Das ich die halbe Nacht nicht geschlafen habe, da ich mir den Kopf über Alex' Problem zerbrochen habe, schreien einem meine dunklen Augenringe ohne Nachfrage sofort entgegen. Zumindest hat Alex gut geschlafen und tut dies auch immer noch.
Während ich mir kaltes Wasser ins Gesicht schmeiße und ich gar nicht wirklich selber weiß, was ich damit erreichen will, betritt mein Bruder das Badezimmer, um sich die Zähne zu putzen: "Guten Morgen! Wie kommt's, dass du schon wach bist?" "Konnte nicht sonderlich gut schlafen!", ich mache Tom gähnend Platz und putze mir ebenfalls die Zähne. Ich muss mich wirklich beherrschen, nicht im Stehen einzuschlafen und lehne mich deshalb leicht gegen Tom. "Wichst gu gich nich goch hingegen?" Der fragende Blick trifft mich im Spiegel, worauf ich ihn nur entgeistert anschaue: "Ih cherhehe gein horg!"
Tom dreht sich mit einem amüsierten Gesichtsausdruck zu mir:
"Has?" Ich muss unweigerlich lachen und ersticke fast an meinem Zahnpastaschaum, bevor ich ihn im Waschbecken in die ewigen Weiten der Abflussrohre entlassen kann.
Nachdem der Schluck Wasser durch meinen Mund gefegt ist und ebenfalls im Waschbecken seine letzte Ruhestätte gefunden hat, trockne ich meinen Mund und widme mich wieder Tom: "Was hast du gesagt? Ich habe kein Wort verstanden!" Über dem Waschbecken hängend, wiederholt Tom seine unverstandene Frage: "Ob du dich nicht noch ein bisschen hinlegen willst, hab ich gefragt!" "Achso. Ne... Ich kann eh nicht wirklich schlafen. Ist Stephan schon wach?"
"Ja, der trinkt seinen Kaffe!" Tom hält einmal seinen kompletten Kopf unter den Wasserhahn, während ich mich auf den Weg in die Küche mache."Guten Morgen Stephan!" Ich bin sehr bemüht ein wirklich authentisches Lächeln rüber zu bringen, aber Stephan's Blick nach, ging der Schuss nach hinten los. "Morgen Josi. Hast du heute Nacht eigentlich geschlafen? Du siehst echt fertig aus!" Herr Sindera nippt an seiner Kaffeetasse und beäugt mich kritisch. Meine Wenigkeit läuft einmal um den Tisch, worauf ich einen Stuhl ganz dicht an den Herrn ranschiebe und mich ganz dezent an seine Seite hefte. Naja, es fehlt nicht mehr viel, dann sitze ich auf seinem Schoß. "Nein, ich konnte kaum schlafen. Allerdings kannst du mir dabei helfen, damit ich wenigstens heute Nacht wieder die Augen zu bekomme!" Meine Hände finden ihren Weg und klammern sich um Stephans Oberarm. "Und das wäre?", mit hochgezogenen Augenbrauen wartet er auf die erwartete Hiobsbotschaft, doch sein Blick verändert sich innerhalb einiger Momente und er schüttelt sofort seinen Kopf: "Nein. Das sage ich dir nicht!" "Woher genau willst du wissen, was ich von Dir wissen will, wenn ich dir noch gar nicht gesagt habe, welches Wissen ich benötige?", ich muss kurz innehalten und überlegen ob dieser Satz Sinn gemacht hat, aber anscheinend hat Stephan es verstanden, denn er schüttelt erneut den Kopf: "Ich werde dir nicht verraten, was Alex mir gestern erzählt hat! Entweder er sagt es dir selbst oder eben nicht. Von mir wirst du nichts erfahren! Nein! No! Niet! Nada! Nichts!" "Was würde Herr Sindera zu einem leckeren Abendessen bei Tony's sagen?", meine wackelnden Augenbrauen scheinen ihn für ein paar Millisekunden aus dem Konzept zu bringen, doch leider fängt er sich wieder viel zu schnell: "Josi, bitte! Ich meine es Ernst. Über meine Lippen kommt kein Wort." "Stephan, es macht mich total fertig, nicht zu wissen, was Alex belastet. Er will es mir nicht sagen und ich verwette meinen Arsch darauf, dass er sich lieber mit mir bis in alle Ewigkeit streitet, als dass er mir davon erzählt!" Ich ziehe einen weiteren Trumpf und lege meinen Hundeblick auf.
"Josi, lass Stephan in Ruhe. Du spielst mit unfairen Mitteln und hör auf, so erbärmlich zu gucken! Im Zusammenhang mit deinem Augenringen, könnte man fast schon Angst bekommen!" Tom mischt sich einfach ungefragt in meine Überredungsversuche ein und bekommt dafür auch gleich die Quittung: "Halt du dich da raus! Dich habe ich nicht gefragt! Ich möchte meinem Freund doch einfach nur helfen und ihn unterstützen. Anscheinend belastet es ihn und das kann ich doch nicht einfach so hinnehmen!" "Dein Freund ist Notarzt und kann so einiges ab. Wenn es ihm dann wirklich so nahe geht, dann will ich gar nicht wissen wie du darauf reagierst." Tom lässt sich ebenfalls einen Kaffee aus der Maschine und wendet sich dann zu mir. "Ach, soll das heißen, dass so eine popelige Rettungssanitäterin etwa nur halb so viel ab kann, als ein Notarzt?", langsam werde ich echt sauer und ich befürchte, dass es hier wirklich noch in Streit ausarten wird. "Nein. Aber du bist dazu eben auch noch schwanger und sensibler als sonst. Also lass es doch einfach gut sein und finde dich damit ab!" Tom erhebt langsam seine Stimme, was mich noch viel wütender macht als seine vorher ausgesprochene Meinung. "Ihr könnt mich mal gern haben. Mit sowas wie euch rede ich doch gar nicht mehr!" Als ich gerade aufgesprungen bin und zur Türe laufe, renne ich natürlich ungebremst in Alex rein. "Langsam! Sei doch nicht schon am frühen Morgen so impulsiv! Was ist denn los?" Alex' prüfenden Blick fegt über alle Gesichter und bleibt letztendlich wieder an mir kleben. "Nichts von Bedeutung. Guten Morgen, ich hoffe du hast gut geschlafen!", nach einem halbherzigen Kuss will ich mich eigentlich in das Wohnzimmer verkrümeln, aber Herr Hetkamp hält mich schnell am Arm fest: "Warum siehst du so schlecht aus und warum regst du dich so auf?" "Weil ich unheimlich schlecht geschlafen habe und....." Ich stocke in meinem Satz und schüttle den Kopf, da ich jetzt keine Lust habe, auch noch mit Alex zu streiten. "Und?" "....und ich müde bin!" Was blöderes fällt mir auf die Schnelle nicht ein, da ich sehe, dass Alex ziemlich unentspannt wird. "Warum hast du so schlecht geschlafen?" Die hochgezogene linke Augenbraue signalisiert mir schon, dass Herr Hetkamp keinen Nerv für Diskussionen hat. "Kommt halt auch mal vor. Jetzt trink deinen Kaffee, wir müssen bald zu Finn!" Mit Schwung befreie ich meinen Arm aus Alex' Griff und verkrümele mich dann tatsächlich ins Wohnzimmer.
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Einzelkämpfer (ASDS)
FanfictionASDS - Fanfiction Josi hat ein ernstes Problem an der Backe und versucht davor zu flüchten. An ihrem Zielort, trifft sie unglücklicherweise auf ihren Bruder, zu dem sie schon lange keinen Kontakt mehr hatte und der seiner Schwester unbedingt helfen...