(85) Schlimmer erster Eindruck?

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Ich versuche hastig meine Hände vor den Mund zu halten, um nicht den ganzen Kaffee über den Tisch zu spucken und lasse dabei natürlich die Tasse sofort los, die sich als Scherbenmeer auf dem Boden wiederfinden lässt. Da ich nicht gerade vor Alex' Vater sterben will, renne ich schnell ins Badezimmer und gebe mich dort meinem Hustenanfall hin.

Wird ja immer besser… Nicht nur ein böser verwirrter Zombie, sondern auch noch sterbender dazu.... Können Zombies eigentlich sterben?

Wie zu erwarten, stürmt keine zehn Sekunden später Alex zur Türe herein, dicht gefolgt von seinem Vater.

Hallo? Ich wollte ohne meinen zukünftigen Schwiegervater sterben.

Leider will sich mein Körper so ganz und gar nicht mehr beruhigen und die Sternchen vor meinen Augen verheißen mir nichts Gutes. Zwischen meinem Husten und dem beginnenden Tränenmeer bekomme ich es irgendwie zustande, Alex mitzuteilen, dass die Sterne nicht mehr am Himmel stehen, sondern mich gleich erbarmungslos mit ins Jenseits ziehen.
Daraufhin setzt sich Alex mit mir auf den Boden und zieht meinen Kopf zu seinem Körper: "Versuche langsam zu atmen. Komm, das schaffst du!"

Christopher zieht mir plötzlich beide Arme in die Höhe, was bewirkt, dass ich besser Luft bekomme und sich mein Körper auch mal wieder auf Normalmodus einstellt. Kurz darauf tastet Christopher noch nach meinem Puls und scheint noch nicht ganz zufrieden zu sein: "Mach mal deine Augen zu, lehn dich ganz locker an Alexander und versuch dich zu entspannen!"

Ich denke gar nicht daran, meine Augen zu schließen, da ich sonst vermutlich vor lauter Erschöpfung einschlafen würde, führe aber den Rest ordnungsgemäß aus. Christopher schüttelt amüsiert den Kopf und legt mir seine Hand auf die Augen, womit ich dann doch gezwungen bin, diese zu schließen. Alex lässt seine Finger zwischen meine gleiten, was mich augenblicklich etwas entspannen lässt.

Toller erster Eindruck, den du da ablieferst! Du schaffst es wirklich, dich gleich von deiner besten Seite zu zeigen.

Erst als ich im halben Dämmerzustand bin und mein Körper wie ein Matschfleck an Alex' Körper haftet, entfernt Christopher seine Hand. "Kann es sein, dass sie sehr gestresst ist?", er nimmt meine rechte Hand, worauf Alex sie freigibt und bearbeitet einen Akupressur-Punkt zwischen Daumen und Zeigefinger. "Ja, sie kann sich schlecht entspannen und kommt nur selten richtig zur Ruhe!" Alex legt seine freie Hand nun auf meinen Bauch, als wenn er überprüfen würde, ob es den Würmchen gut geht.

Alex' Vater hat auf Anhieb die richtige Stelle gefunden und ich muss ehrlich sagen, dass dieser Punkt fucking weh tut. Nachdem er mit meiner Hand fertig ist, widmet er sich meinem Kopf. Er tastet mit seinen Fingern beidseitig hinter meinem Ohr, auf Höhe der oberen Ohrspitzen und findet dort die kleinen Vertiefungen, die er mit kreisenden Bewegungen gegen den Uhrzeigersinn, in Richtung Stirn, massiert. Ich will kurz spickeln und die Lage abchecken, aber schon kurz bevor ich überhaupt einen Schlitz geöffnet habe, ertönt schon Christophers sanfte und ruhige Stimme: "Lass die Augen zu, Josi. Entspann dich einfach mal!" Wenn mir das alles nicht so unangenehm wäre, dann würde ich das vielleicht machen.

Leider Gottes, schafft er es dann doch, mit dieser Akupressur, mich fast auszuknocken. "Alexander, du musst das öfters mit ihr machen. Siehst du, bei ihr wirkt es wunderbar!" "Mh, da scheinst du recht zu haben!" "Jetzt bringen wir Josi aufs Sofa, damit sie sich ausruhen kann! Ich nehme sie dir ab!" Kaum hat er ausgesprochen, werde ich auch schon in die Lüfte gehoben und durch die halbe Bude getragen.

Ich stell mich morgen tot! Nie wieder kann ich diesem Mann unter die Augen treten! Wenn der unterwegs noch wegen mir zusammenbricht, dann haben wir den Salat.

Nachdem ich auf dem Sofa abgelegt werde, höre ich Christopher's Stimme wieder: "Ganz schön leicht. Sie sollte mehr essen, dann ist sie nicht so entkräftet." "Sie war eine lange Zeit krank und bekommt immer wieder Rückschläge. Das mit dem Essen wird schon wieder werden." Alex' Stimme entfernt sich immer weiter Richtung Küche. Ich genieße einfach die wohltuende Wirkung der Akupressur und entspanne das erste Mal seit langem wieder richtig.

Was mach ich denn jetzt? Ich habe bestimmt den schlimmsten ersten Eindruck hinterlassen, den man vermitteln kann. Boah, der erzählt seiner Frau bestimmt, was da für eine furchtbare Tussi mit Alex in der WG wohnt....

Kurz bevor ich wegdämmere, nähern sich die Stimmen der zwei Männer wieder dem Wohnzimmer. "Na, konntest du dich etwas erholen?" Christopher legt sein charmantes Lächeln auf und setzt sich neben mich aufs Sofa. Aus Höflichkeit möchte ich mich schnell aufrichten, jedoch werde ich sofort an den Schultern zurückgedrückt: "Bleib liegen. Ich wollte nur nochmal kurz nach dir schauen, bevor ich gehe. Alles gut soweit?" "Ja, vielen Dank und Entschuldigung wegen den Umständen", ich senke verlegen meinen Blick, da es mir immer noch unangenehm ist, wie dieses erste Treffen gelaufen ist. "Da gibt es nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest! Wir sehen uns morgen, ich muss jetzt los, meine Frau abholen. Tschüss!" Nachdem er kurz meine Hand getätschelt hat, verlässt er in Alex' Begleitung das Haus.

Nach ein paar Minuten kommt Alex zurück und legt sich zu mir auf das Sofa: "Das war jetzt wirklich eine Überraschung! Wir haben übrigens den Brunch gegen ein Mittagessen getauscht, nicht das du noch in deiner Übelkeit festhängst und nichts runter bekommst!" Ich nicke ihm dankbar lächelnd zu und platziere meine Hand auf seiner, die auf meinem Bauch ruht.
"Das war allerdings eine Überraschung! Vor allem, weil ich nicht wusste, dass es dein Vater ist. Der muss auch denken, dass ich völlig bekloppt bin. Hast du ihm gesagt, dass wir zusammen sind?" Eigentlich will ich es gar nicht genau wissen, aber meine Neugier ist eben mal größer. "Also, so wie ich das sehe, hast du es ihm ziemlich angetan, wenn er dich sofort zum Essen eingeladen hat. Ich musste ihm überhaupt nichts sagen, das hat er anscheinend schon von alleine gesehen, was ich anhand seiner Blicke festgestellt habe. Er ist ein sehr aufmerksamer Mensch!" Alex legt seine Hand automatisch auf meinen Bauch und drückt mir einen Kuss auf.

Warte mal ab, bis er mich genauer kennt...

"Dann haben wir morgen ja eine große Aufgabe vor uns, oder willst du es Ihnen noch nicht sagen?" "Eigentlich würde ich damit gerne noch etwas warten, aber meine Mutter wird merken, dass da etwas faul ist. Mein Vater sowieso. Er war schon skeptisch, als ich gesagt habe, dass ich morgen erst noch einen Termin habe und wir darum erst zum Mittag kommen können. Nachher sind die beiden noch beleidigt, wenn von uns kein Ton kommt." Er verdreht leicht lächelnd seine Augen. "Dann müssen wir morgen in diesen Geschenkeladen, bevor wir uns mit deinen Eltern treffen!"

Und in die Apotheke! Ich brauche eine große Packung Baldrian!

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt