(153) nerviger Spaziergang

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Tammy sitzt schon ungefähr seit einer halben Stunde im Wohnzimmer und trinkt einen Kaffee. Tom und ich haben gerade alle Hände voll zu tun, da die Zwillis anscheinend gerochen haben, dass wir raus wollen. Aaron schreit wie am Spieß, will sich absolut nicht beruhigen lassen und Malea meckert in einer Tour. Eventuell gilt das Gemecker ihrem Bruder, aber man weiß es nicht genau. Ich laufe schon die zehnte Runde durch das Haus, den jungen Mann dabei fest im Fliegergriff auf meinem Arm und werde langsam echt nervös, weil er einfach nicht aufhören will zu schreien.

"Sollen wir mal tauschen?" Tom stellt sich in meinen Weg und hält mir Malea entgegen. "Ja, einen Versuch ist es Wert!", wir tauschen schnell die Kinder aus, worauf ich ins Wohnzimmer laufe und bei Tammy einbremse: "Sorry, ich hoffe, die Kleinen beruhigen sich bald. Magst du nochmal was zu trinken?" "Ach Gott, mach dir doch keinen Kopf. Es dauert eben so lange, wie es dauert. Ich habe jedenfalls Zeit und bin nicht in Eile. Setzt dich doch mal hin und atme tief durch. Vielleicht bist du gerade zu angespannt und das merken die Würmchen sofort." Tammy klopft neben sich aufs Sofa und grinst mir erwartungsvoll entgegen. Tatsächlich merke ich erst, als ich sitze, dass ich voller Hektik bin und die Situation somit wirklich nicht verbessert. "Sag mal, hast du schon über ein Tragetuch nachgedacht? Viele Babys mögen das, da sie so engen Körperkontakt zu der Mutter haben. Ich habe sogar mal eine Frau gesehen, die hatte ihre Zwillinge beide in einem Tragetuch gewickelt. Wäre doch bestimmt eine Option, oder?", dieser Vorschlag schlägt bei mir ein, wie eine Rakete: "Das ist eigentlich genau das, was ich brauche. Ich habe mich heute Morgen schon geärgert, dass ich die Beiden nie gleichzeitig transportieren kann, sondern immer einer warten muss oder ich auf die Hilfe von anderen angewiesen bin. Ich dachte allerdings immer, dass in diesen Tragetüchern immer nur ein Kind getragen werden kann!" "Das kann ich verstehen. Ne du, wenn dein Rücken das mitmachst, kannst du die Zwillinge lange in dem Tuch tragen. Aber lass dich beraten und kauf nicht blindlings irgendein Tragetuch. Da gibt es große Unterschiede und verschiedene Tragetechniken. Das solltest du dir ausführlich erklären lassen. Zuhause müsste ich noch die Karte einer ganz netten Frau haben, bei der meine Freundin mal war. Wenn du willst, schicke ich die Nummer an Tom, dann kann er sie an dich weiterleiten!" Das freudige Strahlen der Frau neben mir, färbt auch auf mich ab.

"Ich würde behaupten, wir haben es geschafft! Malea scheint auch in den Schlaf gefunden zu haben!" Tom linst über unsere Schultern, auf das kleine schlafende Wesen auf meinem Schoß.
"Tatsächlich. Jetzt war ich kurz so abgelenkt, dass ich darauf gar nicht geachtet habe...Spitze, dann kann es ja losgehen!" Ich erhebe mich vom Sofa, was mir Tammy gleich tut, und ziehe den Kindern noch schnell Mützen auf den Kopf. Während Tom den Kinderwagen nach draußen buxiert, hält Tammy Aaron im Arm und schaukelt ihn sanft hin und her.
"Ist es sehr kalt draußen?" mir stellt sich jetzt die Frage, wie warm ich die Kinder denn anziehen muss und bin mir ziemlich unsicher. "Ich habe die Lammfellsäcke in den Wagen reingelegt, du brauchst Aaron und Malea dann nicht dick anzuziehen!" Tom scheint alles im Griff zu haben, was mich wirklich mehr als verblüfft.
Nachdem die Kinder verstaut sind und Tom die Wickeltasche an sich gerissen hat, sie könnte ja zu schwer sein, laufen wir endlich los.

Als wir an einer Ampel stehen, schaut eine ältere Frau neben mir, neugierig in den Wagen: "Och, herzlich. Die sind aber noch nicht alt, oder? Sind das Zwillinge?" "Die beiden sind fünf Wochen alt und ja, es sind Zwillinge!"
"Das muss anstrengend sein. Meine Kinder waren etwas mehr als ein Jahr auseinander und das hat mich schon ordentlich nerven gekostet!" Die Grauhaarige rollt mit den Augen und mustert die Kinder etwas genauer.
"Geht. Ich kenne es nicht anders, von daher", ich zucke mit den Schultern und schließe mich den anderen Fußgängern an, die sich gerade in Bewegung setzen, da die Ampel für uns auf grün umgesprungen ist. "Naja, gutes Gelingen. Das wird schon werden!", mit diesen Worten verabschiedet sich die unbekannte Frau und lässt mich nur ungläubig mit dem Kopf schütteln. Wir setzen unseren Weg weiter fort und laufen letztendlich am Rheinufer entlang.
Irgendwie muss ich einen Magnet an mir haben, denn es sprechen mich noch einige weitere ältere Damen an, was mir langsam aber sicher voll auf die Nuss geht. "Oh, wie putzig! Sind das ihre?" Eine Joggerin hält genau neben dem Zwillingswagen und hängt ihr Gesicht weit zu den Kindern hinunter. "Ne, ich hatte Bock auf Kinder und habe der Frau da vorne die Kinder geklaut!" Meine Pissigkeit ist kaum zu überhören. "Oh, äh..", die arme Frau ist sichtlich verwirrt, worauf Tom sich einmischt: "Meine Schwester macht nur Witze!" Der halb amüsierte und doch rügende Blick von Tom steigert meine Laune nicht unbedingt.
"Sind das Zwillinge?" Ich schnaube genervt auf: "Ne, die waren im Doppelpack billiger!" "Josi! Bitte! Sei doch nicht so." Tom legt mir eine Hand auf den Rücken, während Tammy nur vor sich hin grinst. "Ach Tom, jetzt ehrlich. Man sieht, dass das hier ein Zwillingswagen ist und die Kinder gleich alt sind. Außerdem sieht das eine Gesicht genauso aus wie das andere.... Jetzt sag mir nicht, das diese Frage nicht mehr als überflüssig war!" Mein Gezeter hat wenigstens einen positiven Effekt, denn die Joggerin verschwindet wortlos und schenkt mir damit wieder Luft zum Durchatmen. "Warum so schroff, Schwesterchen?" Wir setzen uns wieder in Bewegung und als ich sehe, wie Tom Tammy's Hand nimmt, ist meine Laune gleich wieder in voller Höhe. "Tom, du musst deine Schwester auch verstehen. So dumme Fragen nerven irgendwann!" Tammy steht absolut auf meiner Seite, worauf ich ihr ein dankbares Lächeln schenke.
Mein Bruder seufzt nur auf und hält daraufhin den Mund.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt