105. Geständnis?

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Jetzt war es raus, was? Sie konnte von sich selbst nicht glauben, dass sie das grade gesagt hatte. Aber ja, das war ihr Eindruck. Von der Denkweise mochten Raisa und Revali sich ja unterscheiden, doch im Kern waren sie sich doch sehr ähnlich. „Warum interessiert es dich überhaupt so? Ich habe immer – und tue es jetzt auch noch – gedacht, du würdest mich nicht leiden können. Nein, gedacht habe ich es nicht... Gewusst und gespürt habe ich es." Womöglich entwickelte sich dieses Gespräch zu eines der seltsamsten und unangenehmsten, die sie je geführt hatte.

„Du bist schwierig, so viel steht fest", sagte Revali. Das war aber noch immer keine Antwort auf ihre Frage. Zumindest keine richtige. „Ich kann es dir nicht sagen", antwortete Revali ihr dann. Raisa seufzte. Es war doch auch nicht anders zu erwarten gewesen.
„Ich habe deinen Blick gesehen", begann er dann, drehte sich jedoch von ihr weg. Sie zog ihre Augenbrauen zusammen und musterte ihn abschätzig. Ihren Blick gesehen? Was sollte das nun wieder heißen? Dieser Vogel machte sie mit seinen in Rätsel verfassten Worten wahnsinnig.
„Du erinnerst dich an den Kampf gegen den goldenen Leunen?" Seine Stimme hatte etwas Stolzes an sich, wie Raisa fand. Als würde s diesem arroganten Orni mit Stolz erfüllen, dass er den Leunen besiegt hatte. Mit ihr zusammen, wohlgemerkt. Außerdem war es ihr Plan gewesen, er war lediglich so dreist und hatte sie einfach begleitet. „Ich erinnere mich zu gut", erwiderte sie. Noch immer wusste sie nicht worauf er hinauswollte.

„Als du mich vor dem Elektrorangriff des Leunen bewahrt hast, da hast d mich mit einem für mich unvergesslichen Blick angesehen", gestand er. „Ich war sauer über deine Dummheit", erwiderte sie etwas zu schnell. „Warst du nicht. Gut, warst du sicherlich schon, aber das war nicht alles, was du mir in diesem Moment gezeigt hast. Du warst besorgt..." – „War ich nicht!" Raisa wusste, dass er Recht hatte, doch sie wollte sich ihre eigene Schwäche nicht eingestehen. Wer wollte das schon?
„Wie du meinst", gab er von sich. Zum Glück war er mit dem Rücken zu ihr gewandt, denn sonst würde er ihren verwunderten Blick sehen. Revali bestand nicht darauf, dass sie ihm zustimmte und das Ganze war mit einem 'wie du meinst' abgehakt? So kannte sie ihn ja gar nicht. War sie etwa im falschen Haus und sprach mit dem falschen Orni? Nein, unmöglich.

„Jedenfalls frage ich mit seitdem, wie du wärst, wenn die Dinge anders gekommen wären. Wie du hinter deiner Mauer aus Selbstlügen und Abgrenzung bist", sagte er. Was für Selbstlügen denn bitte? Er tat ja wirklich so, als würde er sie gut kennen!
...Natürlich. Sie selbst hatte es ja noch gesagt, dass ihr Inneres und das Seine sich nicht ähnlicher sein konnten. Bei Hylia, worin war sie hier nur geraten? „Mit anderen Worten, du hegst Interesse?", fragte sie noch einmal nach, damit auch jeder unterbelichtete es verstand. „Ja."
Sie hielt sich daraufhin eine Hand vor die Augen. Natürlich könnte sie noch herausfinden, in welchem Sinne er Interesse hegte, doch das wollte sie eigentlich gar nicht wissen. Da war ihr doch tatsächlich die Ungewissheit lieber, wobei... Sie würde doch gerne herausfinden, wie es dazu kam, dass ausgerechnet er und sie in eine solche Situation kamen?

„Und was ist mit dir?", fragte Revali nach einiger Zeit. „Was soll mit mir sein?", fragte sie, wohl wissend, worauf er hinauswollte. „Stell dich nicht dumm!", schallte es daraufhin zurück. Jetzt wirklich... Sie wartete immer noch darauf, dass sie jeden Moment aus diesem Alptraum aufwachte. Selbst das Zwicken am Arm, welches sie so vollführt hatte, dass Revali es nicht sah, wollte sie nicht aus ihrer Traumwelt holen. Wirklich schön wäre es gewesen, wenn dies ein Traum wäre. Doch allem Anschein nach musste sie sich hier der Realität stellen.

„Ich sage dir jetzt mal etwas. Hör mir genau zu, ich wiederhole es nicht! Ich fühle nichts! Weder in den vergangenen Jahren, in der Gegenwart oder in der Zukunft. Ich will es auch gar nicht. Ich weiß nicht, was für komische Flausen du dir selbst in den Kopf setzt, aber es stimmt nicht, verstanden? Weder was dich und was mich betrifft. Und selbst wenn... Unser Ende ist bereits besiegelt, von daher bringt es das auch nicht mehr. Wenn du dennoch meinst, deine für dich total ungewöhnlichen Gedanken mit jemanden zu teilen, dann mit wem anders und nicht mit mir!"

Sie hoffte inständig, dass er ihre Meinung darüber nun endlich verstanden hatte. Wobei, war es auch wirklich ihre Meinung? Also, so wirklich – wirklich? Wer konnte das schon sagen, Raisa selbst konnte das ja noch nicht einmal. Vielleicht war es auch eher ein Ausruf... Der Revali davon abbringen sollte, noch mehr solchen Unsinn zu reden.

Hätte Raisa sich nicht dazu entschlossen, Revali zu erzählen, was sie vorhergesehen hatte, dann wäre sie auch nicht in diese Situation geraten, oder? Nein, ihre letzten Monate wären abgelaufen und es wäre nie zu einem derartigen Gespräch gekommen. Aber nun hatte sie sich für diesen Weg entschieden, jetzt musste sie diesen auch gehen. Vielleicht sah am morgigen Tag alles wieder anders aus und er begann erneut sie zu hassen. Das glaubte sie ja wohl selbst nicht...
„Du bist wie immer ein Buch mit sieben Siegeln", kommentierte er nur noch. Jetzt da anscheinend alles gesagt war, hatte sie keinen Grund länger zu bleiben, nicht wahr? Dann konnte sie ja endlich verschwinden. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich zu der Tür um und musterte den noch immer darin steckenden Pfeil. Wie sagte Revali noch gleich? Er würde mitkämpfen? Kaum zu glauben, dass dieser Feigling einen solchen Entschluss fasste.

Kurzerhand entschied sie sich den Pfeil herauszuziehen, was überraschenderweise ziemlich leicht ging. Sie drehte sich zu Revali um, welcher das Schauspiel mit Argwohn beobachtete hatte. Raisa warf ihm den Pfeil zu, welchen Revali auch fing. „Mach dich bereit, Revali. Wir gehen nach Schloss Hyrule und treffen Zelda so wie die Recken. Es gibt da Klärungsbedarf", sagte sie entschlossen.

Er hatte Recht gehabt, die anderen hatten ein Recht darauf es zu erfahren.

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt