(101) Bröckelndes Herz

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"Geht's denn schon wieder ein bisschen besser?" Oli hängt die Infusionen auf und betrachtet mich mit einem kritischen Blick. "Ja. Es wird!" Tatsächlich ist schon der Würgereiz verschwunden und die Übelkeit ist auch nur noch sehr minimal präsent.
"Hattest du viel Stress in letzter Zeit?" Nebenher zapft Oli noch ein bisschen Blut ab und scheint etwas zu überlegen. "Ja, leider. Habe mich wohl zu viel aufgeregt!", ich zucke mit den Schultern, da ich nicht wirklich etwas dafür konnte.

Oli tastet nochmal selbst meinen Bauch ab und in der Region des Magens merke ich leichte Schmerzen und ein unangenehmes Gefühl. "Also, allem an..." Oli wird durch ein Klopfen an der Türe unterbrochen. "Ja, bitte!" Auf diese Worte hin, kommt Alex herein gestürmt und steht sofort neben der Liege parat: "Wie geht's dir? Ich hätte dich doch schon früher herbringen sollen. Ich Idiot!" "Alex, ganz ruhig. Wir warten mal noch die Blutergebnisse ab. Ich, sowie Markus, gehen von einer Gastritis aus. Eine Magenspiegelung möchte ich jetzt nicht wirklich veranlassen. Wir sollten uns nur wirklich was wegen der Ernährung überlegen. Normalerweise würde ich empfehlen, ein bis zwei Tage nichts zu essen, damit sich der Magen wieder beruhigt und dann auf Schonkost umstellen. Josi hat mir aber schon zu viel abgenommen und durch die Schwangerschaft... Ach... Du kostest mich ganz schön Nerven, Fräulein. Ich überlege mir was und morgen lassen wir mal den Gyn drüberschauen!" Oli rattert schnell alles runter, worauf Alex gleich seinen Finger erhebt: "Ich rufe aber Finn an und frage, ob er hierher kommen kann. Zu diesem unsympathischen Arzt da oben, gehen wir nicht mehr!" Oli hebt die Hände hoch und nickt Alex zu:
"Geht klar. Gibst mir dann bitte Bescheid, wenn du weißt, ob es klappt!"

Kurz bevor Alex irgendetwas erwidern kann, geht sein Melder wieder runter. "Boah, warum hat der uns denn schon wieder freigegeben...Sorry!" Sein gequälter Blick trifft auf mich, aber ich lächle ihn nur leicht an und ziehe ihn an seiner Jacke zu mir, um ihn schnell zu küssen: "Geh schon Leben retten! Mir geht's gut. Wir sehen uns morgen".
Nach einem erneuten Kuss macht sich mein Freund grummelnd auf den Weg zurück zum Nef.

"Wenn die Infusionen durch sind, gibt es nochmal eine mit Glukose. Wie sieht es denn sonst so mit der Übelkeit aus?" Oli setzt sich auf einen kleinen Hocker neben mich. "Zwei Tage hatte ich jetzt Ruhe und heute kam es dann doppelt und dreifach zurück. Außer Fleisch, kann ich aber alles essen, zumindest bisher!" Mein Wohlbefinden steigert sich mit jeder Minute und am liebsten würde ich wieder nach Hause gehen. "Okay... dann schauen wir mal, dass du nicht zu säurehaltig isst und Kaffee lässt du auch weg. Trink lieber einen Tee oder sowas". Das Kaffeeverbot lässt mich mit den Augen rollen. "Das habe ich gesehen! Du wirst das schon überleben. Im Gegensatz zu deiner bisherigen gesundheitlichen Laufbahn ist Kaffeeentzug ein Klacks!"

Wenn du wüsstest!

"Dann geht's jetzt zackig auf Station. Nicht mehr aufregen! Du musst ein bisschen zur Ruhe kommen!" Oli ermahnt mich eingehend, aber gegen die Einflüsse in meiner Umgebung kann ich ja schlecht was ausrichten. Als mich eine Schwester mit dem Rollstuhl aus dem Behandlungszimmer schiebt, kommt mir mein Bruder entgegen gerannt:
"Hey, wie geht's dir? Was machst du denn für Sachen?" "Wieder besser! Du hättest nicht herkommen müssen. Du hast doch erst Dienstschluss gehabt!", dass ich alle immer so auf Trab halte, gefällt mir wirklich gar nicht. Tom hält eine Tasche in die Höhe und grinst ganz frech: "Die kann ja auch nicht von alleine hierher laufen. Außerdem muss ich ein Auge auf euch drei haben, wenn dein Freund schon unabkömmlich ist!" Die Schwester schaut mich ganz komisch an und wirft danach ebenfalls einen kritischen Blick zu Tom. Anscheinend denkt die auch, dass er eine Macke hat und wohl nicht richtig zählen kann.

In meinem Zimmer wechsele ich von Rollstuhl zu Bett und bin froh, dass ich vorerst alleine in diesem Zimmer bin.
"Aaah, Phil ist mit Susi zusammen!" Ich grinse über beide Ohren und halte meine Hand in die Höhe, damit Tom einschlagen kann. "Ja, ich hab es gesehen. Hahahaha!" Seine Handfläche trifft auf meine. "Susi ist etwas stürmisch, wenn es darauf ankommt. Phil war bestimmt überrascht, da man bei ihrer anfänglich schüchternen Art gar nicht auf die Idee kommt, dass so ein Teufel in ihr steckt. Hahahahaha. Vielleicht hätte ich ihn vorwarnen sollen!" "Neeein. Jetzt ist es ja eh zu spät und wie du siehst, hat er es überlebt! Sag mal, weißt du was von Flo? Der ist kaum noch zuhause. Hat der auch zufällig was an Land gezogen?" Tom räumt nebenher ein paar Klamotten in den Schrank und wirft mir immer wieder einen fragenden Blick zu. "Das ist mir auch schon aufgefallen, aber ich weiß da auch nichts Genaueres”, ich kuschel mich in die Bettdecke ein und beobachte Tom, wie er auf mich zugelaufen kommt und sich neben mir auf einem Stuhl nieder lässt.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt