62. Sie würde keinen retten

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  „Jetzt geh runter von mir", sagte das Federvieh, freundlich wie eh und je, als sie beim Schloss von Hyrule angekommen waren. Sie stieg von ihm herunter und sobald ihre Füße ihren Körper tragen mussten, zog ein Schmerz durch diesen. Doch niemand auf der Welt würde mehr Schmerz im Körper verspüren, als Zelda, sobald Raisa mit ihr fertig war. Die Prinzessin musste für das, was in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert war, büßen.
Noch besser wäre es allerdings, wenn sie Zelda büßen lassen konnte und danach sich ein Mittel besorgte, was sie die letzten Stunden vergessen ließ. Gelacht hatte sie eben – unfassbar. Und egal wie viele mentale Ohrfeigen sie sich dafür gab, es konnte nicht mehr geändert werden. Höchstens vergessen und darauf setzte sie.
Es war ja kein schadenfrohes Lachen gewesen, welches von ihr kam, wenn sich jemand verletzte oder derartiges. Und auch kein verhöhnendes. Es war verdammt noch mal ehrlich und das nur, weil sie die aufkommenden Gefühle, die sie im Moment der Erleichterung nicht mehr unterdrücken konnte, verstecken wollte.
Es war falsch gewesen, ja, aber...


„Ihr seid zurück?", hörte Raisa die Stimme von Zelda. Im Moment würde sie diese nervige Stimme unter hundert Personen heraushören. „Sieht wohl ganz so aus", antwortete sie und musste sich und ihre aufkommende Wut im Zaum halten. 'Noch nicht', dachte sie und zügelte sich.
Zelda musterte die beiden Recken vor sich mit zusammengezogenen Augenbrauen.
„Was ist denn mit euch geschehen? Wie seht ihr aus?", fragte die Prinzessin. Hinfort mit der Absicht sich noch zügeln zu wollen!
„Das ist der Dank dafür, dass wir uns für deine Belange den Hintern aufgerissen haben, nicht wenige Male fast draufgegangen wären, ich in dieser Todeskälte fast erfroren wäre und wir vom Tod auf vier Beinen verfolgt wurden!", fauchte Raisa Zelda nun an und tippte der Prinzessin dabei nicht wenige Male unsanft gegen den Oberkörper.
Zelda war sichtlich überrascht von Raisa's Reaktion. Oftmals hatte die Schwertkämpferin schon gedroht, dass sie büßen würde, doch Zelda hatte dies als leere Drohungen hingenommen. Immerhin war bislang nie was geschehen und Raisa hatte sich nur aufgeregt. Doch dieses Mal war es anders.
Zelda konnte sehen, wie sehr Raisa sich zusammen nahm, um die Beherrschung nicht zu verlieren. In vergangenen Zeiten hätte Raisa sich niemals zusammengenommen. Sie hätte, ganz gleich, ob Zelda eine Prinzessin war oder nicht, ihr das Schwert an die Kehle gesetzt. Doch Zeiten änderten sich, so auch Raisa's Gemüt und ihre Art, mit solchen Situationen umzugehen. Ein wenig verärgerte es sie schon, dass sie in dieser Hinsicht so verweichlicht war.


Revali sagte weder etwas, noch tat er etwas. Er hatte die Flügel vor der Brust verschränkt und dem Schauspiel vor sich zugesehen. Still und heimlich gab er Raisa sogar Recht. Allerdings wäre er an die Sache ganz anders ran gegangen, als Raisa. So mit der Prinzessin von Hyrule umzugehen...traute sich wirklich nur eine. Und das war auch noch ihrem burschikosen Wesen zuzuschreiben.


Nun war Zelda an der Reihe zu handeln. Doch so recht wusste sie nicht, was sie Raisa entgegenzubringen hatte. Eine falsche Aussage und die Prinzessin hätte ein Problem mehr.
„Wie oft soll ich dir noch sagen, dass" – „Hör auf dich herauszureden!" Stille herrschte. Nun gut, wenn die Prinzessin mit dieser Aussage nicht weiter kam, dann musste sie es anders versuchen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte einen eingeschnappten Ausdruck zustande zu bringen. Egal was, es musste nur Raisa von sich fern halten. Natürlich hätte sie auch die Wachen rufen können, doch das wagte sie grade nicht. Wenn sie Raisa jetzt noch mehr Probleme bereitete, würde sich das Gemüt der Schwertkämpferin ganz sicher nicht beruhigen.


Raisa ließ von Zelda ab, atmete einige Mal tief durch und schaute dann mit ernster Miene zu der Prinzessin. „Wir sind noch nicht durch." Diese Worte waren kein Bluff. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah still und heimlich für sich ein, dass sie jetzt in diesem Moment für keinen weiteren Aufruhr sorgen sollte. Was jedoch nach der Audienz beim König passierte, konnte sie selbst nicht einmal einschätzen. Nichts Schönes jedenfalls. Doch vorher musste sie ihren guten Status beim König ausnutzen.

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt