7. Leben oder Tod

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„Wann kann es losgehen, Recke?" Raisa wand ihren Blick wieder vom Himmel und Medoh ab. „Ich bin jederzeit bereit", erwiderte sie. Einer der Orni ging auf die Knie und gewährte ihr somit auf seinen Rücken zu klettern. Widerwillig ging sie der Aufforderung nach und hielt sich an den weichen Federn fest.
Mit einem Ruck stiegen sie empor in die Lüfte. Das entlockte sogar Raisa einen überraschten und erstaunten Blick. Sie flog! Und das war ein unglaubliches Gefühl, selbst für jemand mit einem solch kalten Herzen wie sie es hatte.

„Da vorne ist unser Ziel!", rief ihr der Orni, der sie mitnahm, zu. Raisa richtete ihren Blick auf den Titanen dem sie allmählich immer näher kamen. Sie freute sich schon auf das Gesicht des Federviehs, wenn sie plötzlich vor ihm stand. Das würde einfach zu herrlich werden.
„Wie komme ich hier eigentlich wieder weg?", fragte Raisa. Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. „Spring einfach herunter. Wir behalten den Titanen im Auge und werden dich sofort auffangen." Ihr entwich ein Prusten. Das war doch nicht deren Ernst?
„Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Warum sollte ich auf das Wort von jemand wie dir vertrauen? Immerhin habt ihr einen Plan geschmiedet, um einen der Recken beiseite zu schaffen. Ihr könntet gleich zwei auf einmal aus dem Weg räumen."

Raisa war nicht dumm, immerhin war das die Art wie sie handeln würde. Und mit Sicherheit gab es auf der Welt noch genug Wesen mit einer ähnlichen Denkweise. „Dann fliegen wir nach einiger Zeit wieder hier hoch. Du wirst doch nicht lange brauchen, oder?" Raisa schnaubte. Sie war Lightning, sie war so schnell wie der Blitz. Die Sache würde schnell zu Ende gehen.
„Werde ich nicht." Der Orni setzte sie daraufhin auf den Titanen aus. Ein letzter Blick zu ihr, dann verschwand er im Wolkenmeer.

Sie atmete tief durch und schaute zu der Steuerungseinheit dieses Titanen. Auch schweifte ihr Blick über die große Fläche auf der sie sich befand. Weit und breit fehlte jedoch die Spur von dem Federvieh. Vermutlich war er im Inneren von Medoh.
Sie nutzte das aus, dass er nicht anwesend war und versteckte sich hinter einer der vielen Säulen. Sie hasste es zu warten, aber für den Tod von Revali würde sie es dieses Mal in Kauf nehmen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam er ans Deck geflogen. Dabei war es fast so, als würde ihm Wind von unten helfen, aber das war nicht möglich. Raisa richtete in ihrem Blick auf, denn sie verstand. Die Fähigkeit von dem Federvieh war es, Wind erzeugen zu können, den er dann zum Fliegen benutzte.
Aber seine ach so tolle Fähigkeit wird ihm jetzt auch nicht mehr helfen.

Er stand mit dem Rücken zu ihr gewand und machte irgendwas an der Steuerungseinheit. Raisa kam aus ihren 'Versteck' hervor und ging auf ihm zu. „Wer hätte gedacht, dass du dich etwas zu konzentriert hingeben würdest", sagte sie belustigt, wobei das eher gekünstelt war.
Revali zuckte zusammen und drehte sich sofort zu ihr um. Sein ungläubiger Blick amüsierte sie wirklich. „Was machst du hier und vor allem wie bist du hier herauf gekommen?!"
Ein süffisantes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. „Ich bin geflogen." Revali konnte nicht glauben, dass sie vor ihm, auf seinem Titan, stand. Medoh flog so hoch in der Luft, dass man ihn nicht einmal von der Spitze des Felsens seiner Heimat erreichen konnte. Und doch stand sie vor ihm.

„Du hattest mich herausgefordert. Ich bin hier, weil ich die Herausforderung annehme." Sie zückte ihr Schwert und hielt es Revali entgegen. Er hatte sich mittlerweile wieder gefasst und hielt seine Arroganz wieder aufrecht. „Es war dumm von dir hier her zu kommen. Ich bin hier in meinem Element."
Er erhob sich in die Lüfte und nahm seinen Adlerbogen. Raisa wusste, dass sie hier oben im Nachteil war. Aber er sollte ruhig nur schießen. Irgendwann werden ihm die Pfeile ausgehen.

Er schoss auf sie und machte seinen Titel als bester Bogenschütze allen Ehren. Er konnte wirklich blitzschnell damit schießen. Aber so schnell er auch schoss, die Pfeile erreichten Raisa nicht. Ehe sie getroffen wurde, werte sie die Pfeile mit ihrem Schwert ab.
Das fiel ihr nicht leicht, er war wirklich schnell und sie wusste nicht wie sie vorgehen sollte. Und plötzlich war er weg, weg aus ihrem Blickfeld. „Du spuckst große Töne, aber steckt dahinter denn wirklich gar nichts?", hörte sie ihn hinter sich lachen.
Sie schlug mit ihrem Schwert hinter sich, schneller als es jeder Soldat in Hyrule sehen könnte. Und dennoch, der Orni schien unbeschadet davon gekommen zu sein.

Ehe sie sich versah, verspürte sie einen ziehenden Schmerz im Oberarm und wurde im nächsten Atemzug umgerissen. Sie schlug hart auf den Boden auf und über ihr war das Federvieh. Sein Bogen war auf sie gerichtet. „Du hast dich ziemlich überschätzt, weißt du das? Deine Gier und dein Verlangen danach jene zu beseitigen, die dir im Weg stehen, haben dich blind gemacht. Jetzt liegst du hier, regungslos und hast gar nichts mehr zu sagen, was?"

Sie wusste nicht was sie sagen oder denken sollte. Er hatte auf voller Linie gesiegt. So schnell wurde sie noch nie fertig gemacht, nein, sie wurde allgemein noch nie fertig gemacht. Und dann ausgerechnet von ihm. Und was er sagte, stimmte auch noch. Das war mehr als demütigend.
„Bastard", war alles was sie hervorbrachte. „Das hier ist ein Kampf auf Leben und Tod, nicht wahr? Das heißt, einer von uns beiden geht hier lebend heraus und der andere ist tot." Revali spannte seinen Bogen noch ein Stück weiter.
Was Raisa in diesem Moment fühlte, war wohl Angst. Sie hatte Angst, dass ihr Leben jetzt ein Ende nehmen würde. Und dann auch noch so erbärmlich.

„Lieber lass ich mich von Ratten zerfressen, als das du mir den Gnadenstoß gibst!" Raisa trat ihn mit aller Kraft die sie aufbringen konnte und rollte sich von Medoh herunter. Sie fiel und niemand würde sie davor bewahren nun zu sterben. Aber egal, immerhin war nicht Revali derjenige, der sie auf dem Gewissen hatte.

Mit mehr Glück als Verstand fiel sie in den Oronini-See. Was danach passierte, wusste sie selbst nicht.

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt