(27) zuviel Aufregung

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Irgendwann bekomme ich ziemlich schlecht Luft und wundere mich, was jetzt schon wieder ist. Ich hab irgendwas im Gesicht, oder besser gesagt, hat Alex mich im Gesicht hängen. Er liegt immer noch bei mir.
Mein Gesicht klebt an seiner rechten Gesichtshälfte und meine Hand klebt an seiner linken.

Hoffentlich hat er das nicht mitbekommen... aaaaber noch einmal kurz genießen.

Ich setze mich gerade hin, da dreht er sich zu mir auf die Seite und zieht mich mit meinem Rücken zu sich. "Hiergeblieben!" Mein Kopf ruht auf seinem Arm und seine andere Hand liegt auf meinem Bauch.

Ob der im Schlaf weiß was er tut?

Mein Puls fährt wieder hoch, weil ich mit meinen Gefühlen gerade nicht klar komme. Alex vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren und flüstert: "Schlaf weiter, es ist alles Gut!"

Okay, er weiß was er tut.

Ich leg meine Hand auf seine und er klemmt meine Finger zwischen seine. Ein wohliges Gefühl macht sich in mir breit und ich entspanne mich wieder.

~~~~~~~~~~~

Ich verspüre etwas auf meiner Backe und dann wackelt das Bett. Als ich es schaffe, meine Augen aufzubekommen, sehe ich, wie Alex mein Zimmer verlässt.

Hat er mir gerade einen Kuss aufgedrückt?

Ich schmeiß mich auf Alex' Platz und sauge seinen Duft ein. Die Bettwäsche wasche ich nie wieder.

Was soll ich denn bitte nach dieser Nacht denken? Oder wie soll ich mich verhalten? Gefühlschaos hoch zehn.... Wie gerne würde ich jetzt Susi anrufen und ihr davon erzählen...

Es ist kurz vor acht Uhr und ich beschließe nach unten zu gehen. Die halbe Boxershort-Front ist auch anwesend und Tom drückt mir gleich eine Tasse Kaffee in die Hand. "Morgen Schwesterchen, wie geht's dir?" "Ganz gut, danke!" Alex kommt um die Ecke, ebenfalls in Boxer und ich bin froh, dass ich das heute Nacht nicht bemerkt habe. Er schiebt mich, mit beiden Händen um die Hüfte, an den Esstisch zu Florian. "Bitte einmal was essen. Markus hat gesagt, du warst stark im Unterzucker"

Flo grinst sich einen ab. Franco setzt sich ebenfalls zu uns dazu und grinst genauso dämlich. "Was grinst ihr denn so doof?", frag ich die zwei, aber die winken nur ab. Paul und Stephan kommen auch verschlafen in die Küche und der Kaffee fließt in Strömen. "Flo, kannst du mir nachher den Zugang ziehen?", frage ich ihn nebenbei. Er sieht erst zu Alex und als dieser nickt, stimmt er zu.

"Jetzt iss mal was!", fordert mich Tom auf und setzt sich Franco gegenüber. Er starrt mich die ganze Zeit nachdenklich an. Alex setzt sich neben mich. Phil kommt kurz darauf auch noch dazu und wir frühstücken alle zusammen.

Als wir alle fertig sind, merke ich, dass alle Blicke auf mir liegen.

Oh mann, gleich geht's los.

"Josi, was ist bei dir und Susi los?", fängt Tom das Verhör an.

Was sag ich jetzt? Es hat nicht mehr gepasst...nein... wir haben uns gestritten... nein, Phil weiß ja von ihr, dass nichts vorgefallen ist...

"Was musst du denn überlegen? Du musst doch irgendeinen Grund gehabt haben, ihr die Freundschaft zu kündigen!", versucht es Tom noch einmal. "Tom, das ist eine Sache zwischen Susi und mir und und nicht zwischen uns allen", was besseres fällt mir nicht ein. "Im Prinzip schon, aber sie hat mich angerufen und gebeten, der Sache auf den Grund zu gehen! Es gab keinerlei Streit oder Vorfälle. Ihr habt eine jahrelange Freundschaft und nicht nur so ein Nullachtfünfzehn Ding!" Phil ist jetzt auch mit dabei.

Ich stütze meinen Kopf in meine Hände und schließe die Augen. "Ich kann es nicht sagen!", murmle ich leise. "Warum?", will Phil wissen. "Weil es nicht geht!", mein Fuß fängt schon wieder an zu wippen. "Wir können dir doch helfen! Aber du musst endlich sagen, was los ist!", sagt Tom jetzt wieder. Meine Stimme wird langsam brüchig: "Nein, Tom. Da kann mir keiner helfen." "Aber warum denn nicht? Hängt das auch mit allem anderen zusammen?", mischt sich Stephan jetzt auch noch ein. Es vergeht einige Zeit, ohne dass ich eine Antwort gebe. "Ich deute das mal als ein Ja", sagt Tom nun wieder. "Jetzt sag doch mal was! Du kannst dich doch nicht bis in alle Ewigkeit in Schweigen hüllen, verdammt!" Tom haut auf den Tisch und ich schrecke zusammen, da ich damit nicht gerechnet habe. "Tom! Beherrsche dich!", hält ihn Franco in Zaum.

Mir wird es zu viel und ich stehe auf und will gerade flüchten, da packt mich Alex am Handgelenk und zieht mich zu sich, um mich in die Arme zu schließen. Ich fange wieder an zu weinen und er sagt, dass ich nicht immer weglaufen soll. "Hast du mit jemandem Probleme?", versucht es jetzt Alex. Ich nicke und schlinge meine Arme um seinen Hals. "Willst du sagen, wer es ist?" Ich schüttle den Kopf. "Droht er dir?" Ich atme ein paar mal durch und fange an mit Zittern. Darauf nicke ich dann kaum merkbar und ich hoffe, dass Alex es nicht bemerkt. Er nickt ebenfalls, wahrscheinlich damit die anderen es auch mitbekommen. "Bist du deswegen auch nach Köln gekommen?" Wieder nicke ich. Alex drückt meinen Kopf fest an sich und alle sind ganz still, nur mein Schluchzen ist zu hören.

"Du musst uns sagen, wer das ist! Wir helfen dir und dann musst du doch keine Angst mehr haben. Aber sei nicht so stur!" Tom versteht es einfach nicht. Jetzt werde ich richtig sauer, weil ich nicht stur bin, sondern nur alle schützen will. Ich löse mich aus Alex' Umarmung, drehe mich zu Tom und schreie ihn weinend an: "DU GEHST MIR SO AUF DIE NERVEN DAMIT! ICH BIN NICHT STUR! ICH WILL EUCH SCHÜTZEN VERDAMMTE SCHEIßE! ER HAT GEDROHT JEDEM ETWAS ANZUTUN, WENN ICH NICHT MACHE WAS ER SAGT ODER ES IRGENDJEMAND ERZÄHLE. UND JA PHIL, VIELLEICHT STEHE ICH AM ENDE ALLEINE DA, ABER ES IST MIR SCHEIßEGAL, HAUPTSACHE SUSI UND EUCH PASSIERT NICHTS! LIEBER STERBE ICH, ALS DAS ER EUCH IRGENDETWAS ANTUT. ALSO LASST MICH JETZT ENDLICH IN RUHE!"

Tom und Phil ist komplett die Farbe aus dem Gesicht entwichen und alle anderen starren mich mit halb offenem Mund an. Ich merke, wie ich wieder keine Luft bekomme und drücke mich an Alex vorbei. "Josi bleib da, wenn du dich nicht beruhigst, erstickst du uns noch!", schreit dieser mir hinterher. "Ja, ist doch perfekt....dann.... ist der... Spuk vorbei!", hechle ich die Treppe hoch und schaffe es gerade noch so in mein Zimmer. Ich setze mich mit dem Rücken an mein Bett und versuche so zu atmen, wie Alex es mir beigebracht hat.

Es klappt aber nicht.

Ich lass mich auf den Boden gleiten und kralle mich in den Teppich. Meine Brust ist total verengt und jeder Atemzug schmerzt. Ich denke, das wars jetzt und schließe meine Augen.
Plötzlich höre ich Getrampel auf der Treppe und meine Zimmertüre wird aufgerissen. "FLO RUF EINEN RTW UND EIN NEF! SCHNELL!", schreit Phil und jemand schlägt mir auf meine Wange. Ich röchle leicht vor mich hin. "Josi, mach die Augen auf.... komm schon!" "Franco leg einen Zugang!", sagt Alex. Mir wird ein Schmerzreiz auf dem Brustbein gesetzt und ich öffne ganz leicht die Augen. Alex zieht mich an seinen Oberkörper, aber ich hänge nur noch da und meine Augen werden wieder schwer. "Josi, bitte, du musst wach bleiben! Atme!" Alex' Stimme bebt vor Angst. Tom ist ganz nervös: "Alex, sie hat schon blaue Lippen." "Ich weiß Tom!" Zwischendurch bin ich wohl immer wieder kurz weg, da mir Phil andauernd auf die Wange schlägt.

Mehrere Stimmen schreien durchs Haus und große Hektik breitet sich im Raum aus. "Josi, ich bins Oli. Komm mach mal die Augen auf!" Ich schaffe es nicht mehr und bekomme auch kaum noch Luft. "Zugang liegt schon!" "Schnell noch Monitoring anbringen, dann intubiere ich, sonst schmiert sie uns voll ab."

Die Schwärze zieht mich völlig in ihren Bann und ich ergebe mich ihr.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt