Ich merke schon, dass meine Füße immer noch im Wackelpuddingstatus verweilen, versuche mir aber ganz tapfer nichts anmerken zu lassen. Als ich den Tisch umrundet habe, legt mir Christopher seine Jacke um die Schultern und platziert eine seiner Hände auf meinen Rücken: "Komm, wir gehen ein paar Schritte". Ich lasse mich von ihm über die Terrasse führen, die nach ein paar Schritten direkt in einen kleinen Park mündet. "Du gefällst mir heute gar nicht. Du bist viel blasser als gestern und wirkst etwas verändert", sein fragender Blick trifft mich und mir fällt auf die schnelle nur meine Fölsauremangel- Anämie ein.
Diesen Grund tische ich ihm auch direkt auf und stelle während dem Gespräch fest, das ich tatsächlich vergessen habe die Tablette zu nehmen. "Mhm, das erklärt einiges. Da muss ich nachher meinen Sohn mal in den Senkel stellen, der sollte das im Auge haben!"Der wird das vor lauter Kotzattacke auch vergessen haben!
"Nein. Da muss ich daran denken und nicht Er. Ich hab das wohl vor lauter Aufregung vergessen!" Ich zucke mit den Schultern, worauf er mich überrascht angrinst: "Sag nur, du warst nervös wegen diesem Treffen?" "Schon etwas, ja." "Aber warum denn? Du hast mir gestern gar nicht den Eindruck gemacht, dass du schüchtern wärst!" "Naja, da wusste ich ja auch noch nicht, dass du Alex' Vater bist." Der Mann macht mich echt fertig und sorgt mit seiner Ausstrahlung dafür, dass ich ihm die Wahrheit erzähle. "Aber ich bin immer noch derselbe wie zu dem Zeitpunkt, als du nicht wusstest wer ich bin. Deshalb brauchst du dich nicht zu verstellen, deine erfrischende ehrliche Art ist genau das, was dich ausmacht. Genau das wird auch Alexander an dir schätzen!"
Christopher bringt mich tatsächlich dazu, offen mit ihm zu sprechen, obwohl ich ihn heute erst das zweite Mal sehe. "Ich bin ein komplizierter Mensch und nicht so einfach zu händeln. Deshalb versuche ich mich etwas Gesellschaftsfähiger zu machen. Meine Art stößt nicht immer auf großes Verständnis", als ich gerade meinen Mund schließe, frage ich mich, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe, mich Christopher so auszuliefern. "Ich würde jetzt schätzen, dass du eine schwierige Vergangenheit hattest und du dich der Umständen wegen, mit deinem Verhalten angepasst hast. Sich zu ändern ist nicht verkehrt, allerdings kannst du nicht deine komplette Persönlichkeit umkrempeln. Das holt dich irgendwann wieder ein und erschlägt dich umso mehr. Du musst lernen, mit deiner Umgebung klarzukommen und die Menschen situationsbedingt zu behandeln. Du kannst nicht immer eine sture Schiene fahren, du musst individuell und situationsgerecht handeln." Christopher's Aussage reißt mich echt vom Hocker und kurzzeitig beschleicht mich ein bestimmter Gedanke: "Sag mal, bist du Psychologe?" Christopher lacht laut auf: "Um himmels willen, Gott bewahre. Nein, nein! Ich bin Chirurg. Allerdings kann ich behaupten, dass ich eine gute menschliche Kenntnis besitze und vielerlei Erfahrung mit verschiedenen Persönlichkeiten habe!" Seine Erklärung beeindruckt mich und ich fange an, diesen Mensch immer mehr zu mögen. Ich nicke ihm beeindruckt zu und finde mich keine zwei Minuten später in einer lockeren Umarmung wieder. "Du bist gut so, wie Du bist. Deine Art beeindruckt mich ungemein und ich kann verstehen, was Alexander an dir so sehr schätzt. Es freut mich, dass wir dich zu unserer Familie dazu zählen dürfen. Anne und ich sind zwar viel beschäftigt, aber wir haben auch jederzeit ein offenes Ohr für dich!" Er entlässt mich aus der Umarmung und lässt mich verblüfft stehen.Der kennt mich kaum und haut mir solche Sätze um die Ohren. So einem Menschen bin ich auch noch nie begegnet.
"Na komm schon, du musst darauf nicht antworten, aber wir sollten langsam zurück, sonst denkt mein Sohn noch, dass ich dich entführt habe. Der ist schneller im Sprint als ich und ich hätte wirklich schlechte Karten, wenn ich ihm entkommen wollen würde!" Auf seine Worte hin, setze ich mich endlich in Bewegung und begebe mich wieder an seine Seite. Als ich mir seine Worte durch den Kopf gehen lasse, kann ich mir mein leicht freudiges Grinsen nicht unterdrücken.
Alex und Anne sind gerade in einem Gespräch vertieft, als wir zurückkommen und ich Christopher seine Jacke zurückgebe. Mittlerweile ist mir wieder warm und ich fühle mich nach diesem Gespräch wesentlich wohler. Nachdem ich neben Alex Platz genommen habe, schnappt er sich meine Hand und lässt seine Finger zwischen meine gleiten. "Alexander, ihr dürft die Folsäure nicht vergessen. Josi hat die Einnahme heute vergessen und du anscheinend ebenso!" Der etwas rügende Ton lässt Alex kurz erschrocken aufschauen: "Ja, das haben wir total vergessen. Müssen wir zuhause unbedingt daran denken!" Neben Alex' Stuhl entdecke ich die Geschenktüte, die unser gekauftes Präsent enthält. Alex folgt meinem Blick und wirft mir anschließend eine stumme Frage zu. Nach meinem Nicken nimmt er die Tüte und stellt sie den beiden vor die Nase. "Ist das für uns?" Christopher sieht uns fragend an, worauf ich kurz in mein altes Muster verfalle: "Ne, für die Leute hinter euch!"
Fuck.... Halt doch einfach deinen Mund.
"Endlich mal jemand, der Christopher die Stirn bieten kann und die passenden Antworten zu seinen bescheuerten Fragen liefert!" Anne fängt an zu lachen und schnappt sich die Tüte. Sie zieht zuerst ein kleines weißes zusammengerolltes Bündel heraus und nimmt anschließend die Weißweinflasche heraus, um sie auf den Tisch zu stellen. Die beiden lesen das Etikett, auf dem " Neuer Jahrgang, ihr werdet Oma & Opa" steht, ebenso wie auf dem kleinen neutralen Body in zweifacher Ausführung. Die beiden scheinen sich nicht ganz sicher zu sein, denn sie lesen das Etikett und den Schriftzug auf dem Body ein paar Mal hintereinander.
Anne und Christopher schauen uns darauf fragend an: "Wir werden Oma und Opa?" Alex und ich nicken Ihnen zu, worauf Anne sofort Tränen in den Augen bekommt. Sie dreht sich zu Christopher: "Du wirst Opa!" "Ja und du Oma!" Irgendwie freut es mich, Christopher total überrascht zu sehen und ich frage mich, wann die beiden aus ihrer Starre aufwachen. Anne reicht Christopher einen der Bodys:
"Hier, dann müssen wir uns schon nicht darum streiten!" "Ja, jeder kann dann ein Kind auf den Arm nehmen, ohne dass der andere zu kurz kommt!"
Jetzt richten beide ihre Blicke auf uns und Alex' Vater klappt der Mund auf:
“Jeder ein Kind? Bekommt ihr Zwillinge?" Alex nickt ihm zu, worauf die beiden sofort von ihren Stühlen aufspringen und uns in eine zerquetschende Umarmung packen."Das erklärt so einiges! Ich dachte vorhin das du mir direkt am Tisch abschmierst, als das Essen gekommen ist!" Christopher drückt mich noch einen Tick fester, worauf ich fast keine Luft mehr bekomme: "Jetzt sterbe ich gleich an Luftnot, wenn du weiter so fest drückst!" "Entschuldigung. Aber... Das kann ich wirklich kaum glauben! Das... Anne! Wir müssen etwas kürzer treten, wenn unsere Enkel da sind. Wir haben schließlich noch Konkurrenz..." "Nein, darum müsst ihr euch keine Gedanken machen. Eure Enkel habt ihr für euch alleine!" Meine Aussage sorgt für eine Erkenntnis in Christopher's Blick und er scheint die Puzzleteile zusammenzusetzen. "Das tut mir leid!", sichtlich bedrückt streicht er mir über meinen Kopf, worauf ich mit dem Kopf schüttle: "Das muss es nicht! Alles in Ordnung!"
Anne drängt jetzt voller Euphorie ihren Mann zur Seite und umarmt mich ebenfalls: "Herzlichen Glückwunsch meine Liebe! Ich freue mich wahnsinnig darauf Oma zu werden! Es wäre schön, wenn ihr uns teilhaben lasst und immer mal wieder Updates zu den Kleinen schickt!" Die Freude der beiden vertreibt jegliche schlechte Gedanken und die ganze Anspannung, die sich seit gestern angestaut hat. Meine Tränen kullern nur so meine Wangen runter, worauf Alex jetzt seine Mutter auf die Seite schiebt und mich sanft in seine Arme schließt: "Siehst du, alles halb so schlimm. Wir vier haben es geschafft!"
Nachdem ich mich beruhigt habe, wischt mir Alex meine Tränen weg und wir setzen uns wieder an den Tisch.
Anne wischt sich ebenfalls die Tränen aus den Augen und lächelt mir freudig entgegen, als sich unsere Blicke treffen. Die beiden sind natürlich neugierig und wollen alles genau wissen: Wie weit ich bin. Wie wir davon erfahren haben. Was die Schwangerschaft bisher für Auswirkungen auf mich hat und, und, und.Mein Herz ist es gar nicht gewohnt, so viel Interesse und Liebe von Eltern entgegengebracht zu bekommen. Auch wenn es nicht meine eigenen sind, haben sie mich schon jetzt zu einem festen familiären Bestandteil werden lassen.
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Einzelkämpfer (ASDS)
FanfictionASDS - Fanfiction Josi hat ein ernstes Problem an der Backe und versucht davor zu flüchten. An ihrem Zielort, trifft sie unglücklicherweise auf ihren Bruder, zu dem sie schon lange keinen Kontakt mehr hatte und der seiner Schwester unbedingt helfen...