(99) Letzter Tag

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Wie es aussieht, hat Susi ihre Vorsätze ebenso komplett über Bord geworfen, denn als wir uns voneinander lösen, um nach Luft zu schnappen, dauert es keine Minute und sie schwingt sich elegant auf meine Hüfte. Ich bin es überhaupt nicht gewohnt, dass eine Frau dermaßen die Initiative ergreift und bleibe für einen Augenblick komplett regungslos liegen. Susi schiebt ihren Mund zu meinem Ohr: "Alles okay?"
Sobald ich ihr ein irritiertes "Ja!" entgegen gehaucht habe, bearbeitet sie meinen kompletten Hals, was mich total um den Verstand bringt. Sie lässt mir eigentlich überhaupt keine Chance, irgendetwas zu tun, und ehe ich mich versehe, fliegt mein T-Shirt durch die Luft und landet auf dem Boden.

"Ich weiß, wir wollten es langsam angehen lassen, aber "langsam" können wir auch morgen!" Susi beißt gekonnt in meine Brustwarze, worauf ich mich in der Matratze unter mir festkralle. Allem Anschein nach sitzt der Teufel persönlich auf mir. Ich schaffe es, meine Hände um ihr Becken zu legen und sie etwas weiter nach oben zu ziehen. Sie sitzt wirklich auf einer ungünstigen Stelle und das würde nicht mehr allzu lange gut gehen. Ihrem Grinsen nach hat sie das eh schon gemerkt. Susi's Lippen treffen wieder auf meine, worauf ein leidenschaftlicher Kuss folgt.

Meine Hände bahnen sich ihren Weg unter ihr Shirt, worauf ich sie ebenfalls von dem Stoff befreie. Ich drehe uns in einem unachtsamen Moment ihrerseits, worauf sie einen überraschten Laut von sich gibt. Als kleine Kampfansage beiße ich ihr vorsichtig in die Lippe. "Phil, tut mir leid, ich konnte mich einfach nicht mehr beherrschen und...", ich lege ihr meinen Zeigefinger auf die Lippen und unterbreche sie mit einem breiten Lächeln: "Pscht, halt den Mund!"

Ich knabbere an ihrer linken Seite entlang, worauf sie ihren Rücken durchdrückt und völlig verrückt zu werden scheint. Nach und nach entledigen wir uns unserer restlichen Kleidung und lassen uns ganz langsam aufeinander ein.

◇◇◇◇◇◇◇

Als ich am nächsten Morgen die Augen öffne, bekomme ich direkt einen schüchternen Kuss geschenkt. Ich schnappe mir Susi lachend und ziehe sie auf meine Brust: "Du brauchst gar nicht so unschuldig zu tun. Du wilde Katze!" Auf ihren Wangen schleicht sich eine dezente Röte und ein unschuldiges Lächeln legt sich auf ihr Gesicht: "Kann ich doch nichts dafür, wenn du so scharf bist!" "Das Kompliment kann ich nur zurückgeben!"

Nachdem wir noch ein paar Minuten gekuschelt haben, stehen wir langsam auf. Susi schmeißt sich mein T-Shirt und eine Unterhose über ihren Körper, während ich ausschließlich meine Boxer anziehe. Wir laufen an der Luftmatratze und den restlichen Klamotten auf dem Boden vorbei und kommen darauf Hand in Hand im Wohnzimmer an.

Die Balkontüre ist noch sperrangelweit geöffnet und unsere Gläser stehen wie am Abend zuvor, halb gefüllt auf dem kleinen Tisch. "Vielleicht können wir ja das nächste Mal auf dem Balkon schlafen!" Nach einem Kuss will Susi einen Kaffee machen, dabei fällt ihr aber auf, dass wir immer noch keine frische Milch haben. Genervt dreht sie sich zu mir um und verschränkt die Arme: "Also entweder trinken wir schwarz mit Zucker oder wir leeren den restlichen Wein rein. Hahaha". "Ich wähle die Option mit Zucker!” Bevor ich mich dem Kaffee hingeben kann, marschiere ich ins Badezimmer, um meine Blase zu erleichtern. Als ich am Spiegel vorbeilaufe, trifft mich fast der Schlag. An meinem Hals leuchten vier riesige Knutschflecke und meine Brust sieht auch nicht viel besser aus.

Das glaubt mir auch kein Mensch, wenn ich denen klar machen will, dass wir anständig waren.

Nach dem Toilettengang laufe ich mit einer hochgezogenen Augenbraue zurück in die Küche und bleibe direkt vor ihrer Nase stehen: "Was genau ist denn das?" "Knutschflecke!" Sie zuckt mit den Schultern und trägt die zwei Kaffeetassen auf den Balkon. Susi räumt die Weingläser noch schnell in die Küche und zieht mich dann an meiner Hand hinterher: "Jetzt guck doch nicht so! Du schmeckst halt einfach so gut!" Der kleine verborgene Teufel setzt sich auf meinen Schoß und lehnt sich an mich. Wir genießen unseren viel zu bitteren Kaffee und ich wünschte, Susi würde heute einfach mit nach Köln kommen. Ihr scheint es genau so zu gehen, denn sie seufzt laut auf. "Kannst du nicht einfach noch eine Nacht hier bleiben?" Susi drückt ihr Gesicht in meine Halsbeuge, was mir schon wieder eine saftige Gänsehaut verschafft. "Würde ich wirklich gerne, aber ich muss um sechs anfangen!" "Hmmmmm. Ich auch. Wir bekommen morgen eine Ladung frische Blumen!" Ein federleichter Kuss landet an meinem Hals. "Aber du kommst ja bald zu mir. Nur fünfmal schlafen!" Ich schlinge meine linke Hand um ihren Körper, worauf meine Hand auf ihrem Bauch ruht. "Hahahaha, das ist fast wie früher, als ich klein war. Noch zweimal schlafen, dann hast du Geburtstag. Hahaha".

Der restliche Tag vergeht leider wie im Flug und meine Abreise rückt immer näher. Nachdem wir zusammen gekocht und die Spaghetti Bolognese fast restlos vernichtet haben, mache ich mich auch schon dran, meine Sachen zu packen. Susi beobachtet mich vom Sofa aus und zieht eine Schnute bis zum Boden. "Zieh doch nicht so ein Gesicht. Wir sehen uns bald wieder. Komm her!" Ich breite meine Arme aus und empfange meine stürmische Freundin, die mich fast mit einem Hechtsprung umnietet. "Uff. Nicht so stürmisch, sonst komm ich noch ganz kaputt nach Hause. Ich schreib dir dann, wenn ich angekommen bin!" "Ach komm, das wirst du schon verkraften. Fahr vorsichtig!" Ihre Lippen treffen sanft auf meine und für einen kurzen Augenblick überlege ich mir, wirklich nochmal hier zu bleiben. Allerdings setzt mein Verstand wieder ein, nachdem sich unsere Lippen voneinander lösen und ich mache mich schweren Herzens auf den Weg zu meinem Auto.

Susi steht in meinem Shirt und kurzer Hose auf dem Gehweg und winkt mir so lange nach,  bis ich sie nicht mehr sehen kann. Wehmütig und doch mit einem breiten Lächeln auf den Lippen, düse ich über die Autobahn und komme zwei Stunden später vor der WG an.

"Hi Leute. Bin wieder da!" Ich folge den Stimmen, die aus der Küche kommen und treffe auf Stephan und Alex. "Hey, na bist du..." Stephan schiebt seinen Kopf etwas weiter in meine Richtung und zieht seine Augenbrauen zusammen. "Was ist? Schon vergessen wie ich aussehe?" Ich stelle meine Tasche auf die Seite und gönne mir noch einen Kaffee, diesmal mit Milch. "Wie war das noch gleich mit langsam?" Alex lacht leise vor sich hin und schüttelt seinen Kopf.
"Langsam war heute. Gestern wurde ich überfallen!" Bei dem Gedanken an dieses wilde Geschöpf muss ich unweigerlich lachen. "Hahahaha. Hast du denn eine Täterbeschreibung?" Stephan grinst über beide Ohren und verfolgt mich mit seinen Blicken, bis ich am Tisch sitze. "Es war der Teufel persönlich", ich zucke mit den Schultern und trinke einen Schluck von meiner braunen Brühe. "Leck mich am Arsch! Die hat aber ordentliche Arbeit geleistet. Kann man davon ausgehen, dass Herr Funke kein Single mehr ist?" Alex' Blick liegt neugierig auf mir.
"Ja, das kann man!" Alex und Stephan erheben eine Hand, in die ich jeweils einschlage und darauf freudig meinen Kaffe weiter trinke.

"Wie lief das Treffen mit Josi und deinen Eltern?" Ich wende mich an Alex und sehe sofort, wie er seine Augen verdreht. Tief durchatmend erzählt er mir von dem katastrophalen Freitag und seiner Predigt danach.
"Ach komm, hör auf! Das hätte ich denen jetzt nicht zugetraut! Wie war es dann gestern?" Ich bin wirklich leicht schockiert und kann Josi's Flucht am Freitag nachvollziehen. "Sie haben sich wirklich zusammengerissen, sagt zumindest Josi. Aber irgendwie ist sie seit Freitag etwas komisch. Vielleicht muss sie das alles erst einmal verdauen. Ich weiß es nicht. Mir ist es schon schlimm genug, dass meine Eltern so dreist waren und sie mit diesen Themen so überfahren haben und dass sie jetzt nicht genau sagt was los ist, liegt mir auch quer im Magen". Alex fährt sich durch's Gesicht und atmet schwer auf. "Sie will dich bestimmt nur schützen. Soll ich mal mit ihr reden? Ich könnte es zumindest versuchen..." Mein Angebot wird von Alex angenommen und ich versichere ihm, dass ich bei nächster Gelegenheit mit ihr rede.

"Wo ist sie denn überhaupt?" "Im Badezimmer. Sie kotzt sich sprichwörtlich die Seele aus dem Leib. Die letzten zwei Tage ging es ihr blendend, aber heute kommt dafür die geballte Ladung. Sie wollte ihre Ruhe und hat mich rausgeschickt. Wenn sie bis in einer Stunde immer noch über der Schüssel hängt, fahre ich mit ihr ins Krankenhaus. Nichtmal Flüssigkeit kann sie bei sich behalten!" Alex steht die Sorge ins Gesicht geschrieben, was ich absolut gerechtfertigt finde.
"Hat sie weiterhin abgenommen?" Auf meine Frage nickt Stephan gleich los:
"Das hat sie! Die Arme bekommt überhaupt keine Ruhe, sie schlittert von einem gesundheitlichen Problem ins nächste."

Alex erhebt sich von seinem Stuhl und stellt die Kaffeetasse auf die Seite, um nochmal nach Josi zu schauen. Ich schreibe derweilen an Susi eine Nachricht, dass ich gut angekommen bin und sie jetzt schon enorm vermisse. "Du alte Grinsebacke! Wann seht ihr euch wieder?" Stephan scheint sich mit mir zu freuen. "Sie kommt am Wochenende hierher. Vielleicht tut das Josi auch mal wieder gut, wenn sie ihre Freundin sieht".

Alex kommt wieder in die Küche und setzt sich zu uns dazu. "Und? Wie siehts aus?", ich mustere ihn neugierig und sehe schon die Unzufriedenheit in seinem Gesicht: "Sie hat auf dem Boden geschlafen. Hab sie jetzt aber aufs Sofa gebracht. Ich muss in dreißig Minuten zum Dienst, könnt ihr sie solange im Auge behalten, bis Tom von seiner Schicht kommt? Wenn irgendwas ist, ruft mich bitte sofort an!"
"Natürlich!"

Ich schaue kurz auf mein Handy, da eine Nachricht angekommen ist.

>> Ich vermisse dich auch schon! Freue mich riesig auf das nächste Wochenende 😈<<

Mein Lachen kann ich mir bei dem Anblick des Teufel-Smileys nicht verkneifen.

Wer hätte gedacht, dass diese Frau so wandelbar ist… Eins ist sicher Phil, mit Susi wird es nicht langweilig werden!

Einzelkämpfer (ASDS)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt