81. Ein unausweichlicher Tod?

395 27 2
                                    

  Raisa öffnete die Tür zum Krankenzimmer. Wahrlich viele waren dort untergebracht, doch die erste, die ihr ins Auge viel, war Urbosa. „Ach, sie mal einer an, wer hier ist", sagte diese als Raisa an das Bett herantrat. „Hilfst du den anderen nach ein Gegenmittel zu suchen?", fragte die Gerudo.
Das nächste was Raisa auffiel, war, dass Urbosa mal kein Grinsen im Gesicht hatte. Das zeigte, dass es der Gerudo wirklich nicht gut ging. Und, dass die Situation, in der sie sich befand, verdammt ernst war. Auch wenn sie es noch nicht wirklich glauben konnte. „Nein, ich bin involviert", antwortete sie. Urbosa's Augen weiteten sich daraufhin etwas.
„Ich liege hier herum und kann meinen Körper nicht mehr bewegen und du... Du stolzierst hier herum, dabei bist du auch vergiftet..." Urbosa fing nun doch wieder an zu grinsen. „Du hast wahrlich Glück, Raisa." Nun, sie sah ihr Glück nirgends. Mochte vielleicht sein, dass sie noch nicht gelähmt war, wie die anderen, aber das konnte noch kommen und außerdem... Ihr Schicksal war doch sowieso schon besiegelt... Mit Giften kannte sie sich zwar nicht sonderlich gut aus, doch sie wusste, dass es zum einen die gab, die einen langsam dahinvegetieren ließen und die, die einen sofort töteten. Und so wie Raisa die Situation einschätzte, würde sie in zwei oder drei Tagen hops gehen...

„Du siehst nicht gut aus", bemerkte Urbosa und holte Raisa somit aus ihren Gedanken zurück.
„Ich habe vor wenigen Minuten erfahren, dass ich sterben werde und du besitzt die Dreistigkeit anzumerken, dass ich nicht gut aussehe?" Was für eine dumme Bemerkung...

Wozu genau hatte sie sich jetzt eigentlich dazu durchgerungen, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich neuen und vor allem eigenen Zielen zu widmen? War dies nun ihre Strafe, weil sie ein so grausamer Mensch war? „Noch ist nichts besiegelt. Du solltest nicht so pessimistisch sein, es kann sich doch noch alles zum Guten wenden", sagte Urbosa, wie immer optimistisch. Doch Raisa sah keine Möglichkeit, wie dies gut enden könnte. „Hab vertrauen", versuchte die Gerudo Raisa weiterhin zu ermutigen. „Vertrauen worin denn?", fragte diese kalt zurück.
„Vertrauen in Liebe, vertrauen in Freundschaft, vertrauen in die Welt", zählte Urbosa auf. Doch all diese Dinge, die Urbosa aufgezählt hatte, waren für Raisa bedeutungslos. „Ich habe diesen Dingen einst Vertrauen geschenkt. Und auf jeder möglichen Ebene wurde ich enttäuscht."

Als Außenstehender mochte es vielleicht so aussehen, als könnte man es ihr nicht Recht machen, doch der Grund, warum sie so blockierte, hatte nun einmal Narben hinterlassen. Und man lernte meistens aus seinen Fehlern. „Jedenfalls solltest du nicht so schnell aufgeben. Ich bin davon überzeugt, dass Mipha etwas finden wird." Das war Urbosa's Glaube, nicht ihrer.

Es gab dennoch etwas, was Raisa zu bedenken gab. Im Gegensatz zu Urbosa und den anderen in diesem Raum zeigte sie keine Anzeichen von einer Vergiftung. Das machte sie stutzig und ließ sie irgendwo in ihrem Inneren doch noch Hoffnung aufkeimen.

Sie entfernte sich von Urbosa's Bett und setzte sich selbst auf eines. Mit ihren Gedanken war sie bereits wieder woanders. Das Ganze erschien ihr wie ein Alptraum, aus welchem sie jeden Moment aufwachen könnte. Doch das hier war die Realität und aus der konnte man nicht aufwachen.
Was wohl passieren würde, wenn sie starb? Würde sie in so etwas wie eine Hölle kommen? Oder passierte doch einfach nichts und es war einfach nur Ende? Letzteres glaubte sie eher... Über solche Dinge hatte sie sich nie Gedanken machen müssen, doch nun sah das Ganze anders aus.

Raisa fuhr sich durch die Haare und ließ sich nach hinten fallen. Mögen ihre Träume sie an einen besseren Ort bringen. Und wer wusste das schon, vielleicht wachte sie ja gar nicht mehr auf?

Zelda atmete tief durch und schaute die drei Recken vor ihr an. „Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um dieses grausame Schicksal abzuwenden. Link, ich möchte, dass du zu Mipha in die Bibliothek gehst und ihr hilfst. Daruk, von dir möchte ich, dass du noch einmal alles durchgehst. Vielleicht habt ihr doch noch etwas übersehen und es gibt Hinweise. Revali, dir stelle ich frei, wem du dich anschließt, nur bitte helfe mit. Ich werde unterdessen meinen Vater von den neusten Ereignissen berichten." Die Prinzessin hatte neuen Mut und neue Entschlossenheit gefasst. Es brachte jetzt nichts, sich der Verzweiflung hinzugeben. Solange noch ein Menschenleben zu retten war, würde sie alles Erdenkliche tun, um dieses zu retten. Genau genommen tat sie dies auch aus persönlichen Gründen, auch wenn dieser Teil nicht überwog. Aber... Dem Volk zu zeigen, dass sie nicht gänzlich machtlos war, war schon seit Kindheitstagen ein Traum von ihr. Und nun bekam sie die Möglichkeit, sich zu beweisen. Und dieses Mal würde sie nicht versagen!

Revali stand noch in der Eingangshalle, als Zelda, Daruk und Link schon längst gegangen waren. Er konnte nicht glauben, was er aus Raisa's Munde gehört hatte. Sie würde sterben. Und sie glaubte, dass es ihn erfreute. Um eines Mal klar zu stellen: es gab eine Zeit, da wollte er Raisa nicht in den Reihen der Recken sehen, doch er würde ihr nie den Tod wünschen! Sonst hätte er sie damals in Akkala sterben lassen. Das war einfach nicht zu fassen... Zum Federn raufen!
Die Frau, die ihn besiegt hatte, würde nun einer Vergiftung zum Opfer fallen? Einen erbärmlicheren Tod gab es fast schon nicht mehr, da bekam er fast schon Mitleid. Dahin waren die Ehre und all der Respekt, den sie sich wohl aufgebaut hatte. Er war sich sicher, dass diese Tatsache Raisa mitunter am meisten störte.

Es würde ihn nicht wundern, wenn sie alle Soldaten Hyrules versammeln würde, um gegen diese dann zu kämpfen und im Eifer des Gefechts dann zu sterben. Es würde ihn auch nicht wundern, wenn sie jemanden bitten würde, sie umzubringen. Alles war ehrenvoller, als der Tod, der Raisa erwartete.

Das war so seltsam... Er dachte an den Moment zurück, als er und sie der Todesfalle Hebra entkommen waren. Oder als sie unter Tränen ihm die Geschichte des Todes ihrer Freundin erzählte hatte... Und wenige Atemzüge später war es, als stände vor ihm eine andere Person. Sie offenbarte ihre Pläne und das sie vorhabe den Grundsatz ihres Lebens zu ändern. Aber...das würde sie wohl nicht mehr in die Tat umsetzen können, denn sie...wird sterben. Er glaubte nicht daran, dass Mipha ein Heilmittel finden würde, dafür war die Zeit einfach zu knapp. Und ihre Heilkräfte in allen Ehren, aber diesmal waren sie nutzlos.
Mipha war in der Lage Wunden zu heilen, aber eine Vergiftung war keine Wunde, deshalb war nur auf das Wissen, welches die Zora besaßen, zu hoffen. Aber na ja, er glaubte einfach nicht daran.

Bei diesen ganzen Gedanken bekam er ein komisches Gefühl, auch bekannt als Reue. Er hätte nie gedacht, dass er Dinge mal so bereuen würde. Wie schnell sich doch Dinge ändern konnten... Jedenfalls beschloss er die Eingangshalle zu verlassen. Wenn er noch länger dort blieb und vor sich hin dachte, käme er sich selbst wie ein Idiot vor. Wo auch immer seine Beine ihn hintragen mögen, dort sollte er auf andere Gedanken kommen. Wo Daruk war, wusste er nicht, zu Link wollte er nicht, zu Zelda konnte er nicht. Eine große Auswahl hatte er somit nicht.

Zwar würde es ihn nicht auf andere Gedanken bringen, doch gab es einen Ort, wo er hingehen könnte. Und dann könnte er auch gleich etwas klarstellen.  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt