(20) ungewollte Gesellschaft

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Durch das große Seitenfenster sehe ich diesen Idiot schon an einem der Tische sitzen. Unwillig begebe ich mich in das Restaurant und laufe zu Lukas an den Tisch. Auf dem Tisch stehen zwei brennende Kerzen und überall sind Rosenblätter verteilt.

Ich könnte kotzen!

"Schön, dass du gekommen bist, ich freue mich so dich zu sehen", er strahlt mich an. "Weil ich auch so eine große Wahl hatte!", nörgle ich ihm entgegen. "Jetzt sei doch nicht immer so böse und lass uns einen schönen Mittag miteinander verbringen!", er wirkt etwas angesäuert. "Lukas, ich hab eigentlich gar keinen Hunger und ich will wissen, was du von mir willst!", blaffe ich ihn an. "Es wird gegessen!", sein Ton wird immer schroffer. Lukas reicht mir die Speisekarte und ich wähle einen Salat mit Garnelen, er Spaghetti mit Meeresfrüchten.

Manchmal frage ich mich wirklich was mich geritten hat, als ich mich damals auf dieser Internetplattform angemeldet habe. Lukas war mein drittes Date und anfangs war er echt nett und ich fand ihn auch ganz hübsch. Aber er wurde zu schnell, zu aufdringlich und wollte so schnell wie möglich mit mir zusammenziehen und das nach fünf Dates. Ich habe ihm dann klargemacht, dass das so nicht funktioniert und es mit uns keine Zukunft hat. Seitdem versaut er mir mein Leben, wo er nur kann.

"Ich habe gedacht, wir könnten nochmal von vorne anfangen. Ganz langsam und dann wird das schon! Ich kann nicht mehr ohne dich!", er will mir Honig ums Maul schmieren. "Du zerstört mein Leben, machst mich fertig und nimmst mir alles.... und ich soll so tun, als wäre alles nicht passiert und mit dir eine Beziehung eingehen oder was?", lache ich sarkastisch. "Ich wollte dir nur zeigen, wie leicht alles im Leben weichen kann und du von allen einfach verlassen wirst... außer von mir! Ich bin immer für dich da und werde es für immer sein", er greift nach meiner Hand. "Lukas, such dir Hilfe! Du bist krank. Das ist nicht mehr normal. Du musst mich in Ruhe lassen!" Er wird sichtlich wütend.

Das Essen kommt und ich bin nach zwei Gabeln satt. Er isst alles auf und starrt mich die ganze Zeit an. "Was ist? Brauchst du ein Foto?" "Glaub mir, ich hab genug!"

Großartig.....

"Also, was ist jetzt? Können wir einen Neustart wagen oder möchtest du noch mehr Menschen verlieren?", grinst er mir entgegen. "Weder noch, lass mich endlich in Ruhe!" Ich springe von meinem Stuhl auf und will abhauen, Lukas packt mich aber fest unterhalb meines Ellenbogens und zerquetscht mir fast meinen Arm. Die Leute drumherum gucken schon dumm. "Ich warne dich Josi. Es kann gut oder schlecht für dich laufen!" "LASS MICH LOS!!", schreie ich fast und ein Mann vom Nachbartisch erhebt sich schon. Lukas bemerkt das und lässt endlich los. Schnell renne ich nach draußen und setz mich in mein Auto. Ich fahre ein paar Straßen weiter und muss erstmal eine rauchen.

Mein Handy schlägt Alarm und ich schaue nach.

Tom: >>Josi, wo bist du? Ist alles in Ordnung? Wir machen uns ein bisschen Sorgen! Tom<<

Wenn ich jetzt nicht zurückschreibe, flippen wieder alle aus! Also dann.

>> Hey Brüderchen, alles in Ordnung. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen! Bis später<<

Hoffentlich hab ich die jetzt von der Backe! Genau deswegen wollte ich in eine eigene Wohnung. Da steht man nicht dauernd unter Beobachtung... Andererseits ist man dort auch immer alleine....

Nach drei weiteren Zigaretten steht mir die Kotze wieder mal im Hals und ich trete die letzte Hälfte einfach aus.

Ich will das jetzt alles vergessen und normale Gedanken haben!

Mit meinem Googlenavi fahre ich zu der Bar, in der Susi und ich am ersten Abend waren. Ich setze mich an einen kleinen Tisch und zieh mir einen Cocktail nach dem anderen rein. Nach einer gewissen Zeit setzen sich ungefragt drei Leute an meinen Tisch.
"Hey, wir kennen uns doch!", fragend blicke ich einem mir nicht unbekannten Gesicht entgegen. "Ja, da war was”, grinse ich leicht. Herr Breuer, Herr Sturm und was weiß ich wer, den hab ich aber auch schon mal gesehen.

Hier ist glaub der Zufluchtsort aller Polizisten und Sanis.

"Übrigens, nenn uns bitte Moritz und Robin. Das ist Oliver Dreier. Aber er würde auch gerne Oli genannt werden!", bieten sie mir das Du an. "Josi, angenehm." "Ja, das ist uns wohl bewusst. Hättest ja sagen können, dass du Tom's kleine Schwester bist", grinst mich Robin an. "Wusste ja nicht, ob er bei euch auf der Wache arbeitet!" "Naja, Paul und Stephan hattest du ja wohl auch namentlich erkannt", lacht Moritz. Als ich an diesen Abend zurückdenke, muss ich auch lachen. "Bist du ganz alleine hier?", wird Oli neugierig. "Ja, bin heute eigentlich nicht so gesprächig!" "Wieso, was ist los?", löchert mich Robin.

Mein nächster Cocktail rollt an.

"Gar nichts. Einfach nur mit dem falschen Fuß aufgestanden!", wink ich ab. Oli schaut die ganze Zeit so komisch und nach einer Weile sucht er Blickkontakt zu den anderen beiden und tippt auf seinen Arm. "Was hast du mit deinem Arm gemacht, Josi?", deutet mir Oli auf eine Stelle.

Stimmt, da war ja was.

Mein Blick trifft auf meinen Arm und ich sehe ringsum eine leicht violett schimmernde Verfärbung. Erschreckend wieviel Kraft der Typ doch hat und wie schnell der Scheiß auch noch sichtbar wird. "Hallo? Noch anwesend? Was ist passiert?" Oli fuchtelt besorgt vor meinen Augen rum. "Aus dem Bett gefallen. Und ihr? Schichtende?" "Aus dem Bett gefallen? Das sieht mir aber nach was ganz anderem aus!", ernte ich Olis strengen Blick. Ich zieh meine Jacke drüber: "Vielleicht kann das Notarztgehirn jetzt mal abschalten." "Naja, Oli hat ja schon recht. Du sitzt hier total niedergeschlagen, ziehst dir einen Drink nach dem anderen rein und hast da eine ziemlich aussagekräftige Verletzung!" "Jungs, ist ja nett, dass ihr euch Sorgen macht, aber von der Sorte hätte ich dann schon genug Zuhause und eigentlich habe ich überhaupt keinen Bock zu reden! Bevor ich also nur trotzig werde, geh ich jetzt und wünsche euch noch einen schönen abend!", in einem Zug leere ich mir noch den halben Cocktail rein und verschwinde dann aus der Bar. Bewundernswerterweise kann ich ohne Geschwanke den Weg zurücklegen.

Wohin jetzt? Überall sind nervige Menschen...

Hinter mir tauchen Personen auf und ich schiebe schon Panik. "Warte mal, Josi. Bleib stehen", mir fasst Jemand an die Schulter und ich zucke zusammen. "Hey ich bins nur, Moritz." Erschrocken drehe ich mich um und sehe, dass Robin und Oli auch da sind. "Was wollt ihr denn?" Oli fragt, ob Tom Bescheid weiß, dass ich hier alleine unterwegs bin. "Es ist mein Bruder und nicht mein Vater und außerdem bin ich weit über achtzehn..", ich werde langsam echt Irre. "Komm wir bringen dich nach Hause! So betrunken kannst du nicht alleine durch die Straße irren." Robin legt mir einen Arm um die Schulter und ich ergebe mich meinem Schicksal.

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt