45. Dank von Revali? - Wohl kaum!

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Versprich es mir, Raisa! Versprich mir, dass du unseren Traum erfüllst. Ich bitte dich, tu es für mich. Denn jetzt... Jetzt werden sich unsere Wege trennen.

Raisa machte die Augen auf und sah an die dunkle Decke. Was war das? Ein Traum? Nein, wohl eher ein Gedanke, der sie bis in den Schlaf hinein verfolgte. Sie rieb sich die Augen und richtete sich etwas auf. Sie war wohl in der Badewanne eingeschlafen. Das hätte böse enden können.
Wie dem auch sei, Urbosa war so großzügig gewesen und ließ sie noch ein Bad nehmen, bevor sie wieder zurück reiste. Ihre Kleidung wurde unterdessen gereinigt. Sie war ja wirklich nicht eitel und wenn ihre Sachen dreckig wurden, dann war das so. Aber dieser stinkende und klebende Schleim, der sie komplett benetzt hatte, war zu viel des Guten.

Sie seufzte und ihren Blick wieder an die Decke richtend, ließ sie sich tiefer in das Wasser. Still und heimlich fragte sie sich, wie lange sie nun schon diesen inneren Konflikt führte. Es gab zwei Optionen, die ihr Leben maßgeblich bestimmen würden. Entweder los lassen oder weitermachen. Egal wie sie sich entscheiden würde, es müsste bald geschehen, denn es war unglaublich anstrengend dazwischen zu stehen.
Als Außensteher mag diese Entscheidung nicht schwer sein, doch für Raisa war es bis lang die schwierigste ihres Lebens. Sie wollte das ja wirklich beenden, nur wie?

Sie ging in sich hinein und überlegte, was Seina ihr geraten hätte. Vermutlich wäre von ihrer besten Freundin ein übertrieben schnulziges 'Hör auf dein Herz' gekommen. Dumm nur, dass sie kein Herz hatte. Zumindest in dem Sinne, in dem es gemeint war. Aber, sie wollte auch keines! Nichts auf der Welt war wertloser, als das Herz. Unnötige Gefühle und Schmerzen brachte dieses mit sich. Gefühle und Schmerzen auf die Raisa verzichten konnte.

Sie seufzte erneut und fuhr sich vorsichtig durch ihr Gesicht. Äußerlich war bis jetzt zum Glück nichts zu sehen, aber es schmerzte auf eine widerliche Art und Weise, wenn sie mit ihren Fingern über ihr Gesicht fuhr. Wie viele Kilo Sand sie wohl bei ihrem Flug verschluckt hatte? Der Gedanke war schon widerlich.
Und da sie sowieso schon bei diesem Thema war, konnte sie sich ja ein weiteres Mal fragen, warum ihre Fähigkeit sie im Stich gelassen hatte. Wo lag nur der Fehler? Hatte sie sich zu sehr darauf verlassen? Was auch immer der Grund war, dies durfte sich nie wieder wiederholen!

Unschlüssig darüber, ob sie in der Badewanne bleiben sollte oder nicht, lehnte sie sich zurück. Einen kleinen Moment länger konnte sie bestimmt noch im warmen Wasser verbringen. So konnte sie wenigstens darüber nachdenken, was sie als Nächstes tun sollte. Wenn sie zurück ging, zu Inazuma ging, dann würde ihr langweiliger Alltag zurückkehren. Die anderen Recken verbrachten ja nicht wie sie die gesamte Zeit in ihren Titanen. Sie hatten ein Zuhause oder zumindest etwas in der Art.
Unweigerlich musste sie daran denken, wie sie bei Revali Zuhause war. Bei der Göttin Hylia, es kam ihr vor, als wäre dies bereits eine Ewigkeit her. Dabei waren es höchstens zwei Wochen.

Mittlerweile war Dezember, also der letzte Monat des Jahres und ihr dritter Monat als Recke. Dezember... Wie sie diesen Monat hasste. Es war kalt, es schneite, ihr dämlicher Geburtstag war auch noch und... Seina's Todestag war ebenfalls in diesem Monat. Das einzig Gute an all dem war der Jahreswechsel.
Dieses Jahr war 'dezent' schlecht... Das nächste konnte somit nur besser werden. Wobei, wenn sie es sich so recht überlegte... Wenn sie in den ersten Tagen das Federvieh sah, konnte es ja nur schlecht anfangen. Vielleicht war das kommende Jahr auch ihr letztes, wer konnte das schon so genau wissen? Ach ja, genau! Sie würde es wissen, wenn sie von ihrer verdammten Fähigkeit nicht im Stich gelassen worden wäre.

Raisa hatte schon überlegt, ob in den alten Schriften, die in Schloss Hyrule gehütet wurden, nicht vielleicht irgendetwas über diese Fähigkeit stand. Der Deku Baum sagte ja auch, dass diese Fähigkeit einst der Prinzessin von Hyrule gehörte. Dann musste es eigentlich Aufzeichnungen geben. Aber selbst wenn..., lesen konnte sie nicht, anderen wollte sie von dieser Fähigkeit nichts erzählen und der einzige, der davon wusste, war Revali. Und ihn würde sie mit Sicherheit nicht um Rat bitten. Er würde ihr eh nicht helfen, viel eher würde er sie auslachen. So ein verdammter Bastard, nur weil er alles hatte und alles hinbekam...

Lustlos ließ sie ihre ins Wasser sinken. Von dem ganzen Nachdenken bekam sie langsam Kopfschmerzen. Das Beste und einzige was sie momentan tun konnte, war abwarten und schauen, wie es sich entwickelte. Vielleicht war das auch einfach nur ein Ausnahmefall und beim nächsten Mal war es so, als wäre nie etwas gewesen. Dann würde sie sich wegen nichts und wieder nichts den Kopf zerbrechen.
Es war zwar unwahrscheinlich, doch die Chance bestand.

„Bist du bald fertig? Deine Sachen sind trocken, ich lege sie dir hier hin", sagte Urbosa, die ins Bad kam. Raisa hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. „Mach doch was du willst", sagte sie unbekümmert.
„Ich soll dir übrigens Dank ausrichten", sprach Urbosa weiter. „Von wem?" Eigentlich interessierte sie das nicht, aber Urbosa hatte ihr das schließlich erzählt, damit sie nachfragte. Eine typische Masche, um jemanden in ein Gespräch zu verwickeln.
„Von Revali." Raisa schaute die Gerudo ungläubig an. Als wäre sie so dämlich und würde das glauben. „Wenn Blicke töten könnten, Raisa", sagte Urbosa amüsiert. „Der Dank kommt von den Gerudos, die von dem Moldora-Herz profitieren. Und von mir, du hast meinem Volk geholfen." Raisa rollte mit den Augen. Als wenn sie das für Urbos's Volk getan hätte.
„Jaja, war ungewollt", sagte sie noch immer unbekümmert. Urbosa verschwand mit einem amüsierten Grinsen wieder aus dem Badezimmer. Doch vorher... „Übrigens Raisa, wusstest du das schon? Gegensätze ziehen sich an." Etwas was auch anziehend war, war Raisa's Faust in den Gesichtern von Personen, die Müll redeten.

Kaum war die Gerudo weg, stieg sie aus der Badewanne und trocknete sich ab. Vor dem Spiegel checkte sie sich dann selbst ab. Ihre Haare, die ihr mittlerweile fast zur Brust reichten und der immer größer werdende Ansatz, ihr schmales Gesicht, die goldenen Augen und ihr Körper eben. Eigentlich hatte sie einen normalen Körperbau, doch leider rutschte sie immer wieder ins Untergewicht. So wie auch jetzt. Das ging aber leider auch immer so schnell, dass man es immer zu spät bemerkte.
Na ja, bei den Festessen im Schloss Hyrule würde sie das schon wieder hinkriegen. Bis dahin hieß es Zähne zusammenbeißen und durchhalten.

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt