legt ihren Kopf auf meinem Schlüsselbein ab und atmet tief durch. "Mach dir doch nicht immer so viel Stress durch deine Hektik. Wir essen jetzt in Ruhe und dann sehen wir weiter, okay?" Susi hebt ihren Kopf wieder an, nickt und gibt mir einen federleichten Kuss.

Daran kann ich mich wirklich gewöhnen!

Wir setzen uns an den kleinen Esstisch und essen gemütlich unsere Pizza. "Weißt du schon, wie du nächstes Wochenende arbeiten musst?" Susi grinst mich leicht an und beißt anschließend in ihre Pizza Funghi. "Nein, soweit bin ich meinen Dienstplan noch nicht durchgegangen. Warum? Willst du kommen?" Jetzt muss ich ebenfalls grinsen. "Ja, wenn du Zeit hast, schon!" "Eigentlich kannst du so oder so kommen. Wenn ich arbeiten muss, kannst du doch was mit Josi machen. Dann habt ihr auch was voneinander!" Meinen Vorschlag nimmt sie freudestrahlend an und klappt kurz darauf den Pizzakarton zu.
"Wie jetzt? Schon fertig?" Wenn mich nicht alles irrt, hat sie nur drei Stücke gegessen und das ist bei Gott nicht wirklich viel. "Ich war den Tag über vielleicht ein bisschen zu aufgeregt. Das schlägt mir immer gleich so auf den Magen", sie zuckt mit den Schultern und wird leicht rot. "Ging mir doch genauso. Stephan und Franco haben mich schon aufgezogen, weil ich so zappelig war." Als ich ebenfalls mit meiner Pizza fertig bin, räumt Susi die Schachteln auf die Seite und drückt mir die Fernbedienung in die Hand: "Wenn du willst, suchst du schonmal einen Film auf Netflix raus, ich gehe kurz duschen. Fühl dich ganz wie zuhause!" Kurz darauf ist sie auch schon verschwunden und das Rauschen der Dusche zieht durch die Wohnung.

Obwohl es mir hier fast zu ruhig ist, da ich von zuhause den Trubel gewohnt bin, fühle ich mich wirklich wohl. Um die Stille etwas erträglicher zu machen, schalte ich den Fernseher ein und zappe durch die Filmauswahl.

Was schauen wir denn an? Nicht zu blutrünstig, das kann ich gar nicht ab.

"Und? Hast du was gefunden?" Susi legt von hinten ihre Arme um meinen Hals und verströmt dabei den Duft ihres Melonen-Duschgels. "Was hältst du von 'The Purge'?" "Ja, das hört sich gut an!" Sie drückt mir einen Kuss auf, worauf ich auch schnell duschen gehe, um mich anschließend zu Susi aufs Sofa zu kuscheln.

Zwischendurch müssen wir beide immer wieder gähnen, der Tag hat uns heute echt geschafft.

"Schon krass, oder? Wenn das bei uns stattfinden würde, wäre unser Sechs-Parteienhaus auch nur noch mit einem Bewohner bestückt!" Susi zieht meinen Arm etwas enger um sich und drückt sich mit ihrem Rücken fester gegen meine Brust. "Welcher Mensch wäre denn zu sowas fähig?", ich schüttle leicht den Kopf, worauf sie wieder anfängt zu lachen: "Na ich!" "Soll ich lieber gleich wieder nach Hause fahren?" "Nein, dich würde ich verschonen!" Mich trifft ein unerwarteter Kuss an meinem Kinn. "Du bist aber gnädig!" "Ich weiß!"

Nach einer halben Stunde ist der Film zu Ende und in meinen Armen liegt eine schlafende Susi. Ich streiche ihr die Haare hinters Ohr und beobachte sie eine Weile, bevor ich sie vorsichtig wecke: "Susi? Hey, lass uns ins Bett gehen." "Hmmm? Ist der Film schon aus? Wann bin ich denn eingeschlafen... so ein Mist!" Sie setzt sich gähnend auf und streckt sich.

Plötzlich ertönt draußen lautes Geschrei und quietschende Autoreifen sind zu hören. Susi's Augen werden immer größer und ihr Blick wandert zur Haustüre. "Hahaha. Für dich gibt es definitiv keine Horrorfilme mehr! Ich verstehe gar nicht, wie du Schisshase dir das antun kannst!" Ich verfolge Susi mit meinen Blicken, wie sie zum Fenster läuft und vorsichtig hinaus linst. "Ich habe keine Angst! Man muss ja aber nach dem Rechten schauen und gucken, ob da jetzt jemand verletzt auf der Straße liegt, oder nicht?" Ich laufe kopfschüttelnd zu ihr und werfe ebenfalls einen Blick nach draußen. Aus einem Auto steigt ein Mann aus, der auf das Haus zuläuft und einen Schlüssel in der Hand hält.

Als man die Haupteingangstüre zuknallen hört, schreckt Susi wieder auf. "Hahaha, du hast doch gerade gesehen, dass der Mann zur Haustüre gelaufen ist. Ich glaube, es wird wirklich Zeit fürs Bett!" Ich ziehe den kleinen Angsthase hinter mir her ins Badezimmer. Nach dem Zähneputzen verkriechen wir uns ins Schlafzimmer und kuscheln uns dicht aneinander. "Das habe ich so vermisst!", nuschelt die kleine Schönheit in ihr Kissen und nach einem zärtlichen Kuss fallen wir fast augenblicklich in einen tiefen Schlaf.

Am nächsten Morgen wecken mich die Sonnenstrahlen, die mir direkt ins Gesicht strahlen, da wir vergessen haben, den Rollladen runterzulassen. Ich strecke mich ausgiebig und drehe mich anschließend zu dem schlafenden Geschöpf neben mir. Sogar während sie schläft, liegt ein leichtes Lächeln auf ihren Lippen. Da ich nicht mehr schlafen kann, stehe ich auf und mache mich schonmal im Bad frisch. Plötzlich ertönt lautstarke Musik aus dem oberen Stockwerk, worauf Susi lautstark zu hören ist: "Mach die Musik leiser, du Vollpfosten!" Ich schmunzel Kopfschüttelnd vor mich hin und frage mich, ob nicht eher Josi und Susi Geschwister sind, als Josi und Tom.

Total muffelig reist Susi die Badezimmertüre auf und erschrickt kurz, als sie mich sieht. Als sie sich dann zweimal mit der Hand durch die Haare gefahren ist, legt sie ein Lächeln auf und säuselt mir ein "Guten Morgen!" entgegen. "Guten Morgen! Du hast ja einen gut funktionierenden Wecker über dir Wohnen!" "Das wäre der erste, der daran glauben müsste!" Susi zieht ihre Augen zu Schlitzen und schmettert die Tür darauf wieder zu. Kurz darauf öffnet sie diese wieder, kommt herein gerannt um mir einen Kuss aufzudrücken und schließt darauf die Türe in einer angemessenen Lautstärke.

Tja, jetzt hat jeder eine Umstellung, die er meistern muss.

Als ich die Küche betrete, fliegt gerade die Milchpackung durch den Raum: "Kommt da noch was oder kann ich zu dir kommen?" "Haha ne, sorry. Weißt du, da will man locker, flockig in den Tag starten und die bescheuerte Milch hat die gleiche Idee!" Susi lehnt ihren Kopf gegen einen Hängeschrank und schließt die Augen.

Kein Morgenmensch! Aber das kennen wir ja auch schon irgendwoher!

"Weißt du was? Zieh dich an, wir gehen irgendwo frühstücken und dann überlegen wir ganz chillig, was wir heute anstellen. Okay?" Susi nickt mir zu und flitzt kurz darauf ins Badezimmer. Gegen all meine Erwartungen, ist die Dame nach fünfzehn Minuten fertig und ich bin erstaunt, dass das so schnell ging.

"Heute fahre ich!", mit einem vielsagendem Blick schnappe ich mir meine Autoschlüssel und folge Susi nach draußen vors Haus. "Du musst nicht fahren. Der Bäcker ist nur zehn Minuten entfernt, da können wir auch hinlaufen!" "Ja, das wäre mehr als unnötig", ich schnappe mir Susi's Hand und lasse meine Finger zwischen ihre gleiten. Wir zwei laufen in aller Herrgottsfrühe, händchenhaltend und mit einem dümmlichen Grinsen durch die Gegend und mir ist bewusst, dass ich das mit Niemand anderen lieber täte, als mit ihr!

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt