27. Das Schicksal entscheidet

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  Nachdem Revali Raisa bei ihrem Titanen allein gelassen hatte, war er direkt zu Medoh geflogen. Er wollte wirklich nur kurz nachsehen, ob alles nach dem rechten lief. Und das tat es auch. Zum Glück. Schlecht gelaunt war er schon, da hätte ihm ein Fehler hier grade noch gefehlt. Der Ursprung seiner schlechten Laune war, wie hätte es auch sein können, Raisa. Was fiel ihr ein ihn derart anzulügen? Er traute ihr ja einiges zu, aber das sie solche Märchen erzählte... Und dabei konnte sie auch noch so ernst bleiben. Was sie sagte, war aber schier unmöglich. So gut wie niemand lebte in Akkala, also wer sollte ihn da umbringen. Und, dass er durch ein Missgeschick starb, war ausgeschlossen.

Er seufzte und schaute zu Schloss Hyrule. Hätte Zelda ihm das nicht aufgetragen, wäre ihm vieles erspart geblieben. Eigentlich wollte er sich auch durchsetzen, doch Zelda's Art wurde mit der Zeit ziemlich anstrengend und nervig. Somit hatte er eingewilligt. Eigentlich war ja auch nicht viel dabei, außer, dass er quer durch Hyrule fliegen musste. Aber er konnte ja schnell fliegen und somit war dies in kürzester Zeit erledigt. Und viel Zeit würde er in Akkala auch nicht brauchen. Da Zelda ja ein wahnsinniges Interesse an den Schreinen hegte, wollte sie eine Karte anfertigen auf der die Position aller Relikte verzeichnet war. Und in Akkala gab es diese riesige Insel im Meer, die einem Labyrinth glich. Seine Aufgabe war es nachzusehen, ob dort ebenfalls ein Schrein war.
Eine Sache wurde ihm jedoch deutlich bewusst. Zelda hatte als Prinzessin von Hyrule zu viel Macht.

Er fand sich damit ab und schaute ein letztes Mal nach, ob alles in Ordnung war. Und da dem so war, machte er sich auf nach Akkala. Als er Tabanta verließ, schaute er ein letztes Mal zu Raisa's Titanen herunter. Er schüttelte den Kopf und wand seinen Blick jedoch wieder ab. Was bildete sich dieses Weib nur ein? Oder was ihn noch viel mehr interessieren würde: Zu welchem Zweck tat sie dies? Einen persönlichen Vorteil hatte sie davon nicht und auf einen solchen war sie doch aus?
Er schob seine Gedanken beiseite und flog weiter. Von der Luft aus konnte er die Landschaft mit den orange-roten Bäumen bereits sehen.

'Die Vergangenheit ist etwas, was man nicht mehr ändern kann. Das Schicksal jedoch ist etwas, was man verändern sollte.' Diese beiden Sätze gingen Raisa nicht mehr aus dem Kopf. Ihre Sturheit hatte sie fast beiseitegelegt, dennoch war sie immer noch nicht bereit nach Akkala zu reisen. Ein Teil in ihr sagte ja, der andere nein.
Würde sie ihm hinterher reisen, dann wäre sie auf jeden Fall verweichlicht. Tat sie nichts, würde das Federvieh sterben. Das sagte zumindest ihr Instinkt und Inazuma. Würde sie ihm allerdings helfen, dann könnte sie sich ewig darauf ausruhen, dass sie ihm geholfen hatte und dass sie im Recht lag und er im Unrecht. Die Vorstellung war wahrlich reizend.

Sie schloss die Augen und verschränkte die Arme vor der Brust. Wenn sie in seiner Situation wäre, würde sie dann, spätestens wenn es brenzlig wurde, nicht auch jemanden haben wollen, der ihr zur Hilfe kam? Eigentlich nicht, da sie dann in der Schuld von dieser Person stände. Andererseits... Das Leben war zu wertvoll, um es einfach aus Sturheit wegzuwerfen.
„Du meinst ja, dass ich gehen soll, Inazuma. Ich bin dagegen. Lassen wir das Schicksal entscheiden. Wenn mein Schwert mit der Spitze aufkommt, helfe ich dem Federvieh. Kommt es mit dem Knauf auf, dann nicht." Raisa zückte ihr Schwert und warf es in die Luft, sodass es sich drehte. Und nun war sie sich sicher, dass Schicksal hatte sich gegen sie gerichtet. Es landete natürlich auf der Spitze. „Tja, Wettschulden sind Ehrenschulden", sagte sie und steckte ihr Schwert weg.

Sie ließ ihren Titanen zurück, da dieser nie rechtzeitig in Akkala ankommen würde. Hinter der Brücke vom Tabanta Grenzland befand sich ein Stall. Dort würde sie sich ein gutes Pferd stehlen und nach Akkala reiten.
Als sie bei besagtem Stall ankam, ging sie zur Koppel. Ein Mädchen, jünger als Raisa, fütterte dort die Pferde. „Kann ich dir helfen?", fragte sie viel zu gut gelaunt. „Ich habe mein Pferd hier abgegeben. Jetzt würde ich es gerne abholen", antwortete Raisa. Das Mädchen nickte daraufhin. „Welches Pferd ist es?" Raisa ließ ihren Blick schnell über die Warmblüter schweifen. „Das braune dort hinten." Sie hatte sich wirklich ein Prachtexemplar ausgesucht. Es war groß und muskulös. „In Ordnung, ich hole es", sagte das Mädchen. Raisa musste sich daraufhin zusammenreißen, um sich die Handfläche nicht gegen das Gesicht zu hauen. Wie konnte man nur so naiv und dumm sein?
Wenn sie sagen würde, dass sie Prinzessin Zelda sei, würde dieses Stallmädchen das denn auch glauben?

„Hier bitte", sagte das Mädchen und hielt ihr die Zügel hin. Raisa nickte und nahm diese an. „Halt wart! Das ist mein Pferd!" Beide jungen Frauen schauten zu einem Ritter, der auf die beiden zu kam. „Ich muss dann", sagte sie und stieg auf das große Ross. „Ein Dieb! Haltet sie!", rief der Ritter weiter. Raisa trieb 'ihr' Pferd an und ritt los.
Soweit sie das sehen konnte, war der Ritter ihr noch gefolgt, doch gab schließlich auf. Zu Fuß würde er nie an ein Pferd mit dieser Qualität ran kommen.

Sie verließ mit ihrem neugewonnenen Begleiter das Tabanta Grenzland und raste im Galopp durch die Ebenen. Überflüssigerweise fing es später auch noch an zu regnen, doch das hielt sie nicht auf. Auch wenn der kalte Regen ihr durch das Gesicht peitschte, auch wenn ihre Klamotten an ihrem Körper klebten, sie würde nicht rasten oder das Tempo des Pferdes zügeln. Hatte sie sich einmal was in den Kopf gesetzt, dann setzte sie dies auch in die Tat um!

Unterdessen war Revali in Akkala angekommen und bis zum Labyrinth im Meer geflogen. Und wie Zelda es vermutete, war dort ein Schrein. Wie man diesen allerdings erreichte, wusste er nicht. Aber dies war ja auch nicht Teil seiner Aufgabe.
Was Raisa anbelangte... Ihre Worte nahm er zwar nicht ernst, dennoch hatte er ein komisches Gefühl, als er Akkala erreichte. Wer würde auch keines kriegen, wenn jemand sagte, dass man dort starb. Aber er stand hier, gesund und unverletzt. Sie hatte also wirklich nur fantasiert.
Als sie ihm das erzählte, stand sein Herz für eine Sekunde still. Doch es gab genug Gründe ihren Worten keinen Glauben zu schenken. Und damit hatte er auch recht.

Nun denn, da er seinen Auftrag erfüllt hatte, konnte er dann ja wieder zurückkehren. Er erhob sich in die Lüfte und ging in seinem Kopf die Route durch. In Hyrule Stadt würde er kurz halten, um Zelda Bescheid zu geben und dann konnte er in seine Heimat zurück. Und darauf freute er sich schon. Es müsste sich bereits herum gesprochen haben, dass er ein Held war. Wenn er dann wieder zurück war, konnte der die Bewunderung der anderen genießen.

Er war in seinen Gedanken, achtete nicht auf seine Umgebung. Erst als etwas an seinem Kopf vorbeizischte, kam er in die Realität zurück und zückte seinen Bogen. Ein Blick nach unten verriet ihm, dass sehr viele Krieger sich aufgestellt hatten. Einige hatten Bögen, die anderen waren mit großen Zweihändern ausgestattet. Diese bereiteten ihm weniger Gedanken. Solange er in der Luft war, konnten sie ihn schließlich nicht erreichen. Somit musste er sich nur um die Bogenschützen kümmern, was für ihn ein Klacks war.

Während er sich eine Strategie überlegte, war ihm eines nur entfallen. Sein Schicksal wurde ihm bereits vorausgesagt und ohne fremde Hilfe, würde dieses auch nicht verändert werden können. Egal wie sehr er sich anstrengte, er würde sein Leben verlieren. Aber Revali, stolz wie er war, sah nur, wie er an seinen Sieg kam.

Die Bogenschützen machten sich bereit. Unzählige Pfeile kamen auf ihn zu.  

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt