70. Das beste von Sterblichen geschmiedete Schwert

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  Bis ihr Schwert repariert oder besser gesagt neu geschmiedet werden konnte, fehlte es ihr nur noch an einem Topas. Daruk hatte sich zuvor bereiterklärt ihr beim Suchen der Edelsteine zu helfen. Er suchte nahe des Todesberges nach Diamanten und Saphiren. Als Gorone konnte er schließlich dieser gewaltigen Hitze ohne Probleme standhalten. Sie dagegen würde zu einem Häufchen Asche werden.
Aus diesem Grund hatte sie sich auf die Suche nach den Erzen gemacht, die sie in der Nähe von Goronia finden konnte, also Rodonith und Topas. Laut Daruk waren ihre Chancen diese Edelsteine recht schnell zu finden, hoch, weshalb sie auch ziemlich gelassen an die Sache heranging.

Raisa führte auf ihrer Suche einen großen und vor allem schweren Eisenhammer mit sich, den Daruk ihr gegeben hatte, um Erzbrocken kaputt schlagen zu können. Sie konnte schon fast von Glück reden, dass sie nicht so schwach war wie der Durchschnitt der weiblichen Bevölkerung von Hyrule. Sonst wäre es wirklich eine Last geworden, den Hammer bei sich zu tragen.
Sie holte mit besagtem Hammer Schwung und schlug mit aller Kraft auf den Erzbrocken vor ihr. Doch leider war es erneut eine Niete. Doch es nervte sie gar nicht so sehr, wie man sonst annehmen würde. Es störte sie nicht, dass sie für ihr neues Schwert arbeiten musste, im Gegenteil. Nach der Arbeit kam ja bekanntlich das Vergnügen – und das würde mit Sicherheit ein Vergnügen werden.

Erneut hob sie den schweren Hammer, um einen der Erzbrocken zu zerstören. Dass dieser deutlich schwerer, als ein Schwert war, brauchte sie wohl nicht zu erwähnen. Der nächste Erzbrocken zerbrach, aber auch dieses Mal war kein Topas dabei.
„Raisa", hörte sie Daruk nach ihr Rufen. „Ich habe alles notwendige, auch die Materialien, nach denen du suchen solltest. Wir können zurückgehen." Wie sie es schon einmal gesagt hatte: das Glück, was ihr in den letzten Monaten vorenthalten war, kam nun in Massen zurück.

Sie schulterte den schweren Hammer und folgte Daruk zurück nach Goronia, zurück in die Schmiede, in der bereits alles vorbereitet war. „Geb' die Edelsteine her", sagte Barodo unfreundlich, so wie sie selbst immer, und streckte eine Hand aus. Ohne etwas zu erwidern, gab Raisa ihm die Edelsteine und sah zu, wie sie alle einzeln geschmolzen wurden.
„Der Rodonith wird die Klinge so heiß werden lassen, dass es die Schmelztemperatur von Eisen bei weitem übertrifft. Die Saphire werden daraufhin entgegenwirken und die Klinge abkühlen, um sie zu verhärten. Da dies aber nicht ausreichen wird, wird der Diamant ebenfalls die Klinge härten. Es gibt in unseren Weiten nichts Härteres, als einen Diamanten. Selbst die Waffen von Leunen können da kaum mithalten. Der Topas dient nur zur Verzierung, dazu würden sich auch Bernsteine und Opale verwenden lassen, aber diese beiden Edelsteine sind im Gegensatz zum Topas unbrauchbarer."

Raisa hatte nicht damit gerechnet, dass sie den gesamten Prozess, wie ihr Schwert geschmiedet wurde, beiwohnen durfte. Doch mit verschränkten Armen konnte sie sehen, wie aus dem flüssigen Eisen allmählich die Form einer Klinge wurde. Diese Klinge wurde geschliffen, bis sie so scharf war, dass herausfallendes Blatt in zwei Hälften zerteilt werden würde. An die Klinge wurde die Parierstange gesetzt und letztlich der Griff. Beides bestand aus demselben Material, wie bei ihrem vorherigen Schwert und hatte auch eine sehr ähnliche Form. Filiale, gelbe Linien zogen sich als Verzierung über Parierstange und Griff, welche sehr wahrscheinlich aus dem Topas bestanden.

Raisa betrachtete das Meisterwerk vor hier. Die Klinge glänzte ich Licht ein wenig weiß, was sie so auch noch nie gesehen hatte und spiegelte genauso perfekt. Wie es sich wohl anfühlte, es zu schwingen?
Als der alte Gorone endlich fertig war, ließ es in der Luft einmal drehen und fing es an der Klinge, jedoch ohne sich zu schneiden. Der Griff zeigte zu Raisa, welchen sie in die Hand nahm. Das Schwert war unsagbar leicht, was sie vermutlich noch schneller im Kampf machen würde. Sie musterte es genau, sah, wie sie sich im Metall der Klinge spiegelte. „Wirklich ein Meisterwerk", sagte sie. Sie berührte die Klinge leicht, doch selbst diese kleine Berührung reichte aus, sodass sie sich ein kleines bisschen in den Finger schnitt.

„Kommen wir nun zum Geschäftlichen. Ich halte fünftausend Rubine für einen angemessenen Preis", sagte Barodo. Diesen Teil... Hatte Raisa gar nicht bedacht. Und was hatte er bitte gesagt? Fünftausend Rubine? Das war ja unbezahlbar! Sie müsste ja hunderte Händler ausrauben, um dieses Schwert bezahlen zu können. „Du erinnerst dich, Barodo...", fing Daruk plötzlich an. „Du schuldest mir noch einen großen Gefallen. Ich denke, hiermit ist die Sache getan, oder?" Der alte Gorone murmelte daraufhin ein „Von mir aus." Sonderlich zufrieden sah er aber nicht aus.

Raisa hingegen war mehr als überrascht, auch wenn sie sich dies natürlich nicht anmerken ließ. Warum opferte Daruk seinen Gefallen, den er sich von dem Halsabschneider erfüllen lassen könnte, für sie? Wäre die Lage umgekehrt, dann hätte sie nicht einmal den kleinen Finger krumm gemacht. „Mädel, bevor du weiter so dumm herumschaust, schau lieber nach, ob das Schwert in deine Schwertscheide passt. Eigentlich sollte es reibungslos funktionieren, aber man weiß ja nie. Und ein zweites Mal will ich dich hier ganz sicher nicht sehen."
Sie schnaubte nur und steckte ihr neues Schwert in ihre Schwertscheide. Es funktionierte einwandfrei.

„So, du hast jetzt genug meiner Zeit gestohlen. Seh' zu, dass du endlich verschwindest. Hast du nicht genug andere Dinge zu tun?" Mit diesen Worten wurde sie förmlich aus der Schmiede geschmissen. Für gewöhnlich würde sie nun austicken... Oder zumindest wäre sie früher ausgetickt. Im Moment störte es sie jedoch relativ wenig, schließlich hatte sie ihren Willen und somit ein neues Schwert bekommen.

„Was wirst du nun tun?", hörte sie Daruk fragen. „Ich gehe zurück zu meinen Titanen, was sonst?" Die Zeit drängte langsam. Die Sonne war bereits dabei sich in immer dunklere Töne zu färben, bis sie schließlich hinter dem Horizont verschwinden würde. Und das letzte, was Raisa nun wollte, war im Dunkeln zurückzugehen. Nicht das sie Angst hätte, sie würde sich nur beim Verlassen dieses Berges vermutlich den Hals brechen, wenn sie nichts sehen konnte.
„Wirst du zu den Feierlichkeiten in ein paar Tagen im Schloss sein?", fragte er.
„Mit mir ist nicht zu rechnen. Du kannst Zelda den Rat übermitteln, dass sie nicht auf mich zu warten brauch. Wobei, eigentlich sollte sie dies bereits wissen." Raisa ging langsam wieder zum Tor, welches den Ein und Ausgang nach Goronia kennzeichnete. Und Daruk hatte sich bereiterklärt sie bis dorthin noch zu bringen.

„Soll ich dir auch einen Rat geben? Du bist viel zu freundlich. Ich, an deiner Stelle, hätte mich in dem Laden nicht gerettet. In dieser Welt kann man nur mit Egoismus überstehen. Wenn es allerdings gegen deine Prinzipien verstößt, dann lass mich dir sagen, dass du nie wieder jemanden wie mir helfen solltest, sondern nur Personen, denen du auch wirklich trauen kannst."
Was ihre Worte mit dem Egoismus betraf... Vielleicht stimmte das auch nicht ganz. Es gab Situationen, in denen sie sich selbst auch schon befand, in denen man auf die Hilfe anderer zwangsläufig angewiesen war. Aber von wem erwartete man schon diese Worte, wenn das Gegenteil doch so viel leichter zu sagen war?

„Du solltest es lieber als eine freundliche Geste ansehen, als einen Fehler, wenn man dir hilft. Die anderen und auch ich, und ich bin mir sogar sicher, in ernsten Situationen auch Revali, helfen dir, wenn du Hilfe brauchst." Und dennoch würde sie erstmal alles Mögliche in die Wege leiten, damit sie diese Hilfe nicht annehmen musste.
„Ich verstehe es nicht. Warum wollen mir immer irgendwelche Leute helfen, obwohl sie nichts davon haben." Es ging einfach nicht in ihren Kopf hinein. „Soll ich dir meine Gründe sagen? Mädel, sei dann aber nicht sauer", sagte Daruk und lachte leicht. Sie zuckte mit den Schultern.
„Deine Augen tragen eine tiefe Traurigkeit mit sich, dir mir fast das Herz zerreißt. Die anderen scheinen dies einfach nicht zu sehen." War es wirklich so offensichtlich? Der Schmerz, den sie mit sich trug. Der Schmerz, den sie niemals loswerden würde. Der Schmerz, den sie nie vergessen könnte?

„Das bildest du dir nur ein", sagte sie und verließ Goronia. Nach ein paar Schritten drehte sie sich jedoch noch einmal um. „Nichtsdestotrotz habe ich dir zu danken. Danke. „ Daruk tat das Ganze mit einem Grinsen ab.

Eine Sache war ihr klar, als sie den Pfad hinunter ging. Daruk würde sie vorerst nicht wiedersehen. Im Schloss würde sie nicht erscheinen.  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt