(82) Neuer Arzt gefunden?

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Als ich die Augen irgendwann wieder öffne, liegt Alex schlafend neben mir auf dem Sofa. Ich merke zwar, dass das Fieber noch nicht wieder ganz verschwunden ist, aber es fällt nicht mehr so schlimm aus, wie heute Nacht. Ich lasse meinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen und sehe am anderen Ende Tom und Franco halb im Sitzen schlafen.

Ich muss jetzt erst das Fieber kontrollieren, dann kommt alles andere!

Das Fieberthermometer liegt direkt auf dem Wohnzimmertisch und ich erreiche es sogar mit meiner Hand, ohne aufzustehen. Nach der Messung stelle ich fest, dass ich mit achtunddreißig Komma sieben Grad noch nicht wirklich im normalen Rahmen liege und seufze laut auf.

Du könntest den Frühstückstisch decken… Aber dann wird dir schlecht.
Reiß dich zusammen!

Ich schäle mich aus Alex' Umarmung und stapfe in die Küche. Der Duft, der mir aus dem Kühlschrank entgegen strömt, bringt mich gleich in den ersten zwanzig Sekunden, nachdem ich die Türe geöffnet habe, zum würgen. Für einen kurzen Augenblick schließe ich die Türe wieder, um mich zu sammeln.
Nachdem ich ein paar mal tief durchgeatmet habe, halte ich die Luft an und werfe schon fast alles benötigte auf die Arbeitsplatte neben mir. "Was machst du denn da?" Stephan lehnt im Türrahmen und beobachtet mich belustigt. Vorerst bekommt er keine Antwort, da der Kühlschrank immer noch offen steht. Erst als ich die Türe geschlossen habe und ich mich mit meiner Stirn dagegen lehne, bekommt er eine Antwort: "Frühstück machen. Aber irgendwas riecht komisch und das kann ich absolut nicht ab!" Das anschließende Würgen bestätigt meine Aussage. "Dann lass das doch! Außerdem siehst du noch nicht wieder richtig fit aus!" Er kommt auf mich zu und will mich aus der Küche schieben, jedoch schlage ich den Weg ganz von alleine ein, da die Magensäure kurz davor ist, meinen Mundraum zu erforschen.

Auf der Toilette führe ich mein langsam routiniertes morgendliches Gespräch mit meinem Porzellanfreund.

Ich sollte mir hier ein Kissen deponieren, meine Knie sind schon grün und blau vom ständigen Kontakt mit dem Fliesenboden.

Während ich hoffentlich die letzten "Gesprächsfetzen" in den Abfluss ziehen lasse, kommt Alex zur Türe herein geschlichen und setzt sich hinter mich. Seine Hand reibt mir über den Rücken, was mir eine ordentliche Gänsehaut verschafft. Nachdem wir wortlos einige Minuten in dieser Position verbracht haben und das Kotzen endlich die Bremse gefunden hat, lehne ich mich zurück und falle direkt in Alex' Arme. Seine Hände umklammern meinen Bauch und mein Kopf ruht auf seiner Schulter. "Du bist immer noch ziemlich warm!" "Achtunddreißig Komma sieben", gebe ich schwach von mir und lasse meine Finger zwischen seine gleiten. "Wir beobachten das ganze vorerst und dann hoffen wir, dass es nicht mehr schlimmer wird. Das nächste Mal weckst du mich gleich, okay?" "Ich wusste nicht, ob mir einfach nur so, so unerträglich warm ist oder ob es tatsächlich Fieber ist. Will dich doch nicht unnötig wecken!" "Es ist nie unnötig, ok? Achso noch was anderes: Ich habe mich mal umgehört und einen Gynäkologen gefunden, der echt spitze sein soll. Kannst dir bei Gelegenheit ja mal die Internetseite von Ihm anschauen. Wenn er dir zusagen sollte, können wir so bald wie möglich einen Termin ausmachen", ein sanfter Kuss trifft mich neben meinem Ohr. "Mhm. Werde ich machen. Wenn du willst, kannst Du den Termin dann ausmachen, wegen deinen Schichten. Ich wäre da etwas flexibler als der Herr Notarzt". Alex stimmt mir daraufhin zu und überredet mich, endlich von dem Badezimmerboden aufzustehen und etwas zu frühstücken.

Unterwegs bremse ich noch in meinem Zimmer ein und ziehe mir eine kurze Hose an, da ich immer noch, nur in Unterhose und Top herumlaufe.

Am Esszimmertisch sind alle außer Tom und Stephan anwesend. Mein Magen rebelliert schon beim alleinigen Anblick der Nahrungsmittel, allerdings zwinge ich mich wenigstens eine trockene Brezel zu essen. "Du solltest eindeutig mehr essen! Du wirst meiner Meinung nach immer dünner anstatt dicker.." Flo wirft mir einen vielsagenden Blick zu, worauf er von den restlichen Männern zustimmende Worte bekommt. "Ich weiß, aber was soll ich machen? Die Brezel ist mir eigentlich schon zu viel. Wenn mir mein Magen nicht gerade auf der Nase herumtanzt, dann ekeln mich die Gerüche der ganzen Nahrungsmittel an...", mein entschuldigender Blick wird verständnisvoll aufgenommen. Franco steht plötzlich auf und läuft in die Küche. Nach ein paar Minuten kehrt er mit einer Tasse Ingwertee zurück, den ich dankend annehme.
"Wenn der Ingwer hilft, dann kannst du ihn auch klein schneiden und in eine Wasserkaraffe schmeißen. Wenn dir eh so heiß ist, dann wäre das vielleicht die bessere Wahl!" Ich nicke ihm zu und widme mich wieder meiner Brezel.
"Übrigens, auch wenn es nett gemeint ist, aber mach dir nicht solche Umstände und bereite einfach kein Essen zu, bei dem dir so übel wird. Wir wissen deinen Einsatz zu schätzen, aber wenn es dir dadurch wieder schlechter geht, hat keiner was davon, okay?" Phil lächelt mir aufmunternd entgegen und sorgt dafür für einen skeptischen Blick von Alex: "Hab ich was verpasst?" "Gestern hat sie Wurstsalat gemacht, obwohl sie bei dem Geruch schon fast grün angelaufen ist und heute morgen wollte sie den Frühstückstisch herrichten und hat mit angehaltener Luft die Sachen aus dem Kühlschrank geräumt. Stephan hat sie dann weggeschickt." Auf Phil's Worte mustert mich Alex etwas verwirrt, belässt es aber dabei und verliert kein weiteres Wort darüber. "Wenn du meinst", ich bin ein bisschen unglücklich über meinen ausgebremsten Tatendrang, werde aber sicherlich andere Optionen finden, wie ich meine stetig wachsende neue und positive Persönlichkeit zum Ausdruck bringen kann.

Nach dem Frühstück lege ich mich freiwillig zurück ins Bett und mache mich gleich dran, diesen Gynäkologen zu googeln. Den angepriesenen Zettel mit dessen Namen hat Alex auf den Schreibtisch gelegt. "Dr. Finn Niklas Gröhlich. Na da bin ich doch mal gespannt, was du zu bieten hast, Finni-Boy...", ich beauftrage Google mit der Suche nach diesem Mann und bekomme eine Menge Informationen vor den Latz geknallt. Dem Aussehen nach müsste er sich in Alex' Altersklasse bewegen und hat erst vor kurzem seine eigene Praxis eröffnet, nachdem er zuvor in einem Krankenhaus tätig war. In Bezug auf Schwangerschaften wirbt er mit den neuesten Tests und den besten Geräten zur Feindiagnostik. Seine bildlich aufgeführten Arzthelferinnen sehen alle recht nett aus, bis auf eine. Das lässt sich eventuell überleben, die will ich ja auch nicht unbedingt heiraten. Im Großen und Ganzen fallen mir auf den ersten Blick keine negativen Punkte auf. Das Wichtigste, was sich aber über keine Internetseite herausfinden lässt, nämlich ob die Sympathie stimmt, lässt sich nur in einem persönlichen Gespräch herausfinden.

Ich hasse es, den Frauenarzt zu wechseln. Zuhause hatte ich eine wirklich nette Ärztin, die ich am liebsten weiterhin aufsuchen würde, aber wenn man sich die Häufigkeit der Besuche gegen Ende der Schwangerschaft vor Augen führt, sollte ich mich wirklich auf Köln beschränken. Hauptsache er ist nicht Ansatzweise wie dieser Dr. Martens!

Aus lauter Langeweile googel ich nebenher noch ein paar Namenslisten und bekomme jetzt schon graue Haare, wenn ich daran denke, dass wir uns über irgendwelche Namen einig werden müssen.

Was wohl Alex für Namen gefallen werden? Ich hoffe, unsere Vorstellungen triften nicht allzu weit auseinander...

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt