54. Erzwungener Körperkontakt

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  Revali sah erst wieder auf, als er das gequälte Stöhnen von Raisa wahrnahm. Diese war grade dabei sich aufzurichten. „Auch mal wach?", fragte er, hatte dabei einen leichten genervten Unterton.
„Halt deinen Schnabel, elender Vogel", sagte sie zwischen zusammengepressten Zähnen. Keuchend und unter Schmerzen hatte sie es geschafft aufrecht zu sitzen. Gefühlt jede Stelle ihres Körpers schmerzte, bei nur der kleinsten Bewegung. Muskelkater am ganzen Körper war nichts gegen das, was sie verspürte. Selbst ihr Flug beim Moldora-Kampf war noch angenehmer.
Mit zitternden Händen hielt sie ihren Kopf und schloss angestrengt die Augen. „Ich habe eine Gedächtnislücke, hilf mir mal auf die Sprünge", befahl sie harsch. Revali verschränkte daraufhin die Flügel vor der Brust.


„Wir, besser gesagt du, bist vor einer Lawine geflüchtet. Ich weiß nicht wie dämlich das von dir war, jedenfalls bist du auf einen Abhang zugeritten und diesen auch erste Klasse heruntergeflogen – mit deinem Gaul. Dann lagst du da unten auf dieser Eisfläche. Während ich auf den Weg zu dir herunter war, ist dieser dämliche Gaul auf das Eis geflogen und hat es zum Brechen gebracht. Daraufhin hast du deinen zweiten Flug gewonnen und bist hier hinunter gefallen. Dummerweise bin ich dir auch noch gefolgt. Und jetzt sitzen wir hier fest."


Seine dämlichen Kommentare hätte er sich zwar sparen können, aber wenigstens wusste sie jetzt, was passiert war. Auch, wenn sie es vielleicht nicht die schönste Geschichte war.
Sie umschlang ihren Körper mit ihren Armen und versuchte irgendwie sich selbst zu wärmen. Es war so bitterlich kalt... Aber egal was sie machte, nichts half.
„Wo ist der Gaul eigentlich?", fragte sie und sah sich um. Es war dunkel, sie konnte so gut wie nichts sehen. Deshalb konnte sie auch nur erahnen, wo sich Revali befand. „Das fragst du den Falschen", antwortete er.


Echt super hier, das war die aussichtsloseste Situation, in der sie sich je befand.
„Ich glaube, sterben ist schöner, als das hier", warf sie in den Raum. Nebenbei, die Müdigkeit war auch noch vorhanden. Und das nicht grade wenig. Obwohl sie weggetreten war, hatte sich ihr Körper nicht eine Sekunde lang erholen können. Und schlafen konnte sie hier nicht. Das wäre ihr Tod.


Sie stand keuchend auf, wobei sämtliche Knochen in ihrem Körper auf das Widerlichste knackten. Sie stand auch nicht sicher und ihre Beine waren wieder kurz davor nachzugeben. Dann fiel ihr etwas auf. Stoff fiel raschelnd zu Boden. Was für einer wusste sie nicht. Ächzend bückte sie sich und hob ihn auf.
Ihre kaputten Hände, welche vor Kälte auch schon fast taub waren, fuhren über den Stoff. Es erinnere sie an den Reckenschal, den sie trug. Aber ihren spürte sie um ihren Hals. Um sich Gewissheit zu schaffen, strich sie auch über ihren Schal. Es war exakt das Gleiche! Das bedeutete...
„Hier, nimm deinen Dreck und behalte ihn bei dir", sagte sie und warf den Schal in die Richtung, in der sie Revali vermutete. Da ihr das Ganze unangenehm war, versuchte sie dies mit ihrer unfreundlichen Art zu verstecken.


„Du bist die undankbarste Person, die ich kenne", antwortete er. Wollte er ihr nun Vorträge darüber halten, wie sie sich zu verhalten hatte? „Erzähl mir etwas, was ich noch nicht weiß", sagte sie und rieb sich über die Arme. „Ich denke, du bist nicht so grausam, wie du dich gibst." Sie hielt in der Bewegung inne. Was sollte denn das von ihm werden?
„Versuchst du mich zu analysieren? Zu durchschauen? Das wird dir nicht gelingen. Außerdem, ich bin grausam! Und ich verstell mich nicht, ganz sicher nicht!", sagte sie säuerlich. Das Federvieh schnaubte daraufhin nur.


Jetzt fingen die verzweifelten, tiefgründigen Gespräche an, oder was? Wo er und sie sich eingestanden, dass sie sich doch mochten und später ineinander verliebten? – So etwas Absurdes gab es nur in Märchen und Geschichten! Sie hasste Revali und er hasste sie! Das würde auch für immer so bleiben!

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt