(81) Die Hitze lässt grüßen

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Tom's Körperwärme macht mich mittlerweile wirklich wahnsinnig und bevor ich vor Hitze sterbe, erkämpfe ich mir meine Freiheit. "Na, ausgeschlafen?", mein Bruder grinst mich belustigt an, worauf ich ihm gerne die Zunge rausstrecken würde.

Nein, das machst du nicht! Benimm dich!

Ich atme einmal tief durch und lächle ihn liebevoll an: "Nein, ich bin immer noch ziemlich müde. Aber danke für die Kuscheleinheit!" Mein anschließender Kuss, der ihn auf der Backe trifft, sorgt wieder ordentlich für Verwirrung. "Na, wie war die Arbeit?" Ich drehe mich zu Alex und schenke ihm einen Kuss auf seine Lippen. "Bis auf eine wunderschöne schwangere Frau, die einer Mutter bei einer Panikattacke geholfen hat, ist nichts wirklich aufregenden passiert", sein verschmitztes Lächeln ist einfach zu süß, worauf er sich einen weiteren Kuss verdient hat. "Will noch jemand was zum Futtern? Sagt es lieber gleich, von meinem Erdnussflips bekommt ihr nichts. Die sind für meine Kinder und mich!"

JOSI!!

Ich schließe kurz meine Augen und atme tief durch: "Allerdings könnte ich auch eine Ausnahme machen und euch was abgeben, wenn ihr wollt!" "Sag mal, irgendetwas läuft doch gewaltig verkehrt.... ist dir nicht gut, oder tut dir irgendwas weh?" Stephan hat beide Augenbrauen nach oben gezogen und mustert mich akribisch.

Ja, mein Kopf platzt bald vor Überanstrengung!

"Nein. Ich wollte einfach nur nett sein!", mein unschuldiger Blick scheint nun auch Tom zu verwirren: "Du wolltest nett sein? Josi, was ist mit dir los?"

MIT NICHTS SIND DIE ZUFRIEDEN! Halte durch, irgendwann gewöhnen die sich daran… Ich muss ja wirklich schlimm gewesen sein!

"Ja, du hast richtig gehört. Also? Will jemand was?", abwartend lasse ich meinen Blick durch die Runde schweifen. "Gummibärchen!" Endlich meldet sich Phil mal zu Wort. "Maoam" Stephan scheint schon fast der Sabber aus dem Mund zu laufen. Da sich sonst niemand meldet, hole ich erst von oben aus meinem Schrank die letzte Tüte Flips und fülle diese in eine Schüssel. Danach schnappe ich mir den restlichen Süßkram und liefere die gewünschten Snacks aus. Am liebsten würde ich mich mit meinem Flips an das andere Ende des Gartens setzen, um alles in Ruhe und vor allem ALLEINE zu essen, aber das würde Tom auch nicht machen. Somit setze ich mich wieder zwischen meinen Bruder und meinen Freund und halte ihnen zähneknirschend die Schüssel hin. Tom scheint mich wirklich reizen zu wollen, denn der futtert ununterbrochen diese scheiß Dinger, obwohl ich sehr gut weiß, dass er die nicht unbedingt mag. Deshalb lehne ich mich zurück, stecke einen Flip in meinen Mund und schließe die Augen. Während mein Speichel diese Köstlichkeit in meinem Mund in seine Bestandteile zersetzt, versuche ich mich durch meine Atmung wieder in die neutrale Gemütslage zurück zu katapultieren. "Du schläfst jetzt aber ja nicht mit Essen im Mund, Josi!" Phil's Ermahnung bringt mich zum Schmunzeln. "Danke für deinen Hinweis, aber ich hatte nicht vor zu schlafen. Ich genieße nur mein Essen und versuche mich zu beherrschen, nicht alles im Unverstand in mich hineinzuschaufeln!" Als ich nach zwei Minuten meine Augen wieder öffne, kann ich mich gerade so zurückhalten laut loszulachen. Phil und Stephan haben sich den Mund so vollgestopft, dass sie wie Hamster auf Vorratsbeschaffung aussehen. "Vielleicht solltet ihr etwas weniger in den Mund nehmen.. Falls ihr euch verschluckt, kann das böse Enden!"

Tom scheint es schon langsam schlecht zu werden, denn die Flips wandern immer zögerlicher in seinen Mund: "Wie lange brauchst du jetzt noch, bis du dich aufregst?"

Aaaah, darauf will Tom hinaus.

"Man soll mit seinen Geschwistern teilen und so lange du Glücklich bist, bin ich es auch!" Ich stelle ihm die Schüssel auf den Schoß und wuschel ihm durch die Haare. "Alex! Das ist doch nicht normal!" Tom gibt mir die Schüssel empört zurück und visiert Alex an. "Man kann nur hoffen, dass unsere zwei auch so werden!", er zieht mich zu sich und drückt mir einen Kuss auf den Kopf. "Ich bin total platt. Kommt ihr mit hoch oder bleibt ihr noch wach?" "Wir kommen mit!", mit einem Grinsen auf den Lippen stehe ich auf, drück Tom die Schüssel wieder in die Hand und verabschiede alle mit einem "Gute Nacht!"

Nachdem wir uns im Badezimmer frisch gemacht haben, fallen wir beide erschöpft ins Bett. Alex zieht mein Top etwas nach oben, küsst meinen Bauch und legt seinen Kopf sanft ab. Während ich ihm durch die Haare kraule, müssen wir beide wohl eingeschlafen sein.

Irgendwann weckt mich eine glühende Hitze, worauf ich wirklich Böses ahne. Das Virus muss wieder sein Unwesen treiben, was mich wirklich wütend macht.

Wieso kann es jetzt nicht endlich aufhören… Aber wie hat Oli gesagt? Das kann sich Monate ziehen und immer unerwartet auftauchen...

Alex liegt immer noch auf meinem Bauch, doch leider muss ich ihn von mir runterschieben. Ich begebe mich ins untere Stockwerk und suche verzweifelt nach dem Fieberthermometer. "Kann man dir helfen?" Franco schleicht sich um die Ecke und verschärft seinen Blick, als ich ihm mein Gesicht zuwende. "Hast du Fieber? Dein Gesicht ist ganz rot!"
"Das will ich gerade herausfinden! Aber das Fieberthermometer ist nirgends!", ich wühle mich wie wild durch die Schubladen im Badezimmer, worauf Franco einfach zu einer der Kommoden läuft und gekonnt das Thermometer zum Vorschein bringt. "Komm mit, gehen wir ins Wohnzimmer", er packt mich am Handgelenk und zieht mich hinter sich her. "Setz dich aufs Sofa, ich messe kurz!" Franco drückt mir das Gerät ins Ohr und kurz darauf fängt es auch schon an zu piepsen. "Und? Sag schon!" Ich werde langsam ganz zittrig, denn wenn das Fieber da ist und wieder so rasant ansteigt, kann ich keine Tabletten nehmen. "Neununddreißig Komma zwei." "Fuck, Franco... wir müssen schnell das... warte ich hole.. Nein, zuerst..", ich bin jetzt schon total durch den Wind, was Franco sofort zu unterbinden versucht:
"Du musst dich jetzt erst Mal beruhigen! Du atmest schon wieder viel zu schnell. Ich weck jetzt Alex und dann machen wir am besten gleich Wadenwickel und versuchen das alles nicht ganz so schlimm wird, okay?" Mit aufsteigenden Tränen nicke ich ihm heftig zu und versuche mich auf meine Atmung zu konzentrieren.

Dem Gepolter nach ist Alex wach. Er kommt wie ein Wilder ins Wohnzimmer gestürmt und legt sofort seine Hand auf meine Stirn: "Du glühst förmlich!", während seinen Worten laufen mir die ersten Salzwasserperlen die Wange runter. Alex nimmt mein Gesicht in seine Hände und redet mir gut zu: "Du bleibst jetzt ganz ruhig und regst dich nicht auf, okay? Leg dich hin, wir machen Wadenwickel", seine Worte bringen momentan relativ wenig, meine Angst überrollt mich wie eine Walze. Da die Männer nicht gerade leise sind, haben sie auch die restliche Truppe geweckt, die aufgeregt die Treppe runtergelaufen kommen. Da ich immer noch die Augen geschlossen habe, erschrecke ich mich fast zu Tode, als Tom mir über den Kopf streicht. "Ganz ruhig... Ich bin es nur." Er legt mir einen kühlen Lappen auf die Stirn, während an meinen Waden immer wieder die Wickel ausgetauscht werden. Ob es hilft oder auch einfach nur die Einbildung ist, weiß ich nicht. Jedenfalls entspanne ich mich mit der Zeit wieder vollkommen und schlafe vor lauter Anstrengung ein.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt