Einzelkämpfer (ASDS)

(139) HELLP-Syndrom?

Seit vier Uhr morgens liege ich wach im Bett und starre die Decke an. Mittlerweile ist es halb sechs. Ich kann absolut nicht mehr schlafen, obwohl ich todmüde bin und die leichten Schmerzen in meinem Bauch machen die Sache auch nicht besser. Alex schläft wie ein Stein. Ich krieche nach langem hin und her aus dem Bett und schlendere die Treppen nach unten.

In der Küche brennt Licht, was mich wirklich sehr freut, da ich gerade absolut nicht alleine sein will. "Morgen!", ich begrüße Phil und Oli, die gemeinsam fast in ihre Kaffeetassen fallen. "Was machst du denn so früh schon hier?" Oli wirft mir einen verwunderten Blick zu, den ich nur erwidern kann: "Das gleiche könnte ich dich auch fragen!" "Phil und ich haben gemeinsam Schicht und darum sparen wir uns eine Karre und fahren zusammen. Und du?" Während ich den Kühlschrank öffne und jeden Winkel abscanne, zucke ich leicht mit den Schultern: "Keine Ahnung. Ich kann nicht schlafen und irgendwie habe ich Bauchschmerzen. Aber nicht schlimm, nur unangenehm". "Wie wirken sich die Bauchschmerzen aus? Wie lange geht das schon?" Phil hat natürlich sofort die Witterung aufgenommen. "Ich glaub seit vier Uhr. Eher Oberbauch", ich gebe die Informationen nebensächlich preis, da ich eh ein Bauchschmerzen-Typ bin und das nichts neues für mich ist. Als ich plötzlich ein paar Schritte zurückgezogen werde und die Kühlschranktüre geschlossen wird, schaue ich Phil entgeistert ins Gesicht:
"Was ist denn jetzt los?" "Sind die Bauchschmerzen rechts, links oder mittig? Ist dir schlecht? Hast du Wassereinlagerungen in den Füßen, Durchfall, Sehstörungen, Hautjucken oder sonst irgendetwas?" Während er mich nach den Symptomen abfragt, nimmt er mein Gesicht genauer unter die Lupe.

"Phil, wo habt ihr die Blutdruckmanschette?" Oli springt hektisch vom Stuhl auf und rennt schon fast los, nach Anweisungen des Herrn Funke, um das angesprochene Utensil zu holen. "Setz dich bitte hin und sag mir, wo du die Bauchschmerzen hast oder zeig es mir!" Der besorgte Gesichtsausdruck macht mir langsam echt Sorgen und darum zeige ich auch sofort auf die rechte Oberbauchhälfte.

Nachdem Oli wieder da ist, schiebt er die Manschette über meinen Arm und misst meinen Blutdruck: "Viel zu hoch! Wo sind die Schmerzen?" "Rechter Oberbauch!" Herr Funke scheint schon eine Diagnose aufgestellt zu haben, denn er fackelt nicht lange und drängt mich dazu, mich anzuziehen. "Aber..."
"Nichts aber... Los, anziehen! Wir fahren dich jetzt in die Klinik!" Oli befreit mich von dem unliebsamen Gerät und versucht mich mit scheuchenden Handbewegungen zur Bewegung zu animieren.."Was ist denn jetzt los? Ich hab doch nur Bauchschmerzen und mein Blutdruck ist in letzter Zeit immer zu hoch!", meine Erklärung scheint die Ärzte nicht zufrieden zu stimmen, denn Phil wird etwas energischer: "Josi, geh dich jetzt bitte anziehen. Wir müssen sofort in die Klinik. Eventuell könnte das eine Ankündigung des HELLP-Syndroms sein. Du weißt, dass sich das innerhalb von wenigen Stunden bilden kann. Wir müssen auf Nummer sicher gehen! Beeil dich bitte!" Total überfordert mache ich mich auf den Weg ins Badezimmer und ziehe einfach schnell meine Klamotten von gestern an und putze mir im Eilverfahren die Zähne.

Was war denn das nochmal? Oh shit, das ist doch die Sache mit dem Blutzerfall, erhöhten Leberwerten und der nachlassenden Blutgerinnung.

Als mir die Bedeutung so wirklich bewusst wird, halte ich mit dem Zähneputzen inne. Wenn die Diagnose wirklich zutreffen sollte, dann müssen die Kinder per Notkaiserschnitt geholt werden.

Nein, dafür bin ich nicht bereit!
Ganz und gar nicht! Ich kann doch nicht wirklich so viel Pech haben und das auch noch mitnehmen, oder?

"Schatz, mach dich jetzt nicht verrückt! Das ist nur eine reine Vorsichtsmaßnahme!" Alex steht in Boxershorts neben mir und nimmt mir die Zahnbürste aus der Hand, um sie beiseite zu legen.

Wo kommt der denn jetzt so plötzlich her?

Alex drückt mir einen Kuss auf die Backe und steckt sich darauf selbst schnell die Zahnbürste in den Mund.
Nebenher zieht er sich einhändig seine Hose an, was mich wirklich erstaunt, dass er als Mann zu sowas fähig ist.
Immer noch geschockt, spüle ich meinen Mund aus und knalle mir eine Ladung Wasser ins Gesicht. Dass Alex jetzt auch immer hektischer wird, schlägt mir ordentlich aufs Gemüt.