41. Die Stadt der Frauen

482 36 0
                                    

  Ein Meer aus Sand, brütende Hitze... Dies konnte nur auf einen Ort verweisen: die Gerudo Wüste. Und in eben jene Wüste war Raisa aufgebrochen. Was sie dort suchte? Nun, man konnte daran zweifeln, dass es eine gute Idee war, sich dem gefährlichsten Monster neben dem Leunen zu stellen, doch Raisa fand es brillant.
Moldora, gefährlichste Bestie der Gerudo Wüste und Grund für viele Tode in dieser Wüste. Raisa war sich sicher, dass es ihr Ego deutlich steigen lassen würde, wenn sie eine solche Bestie erledigen würde.


Allerdings war das einfacher gesagt, als getan. Die Wüstenhitze war kaum zu ertragen. Hinzu kam, dass sie sich durchgehend auf Sand fortbewegte. Nach einiger Zeit war das alles andere als angenehm an den Füßen. Und mit einem Gaul konnte sie schlecht durch die Wüste reiten. Das Vieh würde nach einiger Zeit auch nicht mehr können.
Anders sah das natürlich bei Sandrobben aus. Mit so einer würde sie sich durch die Wüste bewegen können, wie kein anderer. Jedoch war es fast unmöglich eine wilde Sandrobbe zu fangen. Außerdem besaß sie nichts, worauf sie stehen und sich ziehen lassen könnte.
Deshalb spielte sie mit dem Gedanken vielleicht nach Gerudo Stadt zu gehen. Dort würde sie alles finden, was sie benötigte. Informationen, etwas gegen die Hitze, einen Schild, um sich auf diesem ziehen zu lassen und natürlich gezähmte Sandrobben. Leider gab es da nur ein Problem, das Problem, welches sie fast immer begleitete. Sie war blank, hatte nicht mal mehr einen Rubin. Wenn sie also etwas haben wollte, müsste sie es stehlen.


Stehlen...in der Stadt in der Urbosa regierte. Normalerweise wäre ihr das egal gewesen, immerhin machte sie immer das, was sie wollte. Doch Urbosa war ja, wie Raisa selbst, eine der Recken. Und warum sollte sie Unruhe stiften und für Ärgernis sorgen, wenn sie es lassen konnte.
Eine Eigenschaft von Raisa war es schon immer, nur das zu tun, was auch wirklich nötig war.
Somit hatte sie für sich entschieden in Gerudo Stadt nicht aufzufallen. Sofern es denn möglich war.


Die Stadt hatte Raisa nach einer gefühlten Ewigkeit erreicht. Vor dem Tor, das sie in die Stadt führte, standen zwei Gerudo Kriegerinnen. Sie fixierten Raisa sofort, als sie die Weißhaarige erblickten. Und Raisa entging es nicht, dass sie sehr misstrauisch angesehen wurde. Warum wusste sie allerdings nicht. Sie war ja noch nicht einmal in der Stadt und hatte auch auf dem Weg dorthin eindeutig nichts getan, wofür sie einen solchen Blick kassieren sollte.
Und es war ja wohl eindeutig, dass sie eine Frau war.
Wenn jetzt jemand wie Revali hier wäre, hätte sie ja auch gezweifelt, aber bei ihr selbst? Sie war doch deutlich als weibliches Individuum zu erkennen. Da waren die Gerudo Frauen deutlich männlicher.


Trotz der komischen Blicke konnte Raisa Gerudo Stadt betreten. Sie war zum ersten Mal in der Stadt der Frauen, dementsprechend versuchte sie sich erst einmal einen Überblick zu verschaffen. Und das erste was ihr auffiel, war, dass unzählige Gerudo Frauen über den Platz gingen und eine der nächsten glich. Sie waren alle groß, mehr als gut gebaut und hatten lange, rote Haare. Sie waren höchstens an der Frisur und Schminke zu unterscheiden.


Raisa, mit ihrer Größe, Hautfarbe und Haarfarbe fiel somit sehr auf. Etwas, worauf sie ja liebend gern verzichtet hätte. Hin und wieder sah sie eine Hylianerin oder eine Orni, mehr aber auch nicht. Und das keine Zoras hier waren, war klar, oder?
Jedenfalls stellte sich Raisa abseits von dem ganzen Getümmel an eine Mauer, um im Schatten von dieser sich etwas zu erholen. Hier konnte sie endlich wieder einen richtigen Gedanken fassen, das war in der Hitze zuvor nicht möglich gewesen. Nun, möglicherweise war es dämlich, mit ihren alltäglichen Klamotten in die Wüste zu gehen. War klar, dass man sich dann zu Tode schwitzte. Aber wer glaubte, dass sie auch nur ein bisschen ihrer Ausrüstung zurück lassen würde und in Klamotten wie der, der Gerudos herumlaufen würde, hatte sich geschnitten... Tief geschnitten.


Sie schob diesen Gedanken beiseite. Sie hatte sich über wichtigeres Gedanken zu machen, schließlich war sie aus einem ganz bestimmten Grund hier und diesen würde sie auch in die Tat umsetzten. Die Frage war nur: Wo fand man eigentlich eine solche Bestie?
Wenn sie die Leute der Stadt fragen würde, würden diese sie vermutlich für verrückt erklären. Aber Raisa brauchte einen Plan, ansonsten würde sie in der Wüste wahrscheinlich elendig krepieren. Die Wüste hier war das genaue Gegenteil von den Verlorenen Wäldern. Hier musste man einen Plan haben!


Raisa öffnete die Augen, als sie das Geräusch von gezogenen Schwertern um sich herum wahr nahm. Sie erblickte sämtliche Gerudo Kriegerinnen vor sich, die ihre Speere auf sie gerichtet hatten. Gut, keine Schwerter, aber sie war nah dran.
Obwohl Raisa nicht wusste, warum sich die Kriegerinnen mit gezogenen Waffen um sie versammelten, ging sie gelassen damit um. Ihre Hand wanderte zum Griff ihres Schwertes, allerdings nicht zu flink, wie sie es sonst getan hätte. „Untersteh dich zu ziehen", sagte eine der Kriegerinnen herrisch. Ohne den Blick abzuwenden, ließ Raisa ihr Schwert wieder los. „Was wollt ihr von mir?", fragte sie schroff. „Unsere Königin verlangt, dass wenn eine ungewöhnliche Hylianerin mit weißem Haar die Stadt betritt, diese sofort zu ihr gebracht wird." Die Königin der Gerudos? Was wollte Urbosa denn von ihr? Bei den Göttern war das nervig, sie wusste, dass sie nicht hätte herkommen sollen. Außerdem gab es mit Sicherheit noch andere Hylianerinnen mit weißem Haar, die Raisa hätten sein können.
...Wobei, eher nicht.


Ohne Widerstand zu leisten, ließ sie sich von den Gerudo Kriegerinnen eskortieren. Im Thronsaal dann angekommen, sah Raisa Urbosa auf ihrem Thron sitzen. Diese hatte ein Bein über das andere geschlagen und grinste süffisant. Mit einer Handbewegung schickte Urbosa sämtliche Kriegerinnen heraus.
„Was ein netter Empfang in dieser Stadt, wirklich. Das war genauso herzzerreißend wie das Gesicht dieses Vogels", sagte Raisa ironisch. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie war sie ziemlich gereizt. „Du wärst nie freiwillig hergekommen", sagte Urbosa amüsiert. Natürlich wäre sie das nicht, warum sollte sie auch? „Warum bist du in die Wüste gekommen? Dein Titan, deine Aufgabe, beides ist ganz woanders." Neugierde... Wie Raisa es hasste, wenn jemand sie dazu drängen wollte, etwas über sich preiszugeben.
„Ach, ich wollte das herrliche Wetter hier genießen, mir ein bisschen die Beine vertreten..." Raisa gab sich nicht einmal Mühe, dies glaubhaft rüber zu bringen. Kurz darauf wurde ihre Miene wieder ernst und kalt. „Was ich tue und lasse, ist ja wohl meine Sache", fügte sie schroff hinzu. Urbosa's selbstsicheres Grinsen wich nicht. „Ich denke, ich kenne den Grund. Und du wirst überrascht sein, wenn du folgendes hörst..."

Number 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt