(122) Angst

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Nachdem mein Handy bestimmt noch zehnmal geklingelt hat, schalte ich es einfach aus.

"Josi, warum klingelt dein Handy wie verrückt?" Alex setzt sich ebenfalls auf die Bettkante und legt einen Arm um meinen Rücken. Ich fahre mir mit beiden Händen durch mein Gesicht und schüttel meinen Kopf: "Wenn ich das nur wüsste!" "Wer ist das immer?" Er zieht mich etwas näher an sich und starrt mich von der Seite an. "Irgendwelche Männer. Ich weiß nicht, was die wollen. Der eine wollte einen Termin zum Bondage und der andere muss unbedingt Druck ablassen!" Mich schüttelt es bei diesem Gedanken ordentlich durch. "Bitte was?" Das entsetzte Gesicht seinerseits kann ich sehr gut nachvollziehen.

In mir steigt kurzzeitig Panik auf, dass Alex denken könnte, dass ich irgendwas damit zu tun habe. Mein Puls nimmt rasant an Fahrt auf und klingt mir schon ziemlich bald, überdeutlich in den Ohren. Nur schon bei dem Gedanken, dass das jetzt wieder in einen Streit ausartet, bekomme ich zittrige Hände. Aber anstatt rum zu wettern, zieht er mich auf seinen Schoß und nimmt mich fest in die Arme. "Alex, ich kann da nichts dafür, ich hab ehrlich nichts gemacht!" In meinen Augen steigen langsam die Tränen auf, was mein Freund sofort wahrnimmt und mir einen Kuss aufdrückt. "Das hätte ich auch nicht in Erwägung gezogen! Da hat sich vielleicht jemand einen Spaß erlaubt! In ein paar Tagen ist das bestimmt wieder vorbei. Hoffentlich! Ansonsten sagen wir Tom Bescheid!" Ich nicke erleichtert vor mich hin und lege meinen Kopf seitlich auf Alex' Schulter ab.

Wenn hier nochmal so ein Telefonterror anfängt, dreh ich durch!

Nachdem wir noch einige Minuten wortlos dagesessen sind, ertönt Paul's Stimme im Flur, die uns mitteilt, dass das Mittagessen fertig ist. Seufzend lasse ich mich von Alex nach unten ziehen. Mein Magen ist nicht sehr erfreut über eine eventuelle Nahrungsaufnahme, allerdings rede ich mir selbst ins Gewissen, dass ich wenigstens ein bisschen was essen muss.

"Was ist los? Du bist so blass, Josi! Geht's dir nicht gut?" Phil, der anscheinend Susi wieder in sein Zimmer verbannt hat, beäugt mich kritisch. "Vielleicht noch die Nachwehen von meinem Kotzanfall heute morgen!" Ich winke ihm ab und versuche mich ausschließlich auf meinen Teller zu konzentrieren. Das mich alle unentwegt anstarren, macht das Zittern meiner rechten Hand nicht unbedingt besser. "Iss wenigstens ein bisschen was, dann legst du dich noch ein bisschen hin, bevor du zur Arbeit gehst!" Alex streicht mir über den Rücken, worauf ich ihm zunicke. "Das frühe Aufstehen scheint dir nicht zu bekommen, mh?" Franco versucht mich etwas aufzumuntern, jedoch bekomme ich nur ein gequältes Lächeln über meine Lippen.

Komm schon.. Blas nicht so viel Trübsal! Heute Abend ist der ganze Spuk bestimmt vorbei und dann ärgerst du dich, dass du den ganzen Tag so schlecht drauf warst!

Ich atme tief durch und versuche mich einigermaßen in die Gespräche der Männer einzubringen, auch wenn ich mich am liebsten unter meiner Bettdecke verkriechen würde. Nachdem ich ungefähr vier Esslöffel Reis und ein bisschen Salat gegessen habe, gebe ich resigniert auf und Blicke in ziemlich unzufriedene Gesichter: "Ich mach mir nachher noch was zu essen und nehme das zur Arbeit mit. Keine Sorge. Momentan kann ich aber nicht mehr essen, sonst kommt wieder alles hoch!"

Franco deutet mir mit einer fuchtelnden Handbewegung, dass ich mich hinlegen soll, was ich auch sofort befolge. Als ich im Flur ankomme, höre ich nur, wie Phil Alex etwas bissig fragt, ob wir schon wieder Streit hätten. Augenverdrehend begebe ich mich auf das Sofa und schmeiß mir eine Decke über den Körper.

Ich muss tatsächlich eingeschlafen sein, denn irgendwann rüttelt es kräftig an meiner Schulter: "Josi! Du musst jetzt echt langsam aufstehen!" Als ich meine Augen langsam öffne, sehe ich Flo vor mir, der mich kritisch mustert.
"Das ist schon fast gruselig, wie oft man dich an einem Tag zu Gesicht bekommt!", als meine Mundwinkel zucken, muss auch Flo lachen und setzt sich zu mir auf das Sofa. "Ich soll dir von Alex ausrichten, dass er leider schon los musste. Er hat dich nicht wach bekommen und konnte sich deshalb nicht verabschieden". "Oh, hab ich so tief geschlafen? Naja, danke dir. Ich sollte mich langsam mal fertig machen, damit ich rechtzeitig zur Arbeit komme. "Der Herr Hetkamp hat dir was zum essen in den Kühlschrank gestellt, das sollst du dir bitte mitnehmen!", mit einem Augenzwinkern erhebt er sich vom Sofa und zieht mich an meinen Händen in eine aufrechte Sitzposition.
"Hahaha, okay. Papa denkt an die Versorgung seiner Kinder". Meine Füße finden ihren Weg auf den Boden, worauf ich Florian auf die Schulter klopfe und ich mich zum umziehen in mein Zimmer begebe. Nachdem ich umgezogen bin, laufe ich in Alex' Zimmer, um mein Handy einzusammeln und gehe noch schnell ins Badezimmer, um mich für die Außenwelt ansehnlich zu machen.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt