63. Audienz beim König

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  Die Wachen vor dem Thronsaal ließen die beiden Recken eintreten. Raisa und Revali, welche mit erhobenem Haupt den Thronsaal betraten, gingen ein gutes Stück vor dem Thron auf die Knie. Wie damals, als sie in diesem Saal von dem König hochgenommen worden.
„Euer Majestät", fing Revali an. Gut, womöglich war es auch alles, denn mehr Worte verließen seinen Schnabel nicht. „Steht auf!", befahl der König. Ohne zu zögern standen beide auf und erhoben somit auch wieder ihren Blick.
„Ihr seid früher zurück, als erwartet. Ist etwas vorgefallen?", fragte König Rhoam. Mal wirkte dieser König so eisern hart und kalt wie Eis und mal wie ein fürsorglicher Vater. Letzteres traf im Moment zu. „Wir wurden auf unserer Mission von den Yiga überrascht", erklärte Raisa.
„Ich hege den Verdacht, dass sich unter euren Reihen Verräter befinden, die von den Vorgängen hier im Schloss und unseren Missionen Bescheid wissen und diese Informationen weiterreichen", fügte sie noch hinzu. Raisa hatte keine Ahnung was für eine Reaktion diese Nachricht beim König auslösen könnte, doch irgendwer musste dies einmal aussprechen. Es war kein Zufall, dass Revali und sie bei beiden Missionen von den Yiga angegriffen wurden.


König Rhoam's Gesichtszüge veränderten sich jedoch nicht und er schaute die beiden Recken vor sich weiter an. „Dieselbe Vermutung hatte Zelda bereits. Viele Personen, die mir hier im Schloss unterstehen und über die Vorgänge Bescheid wissen, stehen nicht infrage, dennoch danke ich dir für den Hinweis." Raisa musste daraufhin ein süffisantes Grinsen unterdrücken. Irgendwie war es doch recht amüsant mitanzusehen, wie unterschiedlich und Vater und Tochter doch waren. Und nur mal so nebenbei: Raisa gefielen die Charakterzüge des Königs definitiv besser, als die von Zelda.


„Nun denn, ich will von euch beiden ausführlich hören, was während eurer Reise vorgefallen ist und was ihr in Erfahrung bringen konntet. Und ich will Ergebnisse, seien sie positiv oder negativ."
Das könnte schwierig werden. Woran Raisa sich am meisten erinnern konnte, waren ihre Auseinandersetzungen mit Revali.
„Unsere Reise begann bei Sonnenuntergang. Den einzigen Stall auf unserer Reiseroute konnten wir noch vor Einbruch der Nacht erreichen. Um kostbare Zeit zu sparen, auch damit der hochverehrte königliche Hof sich nicht allzu lange in Geduld üben musste, haben Raisa und ich beschlossen unsere Reise bei Nacht weiter fortzusetzen", fing Revali an die Geschehnisse zu erzählen. Raisa musterte ihn nur abwertend von der Seite. Wie konnte man nur so geschwollen reden? Sie begriff es nicht.
Zumal er in ihrer Gegenwart nie solche gewählten Worte aussprach. Nun ja, dasselbe tat sie auch nicht.


Revali sprach nicht weiter und sah zu Raisa herüber. Jetzt war es an ihr die weiteren Geschehnisse zu erzählen. Doch er erwartete gar nicht, dass sie sich ebenfalls so gewählt ausdrücken würde. Solche Worte befanden sich doch gar nicht in ihrem Wortschatz und zu ihrem Vokabular passte es auch nicht. Das verdächtige, amüsierte und vor allem kaum sichtbare Grinsen auf ihren Lippen, ließ ihn jedoch an seinem Glauben zweifeln.
„Allerdings erwies es sich als Fehler, bei Nacht zu reisen. Des Nachts sind die Monster in Hyrule aktiver, als am Tage. Somit hatten Revali und ich schon zeitnahe unser erstes Hindernis zu bewältigen. Einen silbernen Leunen. Jedoch, wie man es unserem Stand zumuten mochte, hatten wir keinerlei Probleme diesen zu...beseitigen." In ihren Ohren klang dies ziemlich passabel. Dafür, dass sie nicht die Zeit hatte und auch nicht die Lust, um groß zu überlegen. Und an Revali's Gesichtszügen konnte sie erkennen, dass es ihn mächtig ärgerte, dass sie solche Reden schwingen konnte.


„Ihr seid erneut auf einen Leunen getroffen?", fragte der König. Ja, irgendwie zog das Federvieh derartige Monster magisch an. Oder sie, wer konnte das schon wissen? Allerdings war sie vor ihrer Reckenzeit nie einem derartigen Monster begegnet. Erst, als sie mit Revali –gezwungenermaßen – reiste.
„Leider ja, euer Majestät. Doch der Kampf verlief, so wie Raisa es schon erwähnte, gut. Aus diesem Grund konnten wir unsere Reise fortsetzen. Allerdings vermuteten wir seitdem, dass die Yiga uns auflauerten." Raisa rollte mit den Augen und unterdrückte ein genervtes Seufzen. Konnte das Federvieh den Rest nicht einfach selbst erzählen? Zumal jetzt die Passagen kamen, wo sie kassieren musste. „Sie haben Lawinen auf uns herabstürzen lassen, welchen wir nur knapp entkommen konnten. Unser Glück im Unglück war, dass wir dadurch die Ruinen entdeckt haben. Wir konnten in Erfahrung bringen, dass sie vor zehntausend Jahren erbaut worden. Sie liegen tief unter den Bergen von Hebra und sie dienten der Bevölkerung von Hyrule als Schutzort, während die Verheerung Ganon das Land angriff. Dies ist alles, was wir finden konnten", erzählte Raisa und holte das Buch hervor. Zu ihrer Verwunderung scheute der König sich nicht, dieses uralte Tagebuch in Händen zu halten.
Ach ja, beim Erzählen hatte sie bewusst den Punkt ausgelassen, als sie wie ein rohes Ei auf den Boden geflogen war. Dies war... Nicht sonderlich erzählenswert.


„Diese Einträge wurden während des Angriffes verfasst. Es steht nur etwas über das Leiden der Völker drinnen, nichts über die Verheerung selbst." Der König tat ihr gesagtes mit einem Nicken ab. „Es ist besser, als gar nichts. Dass ihr überhaupt noch etwas finden konntet, übertrifft jegliche meiner Erwartungen." Wenn der König von Anfang an damit gerechnet hatte, dass diese Mission ein Fehlschlag werden würde, wieso hatte er sie und Revali dann erst losgeschickt? Diese Adligen... Solange es nicht ihr eigenes Leben war, spielten die Umstände doch keine Rolle. Wie Zuwider Raisa dies doch war.


„Als wir weiter geforscht haben, stellten sich die Yiga uns erneut entgegen. Sie beschworen eine Kreatur, die uns dort unten niederstrecken sollte. Doch wir konnten entkommen und haben uns direkt auf den Weg hierher gemacht", beendete Raisa nun die Geschichte. Eine sonderlich heldenhafte war es nicht. Auch, da Raisa und Revali bewusst ein paar Dinge ausgelassen hatten.
„Nun denn, ihr habt eure Sache dennoch gut gemacht. Vielleicht sollte ich euch auf die Suche nach dem Versteck der Yiga schicken?"
Oh Hylia, stehe ihr einmal bei! Raisa würde ja wirklich einiges tun, wenn es sein musste, auch mit Zelda! Doch bitte nicht noch mehr mit Revali. Und mal ganz davon abgesehen: gab es in Hyrule nicht genug fähige Soldaten, die dies erledigen konnten?
„Allerdings beginnen bald die Feierlichkeiten. Und da ihr Autoritär seid und eine große Verantwortung tragt, brauche ich euch hier", sagte der König. Das Glück hatte sie also noch nicht vollends verlassen! Das ging ja wirklich grade nochmal so gut. Sie wäre wirklich durchgedreht, wenn es dazu gekommen wäre.


Selbst wenn der König jemanden losschicken wollte, warum mussten es immer sie und das Federvieh sein? Die anderen Recken konnten auch mal etwas machen! Denn die waren nun wirklich nicht gefordert. Urbosa saß grade vermutlich auf ihrem Thron und ließ sich das Leben gut gehen. Daruk..., was der machte, wusste sie gar nicht. Doch sie war sich sicher, dass auch er sich nicht zu sehr anstrengen musste. Und Mipha..., wäre das Zoramädchen nicht grade auf dem Weg nach Schloss Hyrule, würde sie mit Sicherheit bei ihrem Titanen sein und weiter für Link schwärmen.
Der einzige, der wohl jeden Tag das volle Programm durchmachen musste, war Link. Er musste Zelda Tag ein Tag aus ertragen. Und das war eine einzige Foltermethode.


„Habt Ihr sonst noch irgendwelche Wünsche oder Befehle, euer Majestät?", fragte Revali.
„Nein, ihr seid für den heutigen Tag entlassen", sagte der König. Die beiden Recken verbeugten sich noch einmal, ehe sie den Ausgang anpeilten. Kurz bevor sie verschwunden war, hörte sie doch noch einmal die Stimme des Königs. „Entschuldige Raisa, würdest du doch noch einmal hier herkommen?"
Das hatte nichts Gutes zu verheißen. Revali hatte auch ein schadenfrohes Grinsen ausgesetzt.
„Viel Spaß", sagte er. Raisa holte nur tief Luft und ging wieder zurück zu König Rhoam.

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt